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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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Wercke sich verlassen/ und den Gnaden-Arbeiteren in ihren Hertzen (nach Art der Papisten) sich vorgezogen haben. Insonderheit aber werden dadurch verstanden die Juden/ welche früher waren beruffen als die Heyden/ so um die elffte oder letzte Stunde des Welt-Alters beruffen waren/ davon Joannes spricht: Kindlein es ist die letzte Stunde/ I. Joh. 2. v. 18. Diese Juden dan welche zwar zuerst beruffen worden/ aber ihre eigene Gerechtigkeit auffzurichten getrachtet Rom. 10. v. 3. und aufs Verdienst ihrer Werck ihres Hertzens Vertrauen gesetzet haben/ empfahen ihren Groschen: nemlich den vielfältigen zeitlichen Segen in diesem Leben/ nicht aber den ewigen Lohn/ Matt. 6. v. 2. wessenthalben sie auch murren (dan bey den Seligen im Himmel kan keine närrische Mißgunst statt haben) Durch die letzte aber so um die elffte Stund gedinget/ werden verstanden diejenigen/ und fürnemlich die Heyden/ so in dem Weinberg der Christlichen Kirchen sich willig eingestellet/ treulich in demselbigen gearbeitet/ und in solcher Arbeit nicht auf den Lohn: sondern auf die Güte des himmlischen Haußvaters und dessen Güte gesehen: solche empfangen auch ihren Groschen/ ja noch einen besseren Groschen als die vorige/ nemlich die ewige Seligkeit als einen Gnaden-Lohn. Beweiset also dieser Spruch gar nicht die Gleichheit der himmlischen Herrlichkeit.

XI. Wird doch Christus nach den gethaenen guten und bösen Wercken das Gericht halten / und das Urtheil sprechen Matt. 25. Welcher geben wird einem ieglichen nach seinen Wercken / Rom. 2. v. 6.

Antwort GOtt wird freylich einen jeden richten nach den guten Wercken/ aber nicht nach den Verdienst der guten Wercken; Und dieweil der HErr Christus in seinem allgemeinen Gericht den Glauben der Auserwehlten für allen Menschen will offenbahren/ so will er demnach ihre gute Wercke als Früchte des Glaubens anziehen/ und auf diesem offentlichen Schau-Platz mit Preiß und Ruhm vorstellen: dieweilen nemlich wir Menschen die Früchte des Glaubens viel besser als den Glauben au sich selbsten verstehen und erkennen können; Und damit auch die Verdammten wissen mögen/ daß der Auserwehlten Glaube nicht ein todter Glaube gewesen: sondern in einem Christlichen Wandel und neuen Gehorsam immerdar gantz schön und herrlich geleuchtet habe. Zudem ist schon zuvor gesagt/ daß die gute Wercke freylich auch ihren Gnaden-Lohn haben/ nemlich die Vermehrung der Herrlichkeit in dem ewigen Leben/ davon Paulus spricht 2. Cor. 4. v. 17. Unsre Trübsahl die zeitlich und leicht ist/ schaffet eine ewige und über alle massen wichtige Herrlichkeit.

XII. Wan die gute Wercke nicht solten selig machen/ warum befiehlt dan Christus dem Jüngling Matt. 19. v. 17. Wilst du zum Leben eingehen/ so halte die Gebot?

Antwort. Es könte alhter Christus wohl verstanden werden nicht von der Rechtfertigung: sondern von Vermehrung der Herrlichkeit in dem ewigen Leben/ wan der Jüngling Christo wäre rechtschaffen nachgefolget. Im übrigen hat Christus mit obangezogenen Worten dem Jüngling geantwortet wie er ihn gefraget hat: dan er als ein Werckheiliger/ der mit seinem eigenen Thun und Wercken/ und nicht mit dem Glauben allein an Christum/ der mit ihm redete/ den Himmel verdienen wolte/ fragte/ was er thun solte? drum weiset ihn der HErr Christus auf die Gebot Gottes: ihm anzuzeigen/ daß wan er ja den Weg zum Himmel durch Verdienst der Wercken nehmen wolte/ so müste er durch die Haltung der Geboten GOttes wanderen/ auch zugleich ihn

Wercke sich verlassen/ und den Gnaden-Arbeiteren in ihren Hertzen (nach Art der Papisten) sich vorgezogen haben. Insonderheit aber werden dadurch verstanden die Juden/ welche früher waren beruffen als die Heyden/ so um die elffte oder letzte Stunde des Welt-Alters beruffen waren/ davon Joannes spricht: Kindlein es ist die letzte Stunde/ I. Joh. 2. v. 18. Diese Juden dan welche zwar zuerst beruffen worden/ aber ihre eigene Gerechtigkeit auffzurichten getrachtet Rom. 10. v. 3. und aufs Verdienst ihrer Werck ihres Hertzens Vertrauen gesetzet haben/ empfahen ihren Groschen: nemlich den vielfältigen zeitlichen Segen in diesem Leben/ nicht aber den ewigen Lohn/ Matt. 6. v. 2. wessenthalben sie auch murren (dan bey den Seligen im Himmel kan keine närrische Mißgunst statt haben) Durch die letzte aber so um die elffte Stund gedinget/ werden verstanden diejenigen/ und fürnemlich die Heyden/ so in dem Weinberg der Christlichen Kirchen sich willig eingestellet/ treulich in demselbigen gearbeitet/ und in solcher Arbeit nicht auf den Lohn: sondern auf die Güte des himmlischen Haußvaters und dessen Güte gesehen: solche empfangen auch ihren Groschen/ ja noch einen besseren Groschen als die vorige/ nemlich die ewige Seligkeit als einen Gnaden-Lohn. Beweiset also dieser Spruch gar nicht die Gleichheit der himmlischen Herrlichkeit.

XI. Wird doch Christus nach den gethaenen guten und bösen Wercken das Gericht halten / und das Urtheil sprechen Matt. 25. Welcher geben wird einem ieglichen nach seinen Wercken / Rom. 2. v. 6.

Antwort GOtt wird freylich einen jeden richten nach den guten Wercken/ aber nicht nach den Verdienst der guten Wercken; Und dieweil der HErr Christus in seinem allgemeinen Gericht den Glauben der Auserwehlten für allen Menschen will offenbahren/ so will er demnach ihre gute Wercke als Früchte des Glaubens anziehen/ und auf diesem offentlichen Schau-Platz mit Preiß und Ruhm vorstellen: dieweilen nemlich wir Menschen die Früchte des Glaubens viel besser als den Glauben au sich selbsten verstehen und erkennen können; Und damit auch die Verdammten wissen mögen/ daß der Auserwehlten Glaube nicht ein todter Glaube gewesen: sondern in einem Christlichen Wandel und neuen Gehorsam immerdar gantz schön und herrlich geleuchtet habe. Zudem ist schon zuvor gesagt/ daß die gute Wercke freylich auch ihren Gnaden-Lohn haben/ nemlich die Vermehrung der Herrlichkeit in dem ewigen Leben/ davon Paulus spricht 2. Cor. 4. v. 17. Unsre Trübsahl die zeitlich und leicht ist/ schaffet eine ewige und über alle massen wichtige Herrlichkeit.

XII. Wan die gute Wercke nicht solten selig machen/ warum befiehlt dan Christus dem Jüngling Matt. 19. v. 17. Wilst du zum Leben eingehen/ so halte die Gebot?

Antwort. Es könte alhter Christus wohl verstanden werden nicht von der Rechtfertigung: sondern von Vermehrung der Herrlichkeit in dem ewigen Leben/ wan der Jüngling Christo wäre rechtschaffen nachgefolget. Im übrigen hat Christus mit obangezogenen Worten dem Jüngling geantwortet wie er ihn gefraget hat: dan er als ein Werckheiliger/ der mit seinem eigenen Thun und Wercken/ und nicht mit dem Glauben allein an Christum/ der mit ihm redete/ den Himmel verdienen wolte/ fragte/ was er thun solte? drum weiset ihn der HErr Christus auf die Gebot Gottes: ihm anzuzeigen/ daß wan er ja den Weg zum Himmel durch Verdienst der Wercken nehmen wolte/ so müste er durch die Haltung der Geboten GOttes wanderen/ auch zugleich ihn

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Wercke sich            verlassen/ und den Gnaden-Arbeiteren in ihren Hertzen (nach Art der Papisten) sich            vorgezogen haben. Insonderheit aber werden dadurch verstanden die Juden/ welche früher            waren beruffen als die Heyden/ so um die elffte oder letzte Stunde des Welt-Alters            beruffen waren/ davon Joannes spricht: Kindlein es ist die letzte Stunde/ I. Joh. 2. v.            18. Diese Juden dan welche zwar zuerst beruffen worden/ aber ihre eigene Gerechtigkeit            auffzurichten getrachtet Rom. 10. v. 3. und aufs Verdienst ihrer Werck ihres Hertzens            Vertrauen gesetzet haben/ empfahen ihren Groschen: nemlich den vielfältigen zeitlichen            Segen in diesem Leben/ nicht aber den ewigen Lohn/ Matt. 6. v. 2. wessenthalben sie auch            murren (dan bey den Seligen im Himmel kan keine närrische Mißgunst statt haben) Durch die            letzte aber so um die elffte Stund gedinget/ werden verstanden diejenigen/ und            fürnemlich die Heyden/ so in dem Weinberg der Christlichen Kirchen sich willig            eingestellet/ treulich in demselbigen gearbeitet/ und in solcher Arbeit nicht auf den            Lohn: sondern auf die Güte des himmlischen Haußvaters und dessen Güte gesehen: solche            empfangen auch ihren Groschen/ ja noch einen besseren Groschen als die vorige/ nemlich            die ewige Seligkeit als einen Gnaden-Lohn. Beweiset also dieser Spruch gar nicht die            Gleichheit der himmlischen Herrlichkeit.</p>
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        <p>Antwort GOtt wird freylich einen jeden richten nach den guten Wercken/ aber nicht nach            den Verdienst der guten Wercken; Und dieweil der HErr Christus in seinem allgemeinen            Gericht den Glauben der Auserwehlten für allen Menschen will offenbahren/ so will er            demnach ihre gute Wercke als Früchte des Glaubens anziehen/ und auf diesem offentlichen            Schau-Platz mit Preiß und Ruhm vorstellen: dieweilen nemlich wir Menschen die Früchte des            Glaubens viel besser als den Glauben au sich selbsten verstehen und erkennen können; Und            damit auch die Verdammten wissen mögen/ daß der Auserwehlten Glaube nicht ein todter            Glaube gewesen: sondern in einem Christlichen Wandel und neuen Gehorsam immerdar gantz            schön und herrlich geleuchtet habe. Zudem ist schon zuvor gesagt/ daß die gute Wercke            freylich auch ihren Gnaden-Lohn haben/ nemlich die Vermehrung der Herrlichkeit in dem            ewigen Leben/ davon Paulus spricht 2. Cor. 4. v. 17. Unsre Trübsahl die zeitlich und            leicht ist/ schaffet eine ewige und über alle massen wichtige Herrlichkeit.</p>
        <p>XII. Wan die gute Wercke nicht solten selig machen/ warum befiehlt dan Christus dem            Jüngling Matt. 19. v. 17. Wilst du zum Leben eingehen/ so halte die Gebot?</p>
        <p>Antwort. Es könte alhter Christus wohl verstanden werden nicht von der Rechtfertigung:            sondern von Vermehrung der Herrlichkeit in dem ewigen Leben/ wan der Jüngling Christo            wäre rechtschaffen nachgefolget. Im übrigen hat Christus mit obangezogenen Worten dem            Jüngling geantwortet wie er ihn gefraget hat: dan er als ein Werckheiliger/ der mit            seinem eigenen Thun und Wercken/ und nicht mit dem Glauben allein an Christum/ der mit            ihm redete/ den Himmel verdienen wolte/ fragte/ was er thun solte? drum weiset ihn der            HErr Christus auf die Gebot Gottes: ihm anzuzeigen/ daß wan er ja den Weg zum Himmel            durch Verdienst der Wercken nehmen wolte/ so müste er durch die Haltung der Geboten            GOttes wanderen/ auch zugleich ihn
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[164/0184] Wercke sich verlassen/ und den Gnaden-Arbeiteren in ihren Hertzen (nach Art der Papisten) sich vorgezogen haben. Insonderheit aber werden dadurch verstanden die Juden/ welche früher waren beruffen als die Heyden/ so um die elffte oder letzte Stunde des Welt-Alters beruffen waren/ davon Joannes spricht: Kindlein es ist die letzte Stunde/ I. Joh. 2. v. 18. Diese Juden dan welche zwar zuerst beruffen worden/ aber ihre eigene Gerechtigkeit auffzurichten getrachtet Rom. 10. v. 3. und aufs Verdienst ihrer Werck ihres Hertzens Vertrauen gesetzet haben/ empfahen ihren Groschen: nemlich den vielfältigen zeitlichen Segen in diesem Leben/ nicht aber den ewigen Lohn/ Matt. 6. v. 2. wessenthalben sie auch murren (dan bey den Seligen im Himmel kan keine närrische Mißgunst statt haben) Durch die letzte aber so um die elffte Stund gedinget/ werden verstanden diejenigen/ und fürnemlich die Heyden/ so in dem Weinberg der Christlichen Kirchen sich willig eingestellet/ treulich in demselbigen gearbeitet/ und in solcher Arbeit nicht auf den Lohn: sondern auf die Güte des himmlischen Haußvaters und dessen Güte gesehen: solche empfangen auch ihren Groschen/ ja noch einen besseren Groschen als die vorige/ nemlich die ewige Seligkeit als einen Gnaden-Lohn. Beweiset also dieser Spruch gar nicht die Gleichheit der himmlischen Herrlichkeit. XI. Wird doch Christus nach den gethaenen guten und bösen Wercken das Gericht halten / und das Urtheil sprechen Matt. 25. Welcher geben wird einem ieglichen nach seinen Wercken / Rom. 2. v. 6. Antwort GOtt wird freylich einen jeden richten nach den guten Wercken/ aber nicht nach den Verdienst der guten Wercken; Und dieweil der HErr Christus in seinem allgemeinen Gericht den Glauben der Auserwehlten für allen Menschen will offenbahren/ so will er demnach ihre gute Wercke als Früchte des Glaubens anziehen/ und auf diesem offentlichen Schau-Platz mit Preiß und Ruhm vorstellen: dieweilen nemlich wir Menschen die Früchte des Glaubens viel besser als den Glauben au sich selbsten verstehen und erkennen können; Und damit auch die Verdammten wissen mögen/ daß der Auserwehlten Glaube nicht ein todter Glaube gewesen: sondern in einem Christlichen Wandel und neuen Gehorsam immerdar gantz schön und herrlich geleuchtet habe. Zudem ist schon zuvor gesagt/ daß die gute Wercke freylich auch ihren Gnaden-Lohn haben/ nemlich die Vermehrung der Herrlichkeit in dem ewigen Leben/ davon Paulus spricht 2. Cor. 4. v. 17. Unsre Trübsahl die zeitlich und leicht ist/ schaffet eine ewige und über alle massen wichtige Herrlichkeit. XII. Wan die gute Wercke nicht solten selig machen/ warum befiehlt dan Christus dem Jüngling Matt. 19. v. 17. Wilst du zum Leben eingehen/ so halte die Gebot? Antwort. Es könte alhter Christus wohl verstanden werden nicht von der Rechtfertigung: sondern von Vermehrung der Herrlichkeit in dem ewigen Leben/ wan der Jüngling Christo wäre rechtschaffen nachgefolget. Im übrigen hat Christus mit obangezogenen Worten dem Jüngling geantwortet wie er ihn gefraget hat: dan er als ein Werckheiliger/ der mit seinem eigenen Thun und Wercken/ und nicht mit dem Glauben allein an Christum/ der mit ihm redete/ den Himmel verdienen wolte/ fragte/ was er thun solte? drum weiset ihn der HErr Christus auf die Gebot Gottes: ihm anzuzeigen/ daß wan er ja den Weg zum Himmel durch Verdienst der Wercken nehmen wolte/ so müste er durch die Haltung der Geboten GOttes wanderen/ auch zugleich ihn

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/184>, abgerufen am 22.11.2024.