Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Die fünffte Frage.

Ob die Buß seye eigentlich ein warhafftigs Sacrament?

DAß die Buß nicht eigentlich könne unter die warhafftige Sacramenten gezehlet werden / beweisen wir also:

Dann erstlich/ so ist die Buß/ wann sie genommen wird für eine blosse Bereuung des leydtragenden Hertzens über die begangene Sünde/ so wohl im alten als neuen Testament gebräuchlich gewesen/ da doch kein Sacrament beyden Testamenten gemein ist/ und gleich wie eine solche Buß damahls kein Sacrament gewesen/ so ist sie es auch jetzt noch nicht.

Zum zweyten/ bey der Buß/ da sich der Sünder reumühtig für den Priester wegen seiner Missethaten anklaget/ ist kein eusserliches von GOtt zur Rechtfertigung verordnetes Element.

Zum dritten/ so steckt die päbstische Buß voll allerhand Menschen-satzungen/ Greuel und Falschheiten/ und hat selbige gantz und gar keine göttliche Verheissung/ daß GOtt durch die Sacramentliche Form/ so die päbstische Priester bey ihrem vermeinten Sacrament der Buß gebrauchen/ kräfftig und thätig seyn wolle. Drum dann solcher Buß der Nahm eines eigentlichen Sacraments nicht kan beygemessen werden.

Einrede der Papisten.

I. Ist doch die Buß von GOtt geboten Marc. I. v. 15. Thut Busse/ und glanbet an das Evangelium. Matth. 3. v. 2. Thut Busse/ das Himmelreich ist nahe kommen. Es ist auch bey der Buß ein eusserliches sichtliches Element/ nemlich die Wort des sich anklagenden Sünders/ und die Wort des von Sünden loßsprechenden Priesters. So ist ja die Buß freylich ein Sacrament.

Antwort. Die Liebe ist auch von Christo geboten Joh. 13. v. 34. Ein neu Gebott gebe ich euch/ daß ihr euch unter einander liebet: Und hat auch die Liebe ihre eusserliche Zeichen: ist aber darum kein Sacrament. So ist auch die Rede des Sünders und des absolvirenden Priesters ein blosser Wörter-schall/ keinesweges aber ein von GOtt verornetes Element. Wessentwegen daun solcher Buß der Nahm eines eigentlichen Sacraments nicht geziemet.

II. Wird doch in der Buß einem/ jeden auch insonderheit durch die Absolution die Gnade GOttes applicirt und zugeeignet/ warum solte sie dann kein eigentliches Sacrament seyen?

Antwort. Die Absolution ist kein Element. Und krafft dieser Folgerey würde man einen grossen Hauffen Sacramenten zusammen bringen: dann eben aus diesem Grund müste folgen / daß auch ber Glaube ein Sacrament seye: sintemahl auch durch denselbigen einem jeden Gläubigen die Vergebung der Sünden wird applicirt und zugeeignet. Ja so gar alle gute Wercke der Gerechtfertigten/ wodurch/ nach Meynung der Papisten/ die heiligmachende Gnade/ und die Verdiensten Christi ihnen zugeeignet werden/ müsten unter die Sacramenten gezehlet werden.

III. Es ist ein grosser Unterscheid zwischen den guten Wercken der Gerechtfertigten/ und zwischen dem Sacrament der Buß: dann durch die guten Wercke wird der Mensch gerechtfertiget/ und ihm die Verdiensten Christi zugeeignet ex opere operantis, wegen der innerlichen Würdigkeit des Wercks und des Wirschenden

Die fünffte Frage.

Ob die Buß seye eigentlich ein warhafftigs Sacrament?

DAß die Buß nicht eigentlich könne unter die warhafftige Sacramenten gezehlet werden / beweisen wir also:

Dann erstlich/ so ist die Buß/ wann sie genommen wird für eine blosse Bereuung des leydtragenden Hertzens über die begangene Sünde/ so wohl im alten als neuen Testament gebräuchlich gewesen/ da doch kein Sacrament beyden Testamenten gemein ist/ und gleich wie eine solche Buß damahls kein Sacrament gewesen/ so ist sie es auch jetzt noch nicht.

Zum zweyten/ bey der Buß/ da sich der Sünder reumühtig für den Priester wegen seiner Missethaten anklaget/ ist kein eusserliches von GOtt zur Rechtfertigung verordnetes Element.

Zum dritten/ so steckt die päbstische Buß voll allerhand Menschen-satzungen/ Greuel und Falschheiten/ und hat selbige gantz und gar keine göttliche Verheissung/ daß GOtt durch die Sacramentliche Form/ so die päbstische Priester bey ihrem vermeinten Sacrament der Buß gebrauchen/ kräfftig und thätig seyn wolle. Drum dann solcher Buß der Nahm eines eigentlichen Sacraments nicht kan beygemessen werden.

Einrede der Papisten.

I. Ist doch die Buß von GOtt geboten Marc. I. v. 15. Thut Busse/ und glanbet an das Evangelium. Matth. 3. v. 2. Thut Busse/ das Himmelreich ist nahe kommen. Es ist auch bey der Buß ein eusserliches sichtliches Element/ nemlich die Wort des sich anklagenden Sünders/ und die Wort des von Sünden loßsprechenden Priesters. So ist ja die Buß freylich ein Sacrament.

Antwort. Die Liebe ist auch von Christo geboten Joh. 13. v. 34. Ein neu Gebott gebe ich euch/ daß ihr euch unter einander liebet: Und hat auch die Liebe ihre eusserliche Zeichen: ist aber darum kein Sacrament. So ist auch die Rede des Sünders und des absolvirenden Priesters ein blosser Wörter-schall/ keinesweges aber ein von GOtt verornetes Element. Wessentwegen daun solcher Buß der Nahm eines eigentlichen Sacraments nicht geziemet.

II. Wird doch in der Buß einem/ jeden auch insonderheit durch die Absolution die Gnade GOttes applicirt und zugeeignet/ warum solte sie dann kein eigentliches Sacrament seyen?

Antwort. Die Absolution ist kein Element. Und krafft dieser Folgerey würde man einen grossen Hauffen Sacramenten zusammen bringen: dann eben aus diesem Grund müste folgen / daß auch ber Glaube ein Sacrament seye: sintemahl auch durch denselbigen einem jeden Gläubigen die Vergebung der Sünden wird applicirt und zugeeignet. Ja so gar alle gute Wercke der Gerechtfertigten/ wodurch/ nach Meynung der Papisten/ die heiligmachende Gnade/ und die Verdiensten Christi ihnen zugeeignet werden/ müsten unter die Sacramenten gezehlet werden.

III. Es ist ein grosser Unterscheid zwischen den guten Wercken der Gerechtfertigten/ und zwischen dem Sacrament der Buß: dann durch die guten Wercke wird der Mensch gerechtfertiget/ und ihm die Verdiensten Christi zugeeignet ex opere operantis, wegen der innerlichen Würdigkeit des Wercks und des Wirschenden

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <pb facs="#f0335" n="35"/>
        <p>Die fünffte Frage.</p>
        <p>Ob die Buß seye eigentlich ein warhafftigs Sacrament?</p>
        <p>DAß die Buß nicht eigentlich könne unter die warhafftige Sacramenten gezehlet werden /            beweisen wir also:</p>
        <p>Dann erstlich/ so ist die Buß/ wann sie genommen wird für eine blosse Bereuung des            leydtragenden Hertzens über die begangene Sünde/ so wohl im alten als neuen Testament            gebräuchlich gewesen/ da doch kein Sacrament beyden Testamenten gemein ist/ und gleich            wie eine solche Buß damahls kein Sacrament gewesen/ so ist sie es auch jetzt noch            nicht.</p>
        <p>Zum zweyten/ bey der Buß/ da sich der Sünder reumühtig für den Priester wegen seiner            Missethaten anklaget/ ist kein eusserliches von GOtt zur Rechtfertigung verordnetes            Element.</p>
        <p>Zum dritten/ so steckt die päbstische Buß voll allerhand Menschen-satzungen/ Greuel und            Falschheiten/ und hat selbige gantz und gar keine göttliche Verheissung/ daß GOtt durch            die Sacramentliche Form/ so die päbstische Priester bey ihrem vermeinten Sacrament der            Buß gebrauchen/ kräfftig und thätig seyn wolle. Drum dann solcher Buß der Nahm eines            eigentlichen Sacraments nicht kan beygemessen werden.</p>
        <p>Einrede der Papisten.</p>
        <p>I. Ist doch die Buß von GOtt geboten Marc. I. v. 15. Thut Busse/ und glanbet an das            Evangelium. Matth. 3. v. 2. Thut Busse/ das Himmelreich ist nahe kommen. Es ist auch bey            der Buß ein eusserliches sichtliches Element/ nemlich die Wort des sich anklagenden            Sünders/ und die Wort des von Sünden loßsprechenden Priesters. So ist ja die Buß freylich            ein Sacrament.</p>
        <p>Antwort. Die Liebe ist auch von Christo geboten Joh. 13. v. 34. Ein neu Gebott gebe ich            euch/ daß ihr euch unter einander liebet: Und hat auch die Liebe ihre eusserliche            Zeichen: ist aber darum kein Sacrament. So ist auch die Rede des Sünders und des            absolvirenden Priesters ein blosser Wörter-schall/ keinesweges aber ein von GOtt            verornetes Element. Wessentwegen daun solcher Buß der Nahm eines eigentlichen Sacraments            nicht geziemet.</p>
        <p>II. Wird doch in der Buß einem/ jeden auch insonderheit durch die Absolution die Gnade            GOttes applicirt und zugeeignet/ warum solte sie dann kein eigentliches Sacrament            seyen?</p>
        <p>Antwort. Die Absolution ist kein Element. Und krafft dieser Folgerey würde man einen            grossen Hauffen Sacramenten zusammen bringen: dann eben aus diesem Grund müste folgen /            daß auch ber Glaube ein Sacrament seye: sintemahl auch durch denselbigen einem jeden            Gläubigen die Vergebung der Sünden wird applicirt und zugeeignet. Ja so gar alle gute            Wercke der Gerechtfertigten/ wodurch/ nach Meynung der Papisten/ die heiligmachende            Gnade/ und die Verdiensten Christi ihnen zugeeignet werden/ müsten unter die Sacramenten            gezehlet werden.</p>
        <p>III. Es ist ein grosser Unterscheid zwischen den guten Wercken der Gerechtfertigten/ und            zwischen dem Sacrament der Buß: dann durch die guten Wercke wird der Mensch            gerechtfertiget/ und ihm die Verdiensten Christi zugeeignet ex opere operantis, wegen der            innerlichen Würdigkeit des Wercks und des Wirschenden
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0335] Die fünffte Frage. Ob die Buß seye eigentlich ein warhafftigs Sacrament? DAß die Buß nicht eigentlich könne unter die warhafftige Sacramenten gezehlet werden / beweisen wir also: Dann erstlich/ so ist die Buß/ wann sie genommen wird für eine blosse Bereuung des leydtragenden Hertzens über die begangene Sünde/ so wohl im alten als neuen Testament gebräuchlich gewesen/ da doch kein Sacrament beyden Testamenten gemein ist/ und gleich wie eine solche Buß damahls kein Sacrament gewesen/ so ist sie es auch jetzt noch nicht. Zum zweyten/ bey der Buß/ da sich der Sünder reumühtig für den Priester wegen seiner Missethaten anklaget/ ist kein eusserliches von GOtt zur Rechtfertigung verordnetes Element. Zum dritten/ so steckt die päbstische Buß voll allerhand Menschen-satzungen/ Greuel und Falschheiten/ und hat selbige gantz und gar keine göttliche Verheissung/ daß GOtt durch die Sacramentliche Form/ so die päbstische Priester bey ihrem vermeinten Sacrament der Buß gebrauchen/ kräfftig und thätig seyn wolle. Drum dann solcher Buß der Nahm eines eigentlichen Sacraments nicht kan beygemessen werden. Einrede der Papisten. I. Ist doch die Buß von GOtt geboten Marc. I. v. 15. Thut Busse/ und glanbet an das Evangelium. Matth. 3. v. 2. Thut Busse/ das Himmelreich ist nahe kommen. Es ist auch bey der Buß ein eusserliches sichtliches Element/ nemlich die Wort des sich anklagenden Sünders/ und die Wort des von Sünden loßsprechenden Priesters. So ist ja die Buß freylich ein Sacrament. Antwort. Die Liebe ist auch von Christo geboten Joh. 13. v. 34. Ein neu Gebott gebe ich euch/ daß ihr euch unter einander liebet: Und hat auch die Liebe ihre eusserliche Zeichen: ist aber darum kein Sacrament. So ist auch die Rede des Sünders und des absolvirenden Priesters ein blosser Wörter-schall/ keinesweges aber ein von GOtt verornetes Element. Wessentwegen daun solcher Buß der Nahm eines eigentlichen Sacraments nicht geziemet. II. Wird doch in der Buß einem/ jeden auch insonderheit durch die Absolution die Gnade GOttes applicirt und zugeeignet/ warum solte sie dann kein eigentliches Sacrament seyen? Antwort. Die Absolution ist kein Element. Und krafft dieser Folgerey würde man einen grossen Hauffen Sacramenten zusammen bringen: dann eben aus diesem Grund müste folgen / daß auch ber Glaube ein Sacrament seye: sintemahl auch durch denselbigen einem jeden Gläubigen die Vergebung der Sünden wird applicirt und zugeeignet. Ja so gar alle gute Wercke der Gerechtfertigten/ wodurch/ nach Meynung der Papisten/ die heiligmachende Gnade/ und die Verdiensten Christi ihnen zugeeignet werden/ müsten unter die Sacramenten gezehlet werden. III. Es ist ein grosser Unterscheid zwischen den guten Wercken der Gerechtfertigten/ und zwischen dem Sacrament der Buß: dann durch die guten Wercke wird der Mensch gerechtfertiget/ und ihm die Verdiensten Christi zugeeignet ex opere operantis, wegen der innerlichen Würdigkeit des Wercks und des Wirschenden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/335
Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/335>, abgerufen am 24.11.2024.