Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.Antwort. Sie bekommen zwar kein Schmier-werck/ keine ertichtete eingegossene Gnade / kein päbstisches Merckzeichen/ Character, oder Brandmahl in der Seelen: keinen Gewalt zum abgöttischen Meß-Opffer sc. und verlangen sie auch solches Abentheur nicht: sondern sie empfangen den von GOtt verordneten Gewalt/ das Wort GOttes und sein heiliges Evangelium mit Krafft und Nachtruck zu verkündigen/ und hierdurch den Bußfertigen die Sünde aufzulösen/ und den Unbußfertigen dieselbe vorzubehalten. XXXII. Es lehrt doch Luther austrücklich/ daß alle Menschen Priester seyen/ und beweiset es aus der Schrifft 1. Petr. 2. v. 9. allwo S. Petrus spricht: Ihr seyd das auserwehlte Geschlecht/ das Königliche Priesterthum/ das heilige Volck. So haben ja die Evangelische Priester für ihren Leyen nichts besonders. Antwort. Es sagt Luther nicht/ daß ein jeder Mensch in der Evangelischen Religion wircklich ein zum Predigt-Ampt verordneter Priester seye: sondern daß ein jedes Christliches Hertz das Opffer seines Gebeths könne für GOtt stellen/ und das Priesterthum des alten Testaments/ so mit Schlacht-Opfferen umgienge [welches die päbstische Priester durch ihr Meß-Opffer wiedrum suchen einzuführen] gäntzlich seye aufgehoben. Wie auch / wann eine taugliche Person rechtmäßiger weise zum Predig-Ampt ist bestimmet und verordnet worden/ so habe sie doch und empfange dardurch keine Qvalität der eingegossenen heiligmachenden Gnade/ und des eingetrückten Zeichens in der Seelen/ wodurch selbige von andern werde unterschieden/ wie die Papisten bey ihrer Priester-weyhe und Schmier-werck ertichten ohne Fug und eintzigem Grund des göttlichen Worts. XXXIII. Es ist ja kein Schmierwerck/ sondern ein gar löblicher Gebrauch/ daß die päbstische Priester bey ihrer Weyhe mit dem heiligen Oel werden gesalbet: dann also seynd auch gesalbet worden die Priester im alten Testament. Antwort. Weilen dann eure Ceremonien so sehr nach dem Jüdischen Knoblauch schmecken/ und ihr mit eurem Kirchen-Gepräng so eyfrig ins Judenthum wandert: warum haltet ihr dann auch nicht die Judische Ceremonien mit der Scheerung eurer Pfaffen? sondern scheeret selbige und fürnehmlich die Mönche Circkel-weise um die Ohren/ da doch GOtt den Juden verbotten / sie solten ihre Haar rund um nicht beschneiden Levit. 19. v. 27. und den Priestern / Aarons Söhnen/ geheissen gantz und gar die Haar ihres Haupts nicht zu beschneiden. Levit. 21. v. 5. Wie dann auch den zum Dienst GOttes sonderlich gewidmeten Nazaräeren von GOtt befohlen war/ sie solten das Haar auf ihrem Haupt lassen wachsen Num. 6. v. 5. Summa, wann man die Irthümmer der Papisten presset im Pabstthum/ so nehmen sie die Flucht ins Judenthum/ wann man sie dahin verfolget/ begeben sie sich wiederum ins Pabstthum/ mit Fürgeben/ die Jüdische Ceremonien seyen aufgehoben. XXXIV. Es mögen nur mit gutem Fug die Lutheraner das Tadeln der päbstischen Priester-weyhe fein sittsam einstellen/ und hindan setzen: dann ihr Luther selbsten ist zwar ein rechtschaffener Priester gewesen/ als er noch ein Papist war/ aber da ihn der Satan aus dem Closter hat verführt/ und beredet eine neue Religion zu stifften/ da ist er zwar ein im Pabstthum geweyheter Priester geblieben: aber dan noch kein wahrer Evangelischer Priester oder Prediger gewesen: dann sonsten hätte er ja müssen rechtmäßiger weise beruffen seyen: sintemahl Joh. 10. v. I. sagt die Schrifft: Wer nicht zur Thür hinein gehet in den Schaaffstall: sondern steiget anderswo hinein/ der ist ein Dieb und ein Mörder. Item/ Wie sollen sie predigen/ wo sie nicht gesandt/ werden? Rom. 10. v. 15. Item/ Niemand nimmt ihm selber die Ehre/ sondern der beruffen wird von GOtt/ gleich wie Aaron Hebr. 5. v. 4. Nun aber wo und von wem ist Luther beruffen/ wo kan er auf- Antwort. Sie bekommen zwar kein Schmier-werck/ keine ertichtete eingegossene Gnade / kein päbstisches Merckzeichen/ Character, oder Brandmahl in der Seelen: keinen Gewalt zum abgöttischen Meß-Opffer sc. und verlangen sie auch solches Abentheur nicht: sondern sie empfangen den von GOtt verordneten Gewalt/ das Wort GOttes und sein heiliges Evangelium mit Krafft und Nachtruck zu verkündigen/ und hierdurch den Bußfertigen die Sünde aufzulösen/ und den Unbußfertigen dieselbe vorzubehalten. XXXII. Es lehrt doch Luther austrücklich/ daß alle Menschen Priester seyen/ und beweiset es aus der Schrifft 1. Petr. 2. v. 9. allwo S. Petrus spricht: Ihr seyd das auserwehlte Geschlecht/ das Königliche Priesterthum/ das heilige Volck. So haben ja die Evangelische Priester für ihren Leyen nichts besonders. Antwort. Es sagt Luther nicht/ daß ein jeder Mensch in der Evangelischen Religion wircklich ein zum Predigt-Ampt verordneter Priester seye: sondern daß ein jedes Christliches Hertz das Opffer seines Gebeths könne für GOtt stellen/ und das Priesterthum des alten Testaments/ so mit Schlacht-Opfferen umgienge [welches die päbstische Priester durch ihr Meß-Opffer wiedrum suchen einzuführen] gäntzlich seye aufgehoben. Wie auch / wann eine taugliche Person rechtmäßiger weise zum Predig-Ampt ist bestimmet und verordnet worden/ so habe sie doch und empfange dardurch keine Qvalität der eingegossenen heiligmachenden Gnade/ und des eingetrückten Zeichens in der Seelen/ wodurch selbige von andern werde unterschieden/ wie die Papisten bey ihrer Priester-weyhe und Schmier-werck ertichten ohne Fug und eintzigem Grund des göttlichen Worts. XXXIII. Es ist ja kein Schmierwerck/ sondern ein gar löblicher Gebrauch/ daß die päbstische Priester bey ihrer Weyhe mit dem heiligen Oel werden gesalbet: dann also seynd auch gesalbet worden die Priester im alten Testament. Antwort. Weilen dann eure Ceremonien so sehr nach dem Jüdischen Knoblauch schmecken/ und ihr mit eurem Kirchen-Gepräng so eyfrig ins Judenthum wandert: warum haltet ihr dann auch nicht die Judische Ceremonien mit der Scheerung eurer Pfaffen? sondern scheeret selbige und fürnehmlich die Mönche Circkel-weise um die Ohren/ da doch GOtt den Juden verbotten / sie solten ihre Haar rund um nicht beschneiden Levit. 19. v. 27. und den Priestern / Aarons Söhnen/ geheissen gantz und gar die Haar ihres Haupts nicht zu beschneiden. Levit. 21. v. 5. Wie dann auch den zum Dienst GOttes sonderlich gewidmeten Nazaräeren von GOtt befohlen war/ sie solten das Haar auf ihrem Haupt lassen wachsen Num. 6. v. 5. Summa, wann man die Irthümmer der Papisten presset im Pabstthum/ so nehmen sie die Flucht ins Judenthum/ wann man sie dahin verfolget/ begeben sie sich wiederum ins Pabstthum/ mit Fürgeben/ die Jüdische Ceremonien seyen aufgehoben. XXXIV. Es mögen nur mit gutem Fug die Lutheraner das Tadeln der päbstischen Priester-weyhe fein sittsam einstellen/ und hindan setzen: dann ihr Luther selbsten ist zwar ein rechtschaffener Priester gewesen/ als er noch ein Papist war/ aber da ihn der Satan aus dem Closter hat verführt/ und beredet eine neue Religion zu stifften/ da ist er zwar ein im Pabstthum geweyheter Priester geblieben: aber dan noch kein wahrer Evangelischer Priester oder Prediger gewesen: dann sonsten hätte er ja müssen rechtmäßiger weise beruffen seyen: sintemahl Joh. 10. v. I. sagt die Schrifft: Wer nicht zur Thür hinein gehet in den Schaaffstall: sondern steiget anderswo hinein/ der ist ein Dieb und ein Mörder. Item/ Wie sollen sie predigen/ wo sie nicht gesandt/ werden? Rom. 10. v. 15. Item/ Niemand nimmt ihm selber die Ehre/ sondern der beruffen wird von GOtt/ gleich wie Aaron Hebr. 5. v. 4. Nun aber wo und von wem ist Luther beruffen/ wo kan er auf- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0322" n="22"/> <p>Antwort. Sie bekommen zwar kein Schmier-werck/ keine ertichtete eingegossene Gnade / kein päbstisches Merckzeichen/ Character, oder Brandmahl in der Seelen: keinen Gewalt zum abgöttischen Meß-Opffer sc. und verlangen sie auch solches Abentheur nicht: sondern sie empfangen den von GOtt verordneten Gewalt/ das Wort GOttes und sein heiliges Evangelium mit Krafft und Nachtruck zu verkündigen/ und hierdurch den Bußfertigen die Sünde aufzulösen/ und den Unbußfertigen dieselbe vorzubehalten.</p> <p>XXXII. Es lehrt doch Luther austrücklich/ daß alle Menschen Priester seyen/ und beweiset es aus der Schrifft 1. Petr. 2. v. 9. allwo S. Petrus spricht: Ihr seyd das auserwehlte Geschlecht/ das Königliche Priesterthum/ das heilige Volck. So haben ja die Evangelische Priester für ihren Leyen nichts besonders.</p> <p>Antwort. Es sagt Luther nicht/ daß ein jeder Mensch in der Evangelischen Religion wircklich ein zum Predigt-Ampt verordneter Priester seye: sondern daß ein jedes Christliches Hertz das Opffer seines Gebeths könne für GOtt stellen/ und das Priesterthum des alten Testaments/ so mit Schlacht-Opfferen umgienge [welches die päbstische Priester durch ihr Meß-Opffer wiedrum suchen einzuführen] gäntzlich seye aufgehoben. Wie auch / wann eine taugliche Person rechtmäßiger weise zum Predig-Ampt ist bestimmet und verordnet worden/ so habe sie doch und empfange dardurch keine Qvalität der eingegossenen heiligmachenden Gnade/ und des eingetrückten Zeichens in der Seelen/ wodurch selbige von andern werde unterschieden/ wie die Papisten bey ihrer Priester-weyhe und Schmier-werck ertichten ohne Fug und eintzigem Grund des göttlichen Worts.</p> <p>XXXIII. Es ist ja kein Schmierwerck/ sondern ein gar löblicher Gebrauch/ daß die päbstische Priester bey ihrer Weyhe mit dem heiligen Oel werden gesalbet: dann also seynd auch gesalbet worden die Priester im alten Testament.</p> <p>Antwort. Weilen dann eure Ceremonien so sehr nach dem Jüdischen Knoblauch schmecken/ und ihr mit eurem Kirchen-Gepräng so eyfrig ins Judenthum wandert: warum haltet ihr dann auch nicht die Judische Ceremonien mit der Scheerung eurer Pfaffen? sondern scheeret selbige und fürnehmlich die Mönche Circkel-weise um die Ohren/ da doch GOtt den Juden verbotten / sie solten ihre Haar rund um nicht beschneiden Levit. 19. v. 27. und den Priestern / Aarons Söhnen/ geheissen gantz und gar die Haar ihres Haupts nicht zu beschneiden. Levit. 21. v. 5. Wie dann auch den zum Dienst GOttes sonderlich gewidmeten Nazaräeren von GOtt befohlen war/ sie solten das Haar auf ihrem Haupt lassen wachsen Num. 6. v. 5. Summa, wann man die Irthümmer der Papisten presset im Pabstthum/ so nehmen sie die Flucht ins Judenthum/ wann man sie dahin verfolget/ begeben sie sich wiederum ins Pabstthum/ mit Fürgeben/ die Jüdische Ceremonien seyen aufgehoben.</p> <p>XXXIV. Es mögen nur mit gutem Fug die Lutheraner das Tadeln der päbstischen Priester-weyhe fein sittsam einstellen/ und hindan setzen: dann ihr Luther selbsten ist zwar ein rechtschaffener Priester gewesen/ als er noch ein Papist war/ aber da ihn der Satan aus dem Closter hat verführt/ und beredet eine neue Religion zu stifften/ da ist er zwar ein im Pabstthum geweyheter Priester geblieben: aber dan noch kein wahrer Evangelischer Priester oder Prediger gewesen: dann sonsten hätte er ja müssen rechtmäßiger weise beruffen seyen: sintemahl Joh. 10. v. I. sagt die Schrifft: Wer nicht zur Thür hinein gehet in den Schaaffstall: sondern steiget anderswo hinein/ der ist ein Dieb und ein Mörder. Item/ Wie sollen sie predigen/ wo sie nicht gesandt/ werden? Rom. 10. v. 15. Item/ Niemand nimmt ihm selber die Ehre/ sondern der beruffen wird von GOtt/ gleich wie Aaron Hebr. 5. v. 4. Nun aber wo und von wem ist Luther beruffen/ wo kan er auf- </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0322]
Antwort. Sie bekommen zwar kein Schmier-werck/ keine ertichtete eingegossene Gnade / kein päbstisches Merckzeichen/ Character, oder Brandmahl in der Seelen: keinen Gewalt zum abgöttischen Meß-Opffer sc. und verlangen sie auch solches Abentheur nicht: sondern sie empfangen den von GOtt verordneten Gewalt/ das Wort GOttes und sein heiliges Evangelium mit Krafft und Nachtruck zu verkündigen/ und hierdurch den Bußfertigen die Sünde aufzulösen/ und den Unbußfertigen dieselbe vorzubehalten.
XXXII. Es lehrt doch Luther austrücklich/ daß alle Menschen Priester seyen/ und beweiset es aus der Schrifft 1. Petr. 2. v. 9. allwo S. Petrus spricht: Ihr seyd das auserwehlte Geschlecht/ das Königliche Priesterthum/ das heilige Volck. So haben ja die Evangelische Priester für ihren Leyen nichts besonders.
Antwort. Es sagt Luther nicht/ daß ein jeder Mensch in der Evangelischen Religion wircklich ein zum Predigt-Ampt verordneter Priester seye: sondern daß ein jedes Christliches Hertz das Opffer seines Gebeths könne für GOtt stellen/ und das Priesterthum des alten Testaments/ so mit Schlacht-Opfferen umgienge [welches die päbstische Priester durch ihr Meß-Opffer wiedrum suchen einzuführen] gäntzlich seye aufgehoben. Wie auch / wann eine taugliche Person rechtmäßiger weise zum Predig-Ampt ist bestimmet und verordnet worden/ so habe sie doch und empfange dardurch keine Qvalität der eingegossenen heiligmachenden Gnade/ und des eingetrückten Zeichens in der Seelen/ wodurch selbige von andern werde unterschieden/ wie die Papisten bey ihrer Priester-weyhe und Schmier-werck ertichten ohne Fug und eintzigem Grund des göttlichen Worts.
XXXIII. Es ist ja kein Schmierwerck/ sondern ein gar löblicher Gebrauch/ daß die päbstische Priester bey ihrer Weyhe mit dem heiligen Oel werden gesalbet: dann also seynd auch gesalbet worden die Priester im alten Testament.
Antwort. Weilen dann eure Ceremonien so sehr nach dem Jüdischen Knoblauch schmecken/ und ihr mit eurem Kirchen-Gepräng so eyfrig ins Judenthum wandert: warum haltet ihr dann auch nicht die Judische Ceremonien mit der Scheerung eurer Pfaffen? sondern scheeret selbige und fürnehmlich die Mönche Circkel-weise um die Ohren/ da doch GOtt den Juden verbotten / sie solten ihre Haar rund um nicht beschneiden Levit. 19. v. 27. und den Priestern / Aarons Söhnen/ geheissen gantz und gar die Haar ihres Haupts nicht zu beschneiden. Levit. 21. v. 5. Wie dann auch den zum Dienst GOttes sonderlich gewidmeten Nazaräeren von GOtt befohlen war/ sie solten das Haar auf ihrem Haupt lassen wachsen Num. 6. v. 5. Summa, wann man die Irthümmer der Papisten presset im Pabstthum/ so nehmen sie die Flucht ins Judenthum/ wann man sie dahin verfolget/ begeben sie sich wiederum ins Pabstthum/ mit Fürgeben/ die Jüdische Ceremonien seyen aufgehoben.
XXXIV. Es mögen nur mit gutem Fug die Lutheraner das Tadeln der päbstischen Priester-weyhe fein sittsam einstellen/ und hindan setzen: dann ihr Luther selbsten ist zwar ein rechtschaffener Priester gewesen/ als er noch ein Papist war/ aber da ihn der Satan aus dem Closter hat verführt/ und beredet eine neue Religion zu stifften/ da ist er zwar ein im Pabstthum geweyheter Priester geblieben: aber dan noch kein wahrer Evangelischer Priester oder Prediger gewesen: dann sonsten hätte er ja müssen rechtmäßiger weise beruffen seyen: sintemahl Joh. 10. v. I. sagt die Schrifft: Wer nicht zur Thür hinein gehet in den Schaaffstall: sondern steiget anderswo hinein/ der ist ein Dieb und ein Mörder. Item/ Wie sollen sie predigen/ wo sie nicht gesandt/ werden? Rom. 10. v. 15. Item/ Niemand nimmt ihm selber die Ehre/ sondern der beruffen wird von GOtt/ gleich wie Aaron Hebr. 5. v. 4. Nun aber wo und von wem ist Luther beruffen/ wo kan er auf-
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Zitationshilfe: | Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/322>, abgerufen am 08.07.2024. |