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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.

2) Weizen, Ko-mugi (Triticum vulgare L.). Mugi ist Collectiv-
name für Weizen und Gerste, die man mit Bezug auf die Grösse der
Körner als kleine (ko) und grosse (o) mugi unterscheidet. Ich habe
in Japan nur diese eine Art Weizen (also keinen Spelz, engl. Weizen
oder irgend eine andere) getroffen, *) und zwar stets als Winterfrucht,
vornehmlich begrannt, doch auch grannenlos, und nicht selten beide
Formen bunt durcheinander. Im November findet in der Regel die
Aussaat, im Mai die Aehren- und Blüthenentwickelung, im Juni die
Ernte statt; doch verzögert sich letztere in den nördlichen Landes-
theilen und in hoch gelegenen Gegenden, wie z. B. in Shinano, bis
gegen Ende Juli oder Anfang August.

Dass der Weizen in Japan keine hervorragende Rolle spielt und
den Eindruck der Degeneration (wohl in Folge mangelnden Samen-
wechsels) macht, wurde bereits im vorigen Abschnitt erwähnt und ist
auch schon von Maron hervorgehoben worden. Meist wird das Mehl
zu kleinen Kuchen (Mochi) verwendet, welche kaum 5--6 cm Durch-
messer haben und gleich denen von Klebreis (Mochi-gome) entweder
für sich, oder mit schwarzem Bohnenmehl und braunem Zucker be-
streut im Teigzustande gegessen werden.

3) Gerste, O-mugi (Hordeum vulgare L.). Man cultiviert so-
wohl die sechszeilige Unterart, H. hexastichum L. und zwar eine
kurzgrannige Sorte, als auch die vierzeilige, H. tetrastichum; beide
nur als Winterfrucht. Die Aussaat fällt meist in den October oder
November, die Blüthezeit Anfang Mai, die Ernte in den Juni. Gleich
dem Buchweizen und den Hirsearten benutzt man die Samen vor-
wiegend zu Grütze, doch auch als Pferde- und Hühnerfutter. Zwei-
zeilige Gerste, welche Maron ebenfalls anführt, habe ich nicht ge-
troffen, finde sie auch in keinem japanischen Buch abgebildet. Dagegen
kommt die nackte Gerste, jap. Hadaka-mugi (Hordeum vulgare
b. nudum s. coeleste L.) häufig vor und ist schon im äusseren Aus-
sehen der Aehren von der gewöhnlichen vierzeiligen Form leicht zu
unterscheiden. Kinch bezeichnet irrthümlich Hadaka-mugi als
rye (Secale cereale L.), auch ist sie mit Spelz (z. B. bei Scherzer)
verwechselt worden, was auf dem Felde kaum möglich ist, wohl aber
bei den Körnern, welche mit enthülstem Spelz mehr Aehnlichkeit haben,
als mit Roggen. Letzterer fehlt Japan, ebenso der Hafer, wie früher
schon angegeben wurde. Kaempfer führt zwar Avena sativa L. unter
dem Namen Karasu-mugi (Raben-Gerste?) Amoen. exot. 834 an,
ebenso nach ihm Thunberg, Flora jap. pag. 54, doch findet er sich weder

*) Auch Thunberg, Siebold und Kinch führen nur T. vulgare L. an.
I. Land- und Forstwirthschaft.

2) Weizen, Ko-mugi (Triticum vulgare L.). Mugi ist Collectiv-
name für Weizen und Gerste, die man mit Bezug auf die Grösse der
Körner als kleine (ko) und grosse (o) mugi unterscheidet. Ich habe
in Japan nur diese eine Art Weizen (also keinen Spelz, engl. Weizen
oder irgend eine andere) getroffen, *) und zwar stets als Winterfrucht,
vornehmlich begrannt, doch auch grannenlos, und nicht selten beide
Formen bunt durcheinander. Im November findet in der Regel die
Aussaat, im Mai die Aehren- und Blüthenentwickelung, im Juni die
Ernte statt; doch verzögert sich letztere in den nördlichen Landes-
theilen und in hoch gelegenen Gegenden, wie z. B. in Shináno, bis
gegen Ende Juli oder Anfang August.

Dass der Weizen in Japan keine hervorragende Rolle spielt und
den Eindruck der Degeneration (wohl in Folge mangelnden Samen-
wechsels) macht, wurde bereits im vorigen Abschnitt erwähnt und ist
auch schon von Maron hervorgehoben worden. Meist wird das Mehl
zu kleinen Kuchen (Mochi) verwendet, welche kaum 5—6 cm Durch-
messer haben und gleich denen von Klebreis (Mochi-gome) entweder
für sich, oder mit schwarzem Bohnenmehl und braunem Zucker be-
streut im Teigzustande gegessen werden.

3) Gerste, O-mugi (Hordeum vulgare L.). Man cultiviert so-
wohl die sechszeilige Unterart, H. hexastichum L. und zwar eine
kurzgrannige Sorte, als auch die vierzeilige, H. tetrastichum; beide
nur als Winterfrucht. Die Aussaat fällt meist in den October oder
November, die Blüthezeit Anfang Mai, die Ernte in den Juni. Gleich
dem Buchweizen und den Hirsearten benutzt man die Samen vor-
wiegend zu Grütze, doch auch als Pferde- und Hühnerfutter. Zwei-
zeilige Gerste, welche Maron ebenfalls anführt, habe ich nicht ge-
troffen, finde sie auch in keinem japanischen Buch abgebildet. Dagegen
kommt die nackte Gerste, jap. Hadaka-mugi (Hordeum vulgare
β. nudum s. coeleste L.) häufig vor und ist schon im äusseren Aus-
sehen der Aehren von der gewöhnlichen vierzeiligen Form leicht zu
unterscheiden. Kinch bezeichnet irrthümlich Hadaka-mugi als
rye (Secale cereale L.), auch ist sie mit Spelz (z. B. bei Scherzer)
verwechselt worden, was auf dem Felde kaum möglich ist, wohl aber
bei den Körnern, welche mit enthülstem Spelz mehr Aehnlichkeit haben,
als mit Roggen. Letzterer fehlt Japan, ebenso der Hafer, wie früher
schon angegeben wurde. Kaempfer führt zwar Avena sativa L. unter
dem Namen Karasu-mugi (Raben-Gerste?) Amoen. exot. 834 an,
ebenso nach ihm Thunberg, Flora jap. pag. 54, doch findet er sich weder

*) Auch Thunberg, Siebold und Kinch führen nur T. vulgare L. an.
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[58/0078] I. Land- und Forstwirthschaft. 2) Weizen, Ko-mugi (Triticum vulgare L.). Mugi ist Collectiv- name für Weizen und Gerste, die man mit Bezug auf die Grösse der Körner als kleine (ko) und grosse (o) mugi unterscheidet. Ich habe in Japan nur diese eine Art Weizen (also keinen Spelz, engl. Weizen oder irgend eine andere) getroffen, *) und zwar stets als Winterfrucht, vornehmlich begrannt, doch auch grannenlos, und nicht selten beide Formen bunt durcheinander. Im November findet in der Regel die Aussaat, im Mai die Aehren- und Blüthenentwickelung, im Juni die Ernte statt; doch verzögert sich letztere in den nördlichen Landes- theilen und in hoch gelegenen Gegenden, wie z. B. in Shináno, bis gegen Ende Juli oder Anfang August. Dass der Weizen in Japan keine hervorragende Rolle spielt und den Eindruck der Degeneration (wohl in Folge mangelnden Samen- wechsels) macht, wurde bereits im vorigen Abschnitt erwähnt und ist auch schon von Maron hervorgehoben worden. Meist wird das Mehl zu kleinen Kuchen (Mochi) verwendet, welche kaum 5—6 cm Durch- messer haben und gleich denen von Klebreis (Mochi-gome) entweder für sich, oder mit schwarzem Bohnenmehl und braunem Zucker be- streut im Teigzustande gegessen werden. 3) Gerste, O-mugi (Hordeum vulgare L.). Man cultiviert so- wohl die sechszeilige Unterart, H. hexastichum L. und zwar eine kurzgrannige Sorte, als auch die vierzeilige, H. tetrastichum; beide nur als Winterfrucht. Die Aussaat fällt meist in den October oder November, die Blüthezeit Anfang Mai, die Ernte in den Juni. Gleich dem Buchweizen und den Hirsearten benutzt man die Samen vor- wiegend zu Grütze, doch auch als Pferde- und Hühnerfutter. Zwei- zeilige Gerste, welche Maron ebenfalls anführt, habe ich nicht ge- troffen, finde sie auch in keinem japanischen Buch abgebildet. Dagegen kommt die nackte Gerste, jap. Hadaka-mugi (Hordeum vulgare β. nudum s. coeleste L.) häufig vor und ist schon im äusseren Aus- sehen der Aehren von der gewöhnlichen vierzeiligen Form leicht zu unterscheiden. Kinch bezeichnet irrthümlich Hadaka-mugi als rye (Secale cereale L.), auch ist sie mit Spelz (z. B. bei Scherzer) verwechselt worden, was auf dem Felde kaum möglich ist, wohl aber bei den Körnern, welche mit enthülstem Spelz mehr Aehnlichkeit haben, als mit Roggen. Letzterer fehlt Japan, ebenso der Hafer, wie früher schon angegeben wurde. Kaempfer führt zwar Avena sativa L. unter dem Namen Karasu-mugi (Raben-Gerste?) Amoen. exot. 834 an, ebenso nach ihm Thunberg, Flora jap. pag. 54, doch findet er sich weder *) Auch Thunberg, Siebold und Kinch führen nur T. vulgare L. an.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/78>, abgerufen am 29.03.2024.