einer mittleren Sommerwärme von mindestens 15°C., gedeiht jedoch nur, wo sich hiermit ein reiches Maass von Bewässerung seiner tief- dringenden Wurzeln, sei es durch Niederschläge, sei es durch künst- liche Wasserzufuhr verbindet. Daher beschränkt sich seine Cultur z. B. im Mittelmeergebiete vorwiegend auf die nördlichen Striche des- selben, wo es, wie in der Poebene, im Sommer nicht an Regen fehlt. Dagegen reicht sie bei einigen Abarten mit kurzer Vegetationsdauer (3 Monate, statt 5--6) in Nordamerika noch zum Red-river of the North, dem südlichen Zufluss des Winnipeg-Sees. Wohl ist hier das Klima rauher als in Norddeutschland, aber die reicheren Nieder- schläge im kurzen, warmen Sommer und ein sehr fruchtbarer jung- fräulicher Boden fördern die Entwickelung und Samenreife des Mais, wie dies z. B. in Thüringen unter fast gleicher Breite nicht geschieht.
Bei der Entdeckung Amerikas fand Columbus den Mais unter anderm auf Hispannola cultiviert, eben so bei den Indianern verschie- dener Striche des Continents, welche er später berührte. Die carai- bische Benennung Mahis wurde adoptiert und in Mais umgewandelt. Noch jetzt gedeiht der Mais auf amerikanischem Boden am besten und liefert z. B. nach Alex. von Humboldt stellenweise dreihundert- fältige Ernten. In Amerika weist er überdies -- und dies ist nicht ohne Bedeutung bei Beantwortung der Frage nach seinem Ursprung, -- die meisten Spielarten (über 60) auf, von denen manche, nach andern Ländern verpflanzt, ihren Charakter verlieren. In den frucht- baren Centralstaaten der Union: Jowa, Illinois, Indiana, Ohio, Ten- nessee, Kentucky und Missouri finden die starken Wurzeln in dem tiefen Alluvialboden reiche Nahrung, welche ihnen kräftige Sommer- regen vermitteln. Hier hat desshalb der Maisbau eine Ausdehnung und Bedeutung erlangt, wie sonst nirgends auf der Erde.
Wie die verschiedenen germanischen Völker mit dem Worte Korn immer ihr vorherrschendes Getreide bezeichnen: der Deutsche den Roggen, der Schwede die Gerste, der Engländer den Weizen, so pflegt der Nordamerikaner den Mais in richtiger Würdigung seiner Bedeutung "corn" oder "Indian corn" zu benennen.
Wie schon hervorgehoben wurde, verbreitete sich seine Cultur rasch über die alte Welt, zunächst nach den drei grossen Halbinseln Südeuropas, und zwar der Reihe nach von West nach Ost, gelangte jedoch nur in den sich nördlich anschliessenden Tiefländern, vor- nehmlich in der Poebene und den unteren Donauländern zu höherer Bedeutung. Dort wurde die aus Maisgrütze bereitete Polenta, bei den Rumänen die Mamaliga, ein Kuchen aus dem Mehl des Kukuruz (Mais), Nationalgericht.
2. Nährpflanzen.
einer mittleren Sommerwärme von mindestens 15°C., gedeiht jedoch nur, wo sich hiermit ein reiches Maass von Bewässerung seiner tief- dringenden Wurzeln, sei es durch Niederschläge, sei es durch künst- liche Wasserzufuhr verbindet. Daher beschränkt sich seine Cultur z. B. im Mittelmeergebiete vorwiegend auf die nördlichen Striche des- selben, wo es, wie in der Poebene, im Sommer nicht an Regen fehlt. Dagegen reicht sie bei einigen Abarten mit kurzer Vegetationsdauer (3 Monate, statt 5—6) in Nordamerika noch zum Red-river of the North, dem südlichen Zufluss des Winnipeg-Sees. Wohl ist hier das Klima rauher als in Norddeutschland, aber die reicheren Nieder- schläge im kurzen, warmen Sommer und ein sehr fruchtbarer jung- fräulicher Boden fördern die Entwickelung und Samenreife des Mais, wie dies z. B. in Thüringen unter fast gleicher Breite nicht geschieht.
Bei der Entdeckung Amerikas fand Columbus den Mais unter anderm auf Hispañola cultiviert, eben so bei den Indianern verschie- dener Striche des Continents, welche er später berührte. Die carai- bische Benennung Mahis wurde adoptiert und in Mais umgewandelt. Noch jetzt gedeiht der Mais auf amerikanischem Boden am besten und liefert z. B. nach Alex. von Humboldt stellenweise dreihundert- fältige Ernten. In Amerika weist er überdies — und dies ist nicht ohne Bedeutung bei Beantwortung der Frage nach seinem Ursprung, — die meisten Spielarten (über 60) auf, von denen manche, nach andern Ländern verpflanzt, ihren Charakter verlieren. In den frucht- baren Centralstaaten der Union: Jowa, Illinois, Indiana, Ohio, Ten- nessee, Kentucky und Missouri finden die starken Wurzeln in dem tiefen Alluvialboden reiche Nahrung, welche ihnen kräftige Sommer- regen vermitteln. Hier hat desshalb der Maisbau eine Ausdehnung und Bedeutung erlangt, wie sonst nirgends auf der Erde.
Wie die verschiedenen germanischen Völker mit dem Worte Korn immer ihr vorherrschendes Getreide bezeichnen: der Deutsche den Roggen, der Schwede die Gerste, der Engländer den Weizen, so pflegt der Nordamerikaner den Mais in richtiger Würdigung seiner Bedeutung »corn« oder »Indian corn« zu benennen.
Wie schon hervorgehoben wurde, verbreitete sich seine Cultur rasch über die alte Welt, zunächst nach den drei grossen Halbinseln Südeuropas, und zwar der Reihe nach von West nach Ost, gelangte jedoch nur in den sich nördlich anschliessenden Tiefländern, vor- nehmlich in der Poebene und den unteren Donauländern zu höherer Bedeutung. Dort wurde die aus Maisgrütze bereitete Polenta, bei den Rumänen die Mamaliga, ein Kuchen aus dem Mehl des Kukuruz (Mais), Nationalgericht.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0081"n="61"/><fwplace="top"type="header">2. Nährpflanzen.</fw><lb/>
einer mittleren Sommerwärme von mindestens 15°C., gedeiht jedoch<lb/>
nur, wo sich hiermit ein reiches Maass von Bewässerung seiner tief-<lb/>
dringenden Wurzeln, sei es durch Niederschläge, sei es durch künst-<lb/>
liche Wasserzufuhr verbindet. Daher beschränkt sich seine Cultur<lb/>
z. B. im Mittelmeergebiete vorwiegend auf die nördlichen Striche des-<lb/>
selben, wo es, wie in der Poebene, im Sommer nicht an Regen fehlt.<lb/>
Dagegen reicht sie bei einigen Abarten mit kurzer Vegetationsdauer<lb/>
(3 Monate, statt 5—6) in Nordamerika noch zum Red-river of the<lb/>
North, dem südlichen Zufluss des Winnipeg-Sees. Wohl ist hier das<lb/>
Klima rauher als in Norddeutschland, aber die reicheren Nieder-<lb/>
schläge im kurzen, warmen Sommer und ein sehr fruchtbarer jung-<lb/>
fräulicher Boden fördern die Entwickelung und Samenreife des Mais,<lb/>
wie dies z. B. in Thüringen unter fast gleicher Breite nicht geschieht.</p><lb/><p>Bei der Entdeckung Amerikas fand Columbus den Mais unter<lb/>
anderm auf Hispañola cultiviert, eben so bei den Indianern verschie-<lb/>
dener Striche des Continents, welche er später berührte. Die carai-<lb/>
bische Benennung <hirendition="#g">Mahis</hi> wurde adoptiert und in Mais umgewandelt.<lb/>
Noch jetzt gedeiht der Mais auf amerikanischem Boden am besten<lb/>
und liefert z. B. nach Alex. von Humboldt stellenweise dreihundert-<lb/>
fältige Ernten. In Amerika weist er überdies — und dies ist nicht<lb/>
ohne Bedeutung bei Beantwortung der Frage nach seinem Ursprung,<lb/>— die meisten Spielarten (über 60) auf, von denen manche, nach<lb/>
andern Ländern verpflanzt, ihren Charakter verlieren. In den frucht-<lb/>
baren Centralstaaten der Union: Jowa, Illinois, Indiana, Ohio, Ten-<lb/>
nessee, Kentucky und Missouri finden die starken Wurzeln in dem<lb/>
tiefen Alluvialboden reiche Nahrung, welche ihnen kräftige Sommer-<lb/>
regen vermitteln. Hier hat desshalb der Maisbau eine Ausdehnung<lb/>
und Bedeutung erlangt, wie sonst nirgends auf der Erde.</p><lb/><p>Wie die verschiedenen germanischen Völker mit dem Worte Korn<lb/>
immer ihr vorherrschendes Getreide bezeichnen: der Deutsche den<lb/>
Roggen, der Schwede die Gerste, der Engländer den Weizen, so<lb/>
pflegt der Nordamerikaner den Mais in richtiger Würdigung seiner<lb/>
Bedeutung »corn« oder »Indian corn« zu benennen.</p><lb/><p>Wie schon hervorgehoben wurde, verbreitete sich seine Cultur<lb/>
rasch über die alte Welt, zunächst nach den drei grossen Halbinseln<lb/>
Südeuropas, und zwar der Reihe nach von West nach Ost, gelangte<lb/>
jedoch nur in den sich nördlich anschliessenden Tiefländern, vor-<lb/>
nehmlich in der Poebene und den unteren Donauländern zu höherer<lb/>
Bedeutung. Dort wurde die aus Maisgrütze bereitete Polenta, bei den<lb/>
Rumänen die Mamaliga, ein Kuchen aus dem Mehl des Kukuruz<lb/>
(Mais), Nationalgericht.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[61/0081]
2. Nährpflanzen.
einer mittleren Sommerwärme von mindestens 15°C., gedeiht jedoch
nur, wo sich hiermit ein reiches Maass von Bewässerung seiner tief-
dringenden Wurzeln, sei es durch Niederschläge, sei es durch künst-
liche Wasserzufuhr verbindet. Daher beschränkt sich seine Cultur
z. B. im Mittelmeergebiete vorwiegend auf die nördlichen Striche des-
selben, wo es, wie in der Poebene, im Sommer nicht an Regen fehlt.
Dagegen reicht sie bei einigen Abarten mit kurzer Vegetationsdauer
(3 Monate, statt 5—6) in Nordamerika noch zum Red-river of the
North, dem südlichen Zufluss des Winnipeg-Sees. Wohl ist hier das
Klima rauher als in Norddeutschland, aber die reicheren Nieder-
schläge im kurzen, warmen Sommer und ein sehr fruchtbarer jung-
fräulicher Boden fördern die Entwickelung und Samenreife des Mais,
wie dies z. B. in Thüringen unter fast gleicher Breite nicht geschieht.
Bei der Entdeckung Amerikas fand Columbus den Mais unter
anderm auf Hispañola cultiviert, eben so bei den Indianern verschie-
dener Striche des Continents, welche er später berührte. Die carai-
bische Benennung Mahis wurde adoptiert und in Mais umgewandelt.
Noch jetzt gedeiht der Mais auf amerikanischem Boden am besten
und liefert z. B. nach Alex. von Humboldt stellenweise dreihundert-
fältige Ernten. In Amerika weist er überdies — und dies ist nicht
ohne Bedeutung bei Beantwortung der Frage nach seinem Ursprung,
— die meisten Spielarten (über 60) auf, von denen manche, nach
andern Ländern verpflanzt, ihren Charakter verlieren. In den frucht-
baren Centralstaaten der Union: Jowa, Illinois, Indiana, Ohio, Ten-
nessee, Kentucky und Missouri finden die starken Wurzeln in dem
tiefen Alluvialboden reiche Nahrung, welche ihnen kräftige Sommer-
regen vermitteln. Hier hat desshalb der Maisbau eine Ausdehnung
und Bedeutung erlangt, wie sonst nirgends auf der Erde.
Wie die verschiedenen germanischen Völker mit dem Worte Korn
immer ihr vorherrschendes Getreide bezeichnen: der Deutsche den
Roggen, der Schwede die Gerste, der Engländer den Weizen, so
pflegt der Nordamerikaner den Mais in richtiger Würdigung seiner
Bedeutung »corn« oder »Indian corn« zu benennen.
Wie schon hervorgehoben wurde, verbreitete sich seine Cultur
rasch über die alte Welt, zunächst nach den drei grossen Halbinseln
Südeuropas, und zwar der Reihe nach von West nach Ost, gelangte
jedoch nur in den sich nördlich anschliessenden Tiefländern, vor-
nehmlich in der Poebene und den unteren Donauländern zu höherer
Bedeutung. Dort wurde die aus Maisgrütze bereitete Polenta, bei den
Rumänen die Mamaliga, ein Kuchen aus dem Mehl des Kukuruz
(Mais), Nationalgericht.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/81>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.