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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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re Gnade welche sie nennen die heilig-machende oder rechtfertigende Gnade/ und geben für/ diese seye eine übernatürliche von Gott der Seelen eingegossene und darinnen beharrende qualität/ Zieraht und geistliches Kleynod / wodurch die Seele werde gezieret und geschmucket/ daß sie wegen dieser ihrer Schönheit GOtt gefalle/ und zu dessen Freundschafft erhoben und für dessen Augen gerechtfertiget werde. So ist dan nun

Die erste Frage.

Ob durch das Wörtlein Gnade/ wan man von der Rechtfertigung des Menschen für GOtt redet / eine übernatürliche von GOtt der Seelen eingegossene und darin beharrende qualität / oder aber bloß eine unverdiente Gunst/ Gewogenheit und Zuneigunge zu einem armen Sünder / und demnach eine Ausschliessung des Menschen-Verdienstes verstanden werde?

DArauf antworten wir: Durch das Wörtlein Gnade in dem Punct der Rechtfertigung werde nichts anders verstanden als die Ausschliessung alles Menschen-Verdienstes; Und das aus folgenden Ursachen:

Dan das Wörtlein Gnade wird in dem Articul von der Rechtfertigung entgegen gesetzet den Verdiensten/ Wercken/ und dem was man zu thun schuldig und verpflichtet ist/ dan S. Paulus spricht: Dem der mit Wercken umgehet wird der Lohn nicht aus Gnaden zugerechnet: sondern aus Pflicht/ Rom. 4. v. 4. Item Ists aber aus Gnaden so ists nicht aus Verdienst der Wercken: sonst würde Gnade nicht Gnade seyn/ Rom. II. v. 6. Item Christus hat uns selig gemacht nicht nach unsern Wercken: sondern nach seinem Für satz und Gnade die uns gegeben ist in Christo JEsu vor der Zeit der Welt/ 2. Tim. I. v. 9. Wie dan auch S. Paulus solche Gnade GOttes hoch rühmet/ und seine liebe Ephesier deren gantz tröstlich erinnert/ da er spricht: Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben/ und dasselbige nicht aus euch: GOttes Gabe ist es. Nicht aus den Wercken/ auf daß sich nicht iemand rühme/ Eph. 2. v. 8. Drum wird auch das Wörtlein Gnade entgegen gesetzet dem Gesetz so den Zorn wircket Rom. 6. v. 14. Wir seynd nicht unter dem Gesetz: sondern unter der Gnade. Daß auch dis Wörtlein Gnade gantz und gar das Verdienst ausschliesse/ bezeuget S. Paulus Rom. 3. v. 24. Sie werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade. Item Da aber erschiene die Freundlichkeit und Leutseligkeit GOttes unsers Heylands/ nicht um der Werck willen der Gerechtigkeit die wir gethan hatten: sondern nach seiner Barmhertzigkeit machte er uns selig/ Tit. 3. v. 4. Item daselbst v. 7. Auf daß wir durch Christi Gnade gerecht und Erben seyn des ewigen Lebens. Und die Epistel zun Hebreern spricht: So last uns nun hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gnaden-Stuel/ auf daß wir Barmhertzigkeit empfahen und Gna-

re Gnade welche sie nennen die heilig-machende oder rechtfertigende Gnade/ und geben für/ diese seye eine übernatürliche von Gott der Seelen eingegossene und darinnen beharrende qualität/ Zieraht und geistliches Kleynod / wodurch die Seele werde gezieret und geschmucket/ daß sie wegen dieser ihrer Schönheit GOtt gefalle/ und zu dessen Freundschafft erhoben und für dessen Augen gerechtfertiget werde. So ist dan nun

Die erste Frage.

Ob durch das Wörtlein Gnade/ wan man von der Rechtfertigung des Menschen für GOtt redet / eine übernatürliche von GOtt der Seelen eingegossene und darin beharrende qualität / oder aber bloß eine unverdiente Gunst/ Gewogenheit und Zuneigunge zu einem armen Sünder / und demnach eine Ausschliessung des Menschen-Verdienstes verstanden werde?

DArauf antworten wir: Durch das Wörtlein Gnade in dem Punct der Rechtfertigung werde nichts anders verstanden als die Ausschliessung alles Menschen-Verdienstes; Und das aus folgenden Ursachen:

Dan das Wörtlein Gnade wird in dem Articul von der Rechtfertigung entgegen gesetzet den Verdiensten/ Wercken/ und dem was man zu thun schuldig und verpflichtet ist/ dan S. Paulus spricht: Dem der mit Wercken umgehet wird der Lohn nicht aus Gnaden zugerechnet: sondern aus Pflicht/ Rom. 4. v. 4. Item Ists aber aus Gnaden so ists nicht aus Verdienst der Wercken: sonst würde Gnade nicht Gnade seyn/ Rom. II. v. 6. Item Christus hat uns selig gemacht nicht nach unsern Wercken: sondern nach seinem Für satz und Gnade die uns gegeben ist in Christo JEsu vor der Zeit der Welt/ 2. Tim. I. v. 9. Wie dan auch S. Paulus solche Gnade GOttes hoch rühmet/ und seine liebe Ephesier deren gantz tröstlich erinnert/ da er spricht: Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben/ und dasselbige nicht aus euch: GOttes Gabe ist es. Nicht aus den Wercken/ auf daß sich nicht iemand rühme/ Eph. 2. v. 8. Drum wird auch das Wörtlein Gnade entgegen gesetzet dem Gesetz so den Zorn wircket Rom. 6. v. 14. Wir seynd nicht unter dem Gesetz: sondern unter der Gnade. Daß auch dis Wörtlein Gnade gantz und gar das Verdienst ausschliesse/ bezeuget S. Paulus Rom. 3. v. 24. Sie werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade. Item Da aber erschiene die Freundlichkeit und Leutseligkeit GOttes unsers Heylands/ nicht um der Werck willen der Gerechtigkeit die wir gethan hatten: sondern nach seiner Barmhertzigkeit machte er uns selig/ Tit. 3. v. 4. Item daselbst v. 7. Auf daß wir durch Christi Gnade gerecht und Erben seyn des ewigen Lebens. Und die Epistel zun Hebreern spricht: So last uns nun hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gnaden-Stuel/ auf daß wir Barmhertzigkeit empfahen und Gna-

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        <p>Die erste Frage.</p>
        <p>Ob durch das Wörtlein Gnade/ wan man von der Rechtfertigung des Menschen für GOtt redet           / eine übernatürliche von GOtt der Seelen eingegossene und darin beharrende qualität /            oder aber bloß eine unverdiente Gunst/ Gewogenheit und Zuneigunge zu einem armen Sünder /            und demnach eine Ausschliessung des Menschen-Verdienstes verstanden werde?</p>
        <p>DArauf antworten wir: Durch das Wörtlein Gnade in dem Punct der Rechtfertigung werde            nichts anders verstanden als die Ausschliessung alles Menschen-Verdienstes; Und das aus            folgenden Ursachen:</p>
        <p>Dan das Wörtlein Gnade wird in dem Articul von der Rechtfertigung entgegen gesetzet den            Verdiensten/ Wercken/ und dem was man zu thun schuldig und verpflichtet ist/ dan S.            Paulus spricht: Dem der mit Wercken umgehet wird der Lohn nicht aus Gnaden zugerechnet:            sondern aus Pflicht/ Rom. 4. v. 4. Item Ists aber aus Gnaden so ists nicht aus Verdienst            der Wercken: sonst würde Gnade nicht Gnade seyn/ Rom. II. v. 6. Item Christus hat uns            selig gemacht nicht nach unsern Wercken: sondern nach seinem Für satz und Gnade die uns            gegeben ist in Christo JEsu vor der Zeit der Welt/ 2. Tim. I. v. 9. Wie dan auch S.            Paulus solche Gnade GOttes hoch rühmet/ und seine liebe Ephesier deren gantz tröstlich            erinnert/ da er spricht: Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben/ und            dasselbige nicht aus euch: GOttes Gabe ist es. Nicht aus den Wercken/ auf daß sich nicht            iemand rühme/ Eph. 2. v. 8. Drum wird auch das Wörtlein Gnade entgegen gesetzet dem            Gesetz so den Zorn wircket Rom. 6. v. 14. Wir seynd nicht unter dem Gesetz: sondern unter            der Gnade. Daß auch dis Wörtlein Gnade gantz und gar das Verdienst ausschliesse/ bezeuget            S. Paulus Rom. 3. v. 24. Sie werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade. Item Da aber            erschiene die Freundlichkeit und Leutseligkeit GOttes unsers Heylands/ nicht um der Werck            willen der Gerechtigkeit die wir gethan hatten: sondern nach seiner Barmhertzigkeit machte            er uns selig/ Tit. 3. v. 4. Item daselbst v. 7. Auf daß wir durch Christi Gnade gerecht            und Erben seyn des ewigen Lebens. Und die Epistel zun Hebreern spricht: So last uns nun            hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gnaden-Stuel/ auf daß wir Barmhertzigkeit empfahen            und Gna-
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[144/0164] re Gnade welche sie nennen die heilig-machende oder rechtfertigende Gnade/ und geben für/ diese seye eine übernatürliche von Gott der Seelen eingegossene und darinnen beharrende qualität/ Zieraht und geistliches Kleynod / wodurch die Seele werde gezieret und geschmucket/ daß sie wegen dieser ihrer Schönheit GOtt gefalle/ und zu dessen Freundschafft erhoben und für dessen Augen gerechtfertiget werde. So ist dan nun Die erste Frage. Ob durch das Wörtlein Gnade/ wan man von der Rechtfertigung des Menschen für GOtt redet / eine übernatürliche von GOtt der Seelen eingegossene und darin beharrende qualität / oder aber bloß eine unverdiente Gunst/ Gewogenheit und Zuneigunge zu einem armen Sünder / und demnach eine Ausschliessung des Menschen-Verdienstes verstanden werde? DArauf antworten wir: Durch das Wörtlein Gnade in dem Punct der Rechtfertigung werde nichts anders verstanden als die Ausschliessung alles Menschen-Verdienstes; Und das aus folgenden Ursachen: Dan das Wörtlein Gnade wird in dem Articul von der Rechtfertigung entgegen gesetzet den Verdiensten/ Wercken/ und dem was man zu thun schuldig und verpflichtet ist/ dan S. Paulus spricht: Dem der mit Wercken umgehet wird der Lohn nicht aus Gnaden zugerechnet: sondern aus Pflicht/ Rom. 4. v. 4. Item Ists aber aus Gnaden so ists nicht aus Verdienst der Wercken: sonst würde Gnade nicht Gnade seyn/ Rom. II. v. 6. Item Christus hat uns selig gemacht nicht nach unsern Wercken: sondern nach seinem Für satz und Gnade die uns gegeben ist in Christo JEsu vor der Zeit der Welt/ 2. Tim. I. v. 9. Wie dan auch S. Paulus solche Gnade GOttes hoch rühmet/ und seine liebe Ephesier deren gantz tröstlich erinnert/ da er spricht: Aus Gnaden seyd ihr selig worden durch den Glauben/ und dasselbige nicht aus euch: GOttes Gabe ist es. Nicht aus den Wercken/ auf daß sich nicht iemand rühme/ Eph. 2. v. 8. Drum wird auch das Wörtlein Gnade entgegen gesetzet dem Gesetz so den Zorn wircket Rom. 6. v. 14. Wir seynd nicht unter dem Gesetz: sondern unter der Gnade. Daß auch dis Wörtlein Gnade gantz und gar das Verdienst ausschliesse/ bezeuget S. Paulus Rom. 3. v. 24. Sie werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade. Item Da aber erschiene die Freundlichkeit und Leutseligkeit GOttes unsers Heylands/ nicht um der Werck willen der Gerechtigkeit die wir gethan hatten: sondern nach seiner Barmhertzigkeit machte er uns selig/ Tit. 3. v. 4. Item daselbst v. 7. Auf daß wir durch Christi Gnade gerecht und Erben seyn des ewigen Lebens. Und die Epistel zun Hebreern spricht: So last uns nun hinzu treten mit Freudigkeit zu dem Gnaden-Stuel/ auf daß wir Barmhertzigkeit empfahen und Gna-

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/164>, abgerufen am 24.11.2024.