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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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mal sie sich doch immerdar mit ihrem sündlichen Fleisch schleppen musten. Was aber den Spruch Pauli 2. Tim. 3. betrifft: So ist es nicht ohne/ daß die H. Schrifft/ so viel als an ihr ist/ einen Menschen könne vollkommen machen: Daraus folget aber nicht/ daß der Mensch vollkommen seye: Dann es ist kein Mensch/ welcher der H. Schrifft allerdings gemäß lebe. So bezeuget auch die H. Schrifft vom Gesetz/ daß dasselbige Heilig seye: Es folget aber daraus nicht/ daß darum auch die Sünder/ denen das Gesetz fürgehalten und geprediget wird/ Heilig seyn. So kan auch wohl ein Meister einem Lahmen vorschreiben die vollkommneste Regulen der Tantz-Kunst: Daraus aber folget nicht/ daß er darum vollkommen tantzen möge: Und liegt der Mangel nicht an den Regulen: Sondern an den lahmen Füssen. Und also liegt auch der Mangel nicht an der H. Schrifft: Sondern an dem verderbten Menschen. Dannoch so machet auch die H. Schrifft den Menschen in so weit vollkommen/ daß er redlich und auffrichtig nach seinem Vermögen GOtt diene: Nicht aber also/ daß GOtt nichts Mangelhafftes/ und Straffwürdiges an ihm befinde.

XX. Was aber einer nicht halten kan/ darzu ist er nicht verbunden: Wann dann auch der Mensch die Gebot GOttes nicht halten kan/ so ist er auch darzu nicht verbunden.

Antwort. Das ist bald gesagt: Aber darum nicht bald bewiesen. Paulus redet anders hiervon Rom. 7. v. 7. Da er bekennet/ er seye an das Gebot/ du solt dich nicht gelüsten lassen / verbunden/ welches doch eines ist aus denen/ so da zuhalten unmöglich seyn/ aber doch zu halten möglich wären/ wann der Mensch durch die Sünde im Paradeiß seine Vermögenheit nicht verliederlichet hätte.

XXI. Gibt doch die H. Schrifft selbst etlichen Menschen das Zeugnüß/ daß sie vollkommen gewesen seyn: Dann von Zacharia und Elisabeth stehet geschrieben: Sie waren alle beyde gerecht für GOtt/ und giengen in allen Geboten/ und Satzungen des HErren untadelich Luc. I. v. 6.

Antwort. Die Vollkommenheit wird ihnen nicht bloß/ sondern dergestalt zugeschrieben / daß bey ihnen keine Heucheley gewesen: Sondern ein auffrichtiger Wille GOtt zu dienen: Dann sonsten seynd sie für GOtt eben so wohl Sünder gewesen/ als auch andere Menschen: Wie dann von dem Zacharia gemeldet wird/ daß er ungläubig gewesen/ auch wegen des Unglaubens von GOtt mit der Stummigkeit gestraffet worden. Seynd sie demnach gerecht genennet/ nicht/ daß sie das Gesetz GOttes vollkommentlich haben erfüllet; Sondern um Christi Willen/ an dem Sie sich ohne Heucheley mit festem Glauben gehalten und befestiget haben.

XXII. Sagt doch die Schrifft von dem Josue: Wie der HErr Moysi seinem Knecht und Moyses Josue geboten hat/ also thäte Josue, daß nichts übertreten ward/ auch nicht ein Wort an allem/ daß der HErr Josue geboten hat. Josue II. v. 15. So hat ja Josue das Gesetz GOttes vollkommentlich gehalten.

Antwort. Die Schrifft redet am obgeinelten Ort nicht von Sachen/ so das innerliche Gesetz der Rechtfertigung für GOtt/ und die Seeligkeit betreffen: Sondern nur von eusserlichen Dingen: Nemlich wie Josue solte mit seinen Feinden umgehen/ ihre Roß verlämen/ ihre Wagen mit Feur verbrennen/ das Viehe unter den Kinderen Israel austheilen / und alle Menschen zu Todt schlagen. Von solchen eusserlichen Sachen ist gar kein streit.

XXIII. Hat doch zum wenigsten die Hoch-geehrte GOttes Gebährerin Maria das Gesetz vollkommentlich gehalten: Indem sie so gar ohne Erb-Sunde empfangen/ und von

mal sie sich doch immerdar mit ihrem sündlichen Fleisch schleppen musten. Was aber den Spruch Pauli 2. Tim. 3. betrifft: So ist es nicht ohne/ daß die H. Schrifft/ so viel als an ihr ist/ einen Menschen könne vollkommen machen: Daraus folget aber nicht/ daß der Mensch vollkommen seye: Dann es ist kein Mensch/ welcher der H. Schrifft allerdings gemäß lebe. So bezeuget auch die H. Schrifft vom Gesetz/ daß dasselbige Heilig seye: Es folget aber daraus nicht/ daß darum auch die Sünder/ denen das Gesetz fürgehalten und geprediget wird/ Heilig seyn. So kan auch wohl ein Meister einem Lahmen vorschreiben die vollkommneste Regulen der Tantz-Kunst: Daraus aber folget nicht/ daß er darum vollkommen tantzen möge: Und liegt der Mangel nicht an den Regulen: Sondern an den lahmen Füssen. Und also liegt auch der Mangel nicht an der H. Schrifft: Sondern an dem verderbten Menschen. Dannoch so machet auch die H. Schrifft den Menschen in so weit vollkommen/ daß er redlich und auffrichtig nach seinem Vermögen GOtt diene: Nicht aber also/ daß GOtt nichts Mangelhafftes/ und Straffwürdiges an ihm befinde.

XX. Was aber einer nicht halten kan/ darzu ist er nicht verbunden: Wann dann auch der Mensch die Gebot GOttes nicht halten kan/ so ist er auch darzu nicht verbunden.

Antwort. Das ist bald gesagt: Aber darum nicht bald bewiesen. Paulus redet anders hiervon Rom. 7. v. 7. Da er bekennet/ er seye an das Gebot/ du solt dich nicht gelüsten lassen / verbunden/ welches doch eines ist aus denen/ so da zuhalten unmöglich seyn/ aber doch zu halten möglich wären/ wann der Mensch durch die Sünde im Paradeiß seine Vermögenheit nicht verliederlichet hätte.

XXI. Gibt doch die H. Schrifft selbst etlichen Menschen das Zeugnüß/ daß sie vollkommen gewesen seyn: Dann von Zacharia und Elisabeth stehet geschrieben: Sie waren alle beyde gerecht für GOtt/ und giengen in allen Geboten/ und Satzungen des HErren untadelich Luc. I. v. 6.

Antwort. Die Vollkommenheit wird ihnen nicht bloß/ sondern dergestalt zugeschrieben / daß bey ihnen keine Heucheley gewesen: Sondern ein auffrichtiger Wille GOtt zu dienen: Dann sonsten seynd sie für GOtt eben so wohl Sünder gewesen/ als auch andere Menschen: Wie dann von dem Zacharia gemeldet wird/ daß er ungläubig gewesen/ auch wegen des Unglaubens von GOtt mit der Stummigkeit gestraffet worden. Seynd sie demnach gerecht genennet/ nicht/ daß sie das Gesetz GOttes vollkommentlich haben erfüllet; Sondern um Christi Willen/ an dem Sie sich ohne Heucheley mit festem Glauben gehalten und befestiget haben.

XXII. Sagt doch die Schrifft von dem Josue: Wie der HErr Moysi seinem Knecht und Moyses Josue geboten hat/ also thäte Josue, daß nichts übertreten ward/ auch nicht ein Wort an allem/ daß der HErr Josue geboten hat. Josue II. v. 15. So hat ja Josue das Gesetz GOttes vollkommentlich gehalten.

Antwort. Die Schrifft redet am obgeinelten Ort nicht von Sachen/ so das innerliche Gesetz der Rechtfertigung für GOtt/ und die Seeligkeit betreffen: Sondern nur von eusserlichen Dingen: Nemlich wie Josue solte mit seinen Feinden umgehen/ ihre Roß verlämen/ ihre Wagen mit Feur verbrennen/ das Viehe unter den Kinderen Israel austheilen / und alle Menschen zu Todt schlagen. Von solchen eusserlichen Sachen ist gar kein streit.

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        <p>Antwort. Das ist bald gesagt: Aber darum nicht bald bewiesen. Paulus redet anders hiervon            Rom. 7. v. 7. Da er bekennet/ er seye an das Gebot/ du solt dich nicht gelüsten lassen /            verbunden/ welches doch eines ist aus denen/ so da zuhalten unmöglich seyn/ aber doch            zu halten möglich wären/ wann der Mensch durch die Sünde im Paradeiß seine Vermögenheit            nicht verliederlichet hätte.</p>
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        <p>Antwort. Die Vollkommenheit wird ihnen nicht bloß/ sondern dergestalt zugeschrieben /            daß bey ihnen keine Heucheley gewesen: Sondern ein auffrichtiger Wille GOtt zu dienen:            Dann sonsten seynd sie für GOtt eben so wohl Sünder gewesen/ als auch andere Menschen:            Wie dann von dem Zacharia gemeldet wird/ daß er ungläubig gewesen/ auch wegen des            Unglaubens von GOtt mit der Stummigkeit gestraffet worden. Seynd sie demnach gerecht            genennet/ nicht/ daß sie das Gesetz GOttes vollkommentlich haben erfüllet; Sondern um            Christi Willen/ an dem Sie sich ohne Heucheley mit festem Glauben gehalten und befestiget            haben.</p>
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        <p>Antwort. Die Schrifft redet am obgeinelten Ort nicht von Sachen/ so das innerliche            Gesetz der Rechtfertigung für GOtt/ und die Seeligkeit betreffen: Sondern nur von            eusserlichen Dingen: Nemlich wie Josue solte mit seinen Feinden umgehen/ ihre Roß            verlämen/ ihre Wagen mit Feur verbrennen/ das Viehe unter den Kinderen Israel austheilen           / und alle Menschen zu Todt schlagen. Von solchen eusserlichen Sachen ist gar kein            streit.</p>
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[270/0290] mal sie sich doch immerdar mit ihrem sündlichen Fleisch schleppen musten. Was aber den Spruch Pauli 2. Tim. 3. betrifft: So ist es nicht ohne/ daß die H. Schrifft/ so viel als an ihr ist/ einen Menschen könne vollkommen machen: Daraus folget aber nicht/ daß der Mensch vollkommen seye: Dann es ist kein Mensch/ welcher der H. Schrifft allerdings gemäß lebe. So bezeuget auch die H. Schrifft vom Gesetz/ daß dasselbige Heilig seye: Es folget aber daraus nicht/ daß darum auch die Sünder/ denen das Gesetz fürgehalten und geprediget wird/ Heilig seyn. So kan auch wohl ein Meister einem Lahmen vorschreiben die vollkommneste Regulen der Tantz-Kunst: Daraus aber folget nicht/ daß er darum vollkommen tantzen möge: Und liegt der Mangel nicht an den Regulen: Sondern an den lahmen Füssen. Und also liegt auch der Mangel nicht an der H. Schrifft: Sondern an dem verderbten Menschen. Dannoch so machet auch die H. Schrifft den Menschen in so weit vollkommen/ daß er redlich und auffrichtig nach seinem Vermögen GOtt diene: Nicht aber also/ daß GOtt nichts Mangelhafftes/ und Straffwürdiges an ihm befinde. XX. Was aber einer nicht halten kan/ darzu ist er nicht verbunden: Wann dann auch der Mensch die Gebot GOttes nicht halten kan/ so ist er auch darzu nicht verbunden. Antwort. Das ist bald gesagt: Aber darum nicht bald bewiesen. Paulus redet anders hiervon Rom. 7. v. 7. Da er bekennet/ er seye an das Gebot/ du solt dich nicht gelüsten lassen / verbunden/ welches doch eines ist aus denen/ so da zuhalten unmöglich seyn/ aber doch zu halten möglich wären/ wann der Mensch durch die Sünde im Paradeiß seine Vermögenheit nicht verliederlichet hätte. XXI. Gibt doch die H. Schrifft selbst etlichen Menschen das Zeugnüß/ daß sie vollkommen gewesen seyn: Dann von Zacharia und Elisabeth stehet geschrieben: Sie waren alle beyde gerecht für GOtt/ und giengen in allen Geboten/ und Satzungen des HErren untadelich Luc. I. v. 6. Antwort. Die Vollkommenheit wird ihnen nicht bloß/ sondern dergestalt zugeschrieben / daß bey ihnen keine Heucheley gewesen: Sondern ein auffrichtiger Wille GOtt zu dienen: Dann sonsten seynd sie für GOtt eben so wohl Sünder gewesen/ als auch andere Menschen: Wie dann von dem Zacharia gemeldet wird/ daß er ungläubig gewesen/ auch wegen des Unglaubens von GOtt mit der Stummigkeit gestraffet worden. Seynd sie demnach gerecht genennet/ nicht/ daß sie das Gesetz GOttes vollkommentlich haben erfüllet; Sondern um Christi Willen/ an dem Sie sich ohne Heucheley mit festem Glauben gehalten und befestiget haben. XXII. Sagt doch die Schrifft von dem Josue: Wie der HErr Moysi seinem Knecht und Moyses Josue geboten hat/ also thäte Josue, daß nichts übertreten ward/ auch nicht ein Wort an allem/ daß der HErr Josue geboten hat. Josue II. v. 15. So hat ja Josue das Gesetz GOttes vollkommentlich gehalten. Antwort. Die Schrifft redet am obgeinelten Ort nicht von Sachen/ so das innerliche Gesetz der Rechtfertigung für GOtt/ und die Seeligkeit betreffen: Sondern nur von eusserlichen Dingen: Nemlich wie Josue solte mit seinen Feinden umgehen/ ihre Roß verlämen/ ihre Wagen mit Feur verbrennen/ das Viehe unter den Kinderen Israel austheilen / und alle Menschen zu Todt schlagen. Von solchen eusserlichen Sachen ist gar kein streit. XXIII. Hat doch zum wenigsten die Hoch-geehrte GOttes Gebährerin Maria das Gesetz vollkommentlich gehalten: Indem sie so gar ohne Erb-Sunde empfangen/ und von

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/290>, abgerufen am 22.11.2024.