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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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IV. Handel und Verkehr.
gemeine Drang, von dem durch Portugal und seine Colonien erweiterten
Spanien auch im Handel vollständig unabhängig zu werden, wirksam
unterstützt. Engherzige Verordnungen Philipps II von Spanien, welche
den Holländern Lissabon, den damaligen Weltmarkt, verschlossen,
thaten das übrige. Die Unternehmungen der Holländer führten zu
wichtigen geographischen Entdeckungen -- ich erinnere nur an die-
jenigen von Barents und Tasman, -- sowie zum Uebergang der
meisten Besitzungen der Portugiesen und ihres asiatischen Handels in
holländische Hände.

Auf die erste holländische Weltumsegelung (in den Jahren 1598--
1601) unter Oliver van Noort, welcher die Route des Magalhaes
einschlug und den Spaniern in einem Seegefechte vor Manila herbe
Verluste beibrachte, folgte im Jahre 1602 die Gründung der Nieder-
ländisch Ostindischen Handelsgesellschaft. Batavia wurde Haupt-
stützpunkt derselben und des durch sie geleiteten holländischen Handels
in Südostasien, während Goa, Malakka und Macao ihre commerzielle
Bedeutung verloren. Im April des Jahres 1600 erschien die holländische
Flagge zum ersten Mal an der japanischen Küste und zwar zu Funai
in Bungo. Das Schiff, welches sie führte, hatte mit vier andern eine
kleine Handelsflotille des holländischen Hauses van der Veek gebildet
und im Juni 1598 den Hafen Texel verlassen, um an der pacifischen
Küste Südamerikas Handel zu treiben. Die Expedition wurde in zu
später Jahreszeit ausgesandt, und erlitt in Folge schlechter Führung,
heftiger Stürme und feindlicher Ueberfälle bei mehreren Landungs-
versuchen grosse Verluste, so dass schliesslich nur ein Schiff, der
Erasmus, mit geringer Besatzung übrig blieb, welches von der peru-
anischen Küste aus seinen Cours nach Japan richtete, in der Hoffnung,
dort einen Markt für seine Ladung Tücher zu finden. Bei der Landung
in Funai waren nur noch fünf Mann dienstfähig, darunter der englische
Obersteuermann William Adams. Sie wurden gleich den Kranken
von der einheimischen Bevölkerung freundlich aufgenommen, von den
Portugiesen aber als Piraten hingestellt. Diese bewirkten, dass W.
Adams als Gefangener vor Iyeyasu geführt wurde, der sich damals in
Ozaka befand. Iyeyasu nahm ihn freundlich auf, forschte ihn aus
und sandte ihn dann nach Yedo, wo er befreit wurde und bis zu
seinem Tode im Jahre 1620 vorwiegend lebte. William Adams gewann
eine geachtete Stellung unter den Japanern, diente erst den holländi-
schen, später auch den englischen Interessen und hat wahrscheinlich
mitgewirkt, den Argwohn gegen die katholischen Spanier und Portu-
giesen zu nähren und der bekannten Krisis entgegen zu führen. (Siehe
auch Band I pg. 381 ff.)

IV. Handel und Verkehr.
gemeine Drang, von dem durch Portugal und seine Colonien erweiterten
Spanien auch im Handel vollständig unabhängig zu werden, wirksam
unterstützt. Engherzige Verordnungen Philipps II von Spanien, welche
den Holländern Lissabon, den damaligen Weltmarkt, verschlossen,
thaten das übrige. Die Unternehmungen der Holländer führten zu
wichtigen geographischen Entdeckungen — ich erinnere nur an die-
jenigen von Barents und Tasman, — sowie zum Uebergang der
meisten Besitzungen der Portugiesen und ihres asiatischen Handels in
holländische Hände.

Auf die erste holländische Weltumsegelung (in den Jahren 1598—
1601) unter Oliver van Noort, welcher die Route des Magalhães
einschlug und den Spaniern in einem Seegefechte vor Manila herbe
Verluste beibrachte, folgte im Jahre 1602 die Gründung der Nieder-
ländisch Ostindischen Handelsgesellschaft. Batavia wurde Haupt-
stützpunkt derselben und des durch sie geleiteten holländischen Handels
in Südostasien, während Goa, Malakka und Macao ihre commerzielle
Bedeutung verloren. Im April des Jahres 1600 erschien die holländische
Flagge zum ersten Mal an der japanischen Küste und zwar zu Funai
in Bungo. Das Schiff, welches sie führte, hatte mit vier andern eine
kleine Handelsflotille des holländischen Hauses van der Veek gebildet
und im Juni 1598 den Hafen Texel verlassen, um an der pacifischen
Küste Südamerikas Handel zu treiben. Die Expedition wurde in zu
später Jahreszeit ausgesandt, und erlitt in Folge schlechter Führung,
heftiger Stürme und feindlicher Ueberfälle bei mehreren Landungs-
versuchen grosse Verluste, so dass schliesslich nur ein Schiff, der
Erasmus, mit geringer Besatzung übrig blieb, welches von der peru-
anischen Küste aus seinen Cours nach Japan richtete, in der Hoffnung,
dort einen Markt für seine Ladung Tücher zu finden. Bei der Landung
in Funai waren nur noch fünf Mann dienstfähig, darunter der englische
Obersteuermann William Adams. Sie wurden gleich den Kranken
von der einheimischen Bevölkerung freundlich aufgenommen, von den
Portugiesen aber als Piraten hingestellt. Diese bewirkten, dass W.
Adams als Gefangener vor Iyeyasu geführt wurde, der sich damals in
Ôzaka befand. Iyeyasu nahm ihn freundlich auf, forschte ihn aus
und sandte ihn dann nach Yedo, wo er befreit wurde und bis zu
seinem Tode im Jahre 1620 vorwiegend lebte. William Adams gewann
eine geachtete Stellung unter den Japanern, diente erst den holländi-
schen, später auch den englischen Interessen und hat wahrscheinlich
mitgewirkt, den Argwohn gegen die katholischen Spanier und Portu-
giesen zu nähren und der bekannten Krisis entgegen zu führen. (Siehe
auch Band I pg. 381 ff.)

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[618/0678] IV. Handel und Verkehr. gemeine Drang, von dem durch Portugal und seine Colonien erweiterten Spanien auch im Handel vollständig unabhängig zu werden, wirksam unterstützt. Engherzige Verordnungen Philipps II von Spanien, welche den Holländern Lissabon, den damaligen Weltmarkt, verschlossen, thaten das übrige. Die Unternehmungen der Holländer führten zu wichtigen geographischen Entdeckungen — ich erinnere nur an die- jenigen von Barents und Tasman, — sowie zum Uebergang der meisten Besitzungen der Portugiesen und ihres asiatischen Handels in holländische Hände. Auf die erste holländische Weltumsegelung (in den Jahren 1598— 1601) unter Oliver van Noort, welcher die Route des Magalhães einschlug und den Spaniern in einem Seegefechte vor Manila herbe Verluste beibrachte, folgte im Jahre 1602 die Gründung der Nieder- ländisch Ostindischen Handelsgesellschaft. Batavia wurde Haupt- stützpunkt derselben und des durch sie geleiteten holländischen Handels in Südostasien, während Goa, Malakka und Macao ihre commerzielle Bedeutung verloren. Im April des Jahres 1600 erschien die holländische Flagge zum ersten Mal an der japanischen Küste und zwar zu Funai in Bungo. Das Schiff, welches sie führte, hatte mit vier andern eine kleine Handelsflotille des holländischen Hauses van der Veek gebildet und im Juni 1598 den Hafen Texel verlassen, um an der pacifischen Küste Südamerikas Handel zu treiben. Die Expedition wurde in zu später Jahreszeit ausgesandt, und erlitt in Folge schlechter Führung, heftiger Stürme und feindlicher Ueberfälle bei mehreren Landungs- versuchen grosse Verluste, so dass schliesslich nur ein Schiff, der Erasmus, mit geringer Besatzung übrig blieb, welches von der peru- anischen Küste aus seinen Cours nach Japan richtete, in der Hoffnung, dort einen Markt für seine Ladung Tücher zu finden. Bei der Landung in Funai waren nur noch fünf Mann dienstfähig, darunter der englische Obersteuermann William Adams. Sie wurden gleich den Kranken von der einheimischen Bevölkerung freundlich aufgenommen, von den Portugiesen aber als Piraten hingestellt. Diese bewirkten, dass W. Adams als Gefangener vor Iyeyasu geführt wurde, der sich damals in Ôzaka befand. Iyeyasu nahm ihn freundlich auf, forschte ihn aus und sandte ihn dann nach Yedo, wo er befreit wurde und bis zu seinem Tode im Jahre 1620 vorwiegend lebte. William Adams gewann eine geachtete Stellung unter den Japanern, diente erst den holländi- schen, später auch den englischen Interessen und hat wahrscheinlich mitgewirkt, den Argwohn gegen die katholischen Spanier und Portu- giesen zu nähren und der bekannten Krisis entgegen zu führen. (Siehe auch Band I pg. 381 ff.)

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/678>, abgerufen am 24.11.2024.