Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Muster einer solchen, wie sie zu Awata in Kioto vor 11 Jahren gebraucht
wurde. Die Muffel besteht aus Kawarake oder Ziegelsteinmasse.
Ihre Grösse richtet sich nach dem Bedarf. Im gegebenen Fall war sie
nur 161/2 jap. Zoll (50 cm) hoch und 121/2 Zoll (38 cm) breit. Das 5--6 cm
weite Loch im Deckel dient zum Einführen der Probe. In der Regel
nimmt die Muffel nur einen mit Schmelzfarben versehenen Gegenstand
auf. Für die Feuerung ist keinerlei besondere Vorrichtung vorhanden.
Man verwendet Holzkohlen oder stark verkohlte Scheite, die man
rings um die Muffel stellt und bis zum Rande derselben aufschichtet,
wohl auch durch Eisendrähte ringsum zusammenhält. Der Deckel wird
mit Hülfe einer langen Zange dann erst aufgesetzt, wenn das Feuer
bis zum oberen Rande reicht. Gewöhnlich unterhält man dasselbe
zwei Stunden lang und entfernt es rasch, sobald der genommene Probe-
brand das vollkommene Einschmelzen der Emailfarben erkennen lässt.
Dagegen darf der Deckel aus leicht begreiflichen Gründen erst nach
genügender Abkühlung abgenommen werden.

Als Abschleif- und Poliermittel der Zellenschmelzarbeiten dienen
dieselben Körper, welche auch in der Lackindustrie benutzt werden,
nämlich grob- und feinkörnige Sandsteine, Schiefer und Magnolien-
holzkohle nach dem zweiten und dritten, respective vierten Brande,
zum Abschleifen, Hirschhorn und Rapsöl zum Polieren. *)

Bei der Darstellung des Toki-shippo oder Zellenschmelzes auf
Porzellan in Nagoya und Kioto, sowie des Awata-shippo oder
Zellenschmelzes auf Awata-yaki in Kioto, wird im allgemeinen ebenso
verfahren, wie beim Shippo-yaki. Diejenigen Partieen der be-
treffenden Thonwaaren, welche mit Email cloisonne verziert werden
sollen, dürfen keine Glasur erhalten; die andern werden auf gewöhn-
liche Art ausgestattet, d. h. mit Scharffeuerfarben unter der Glasur
und mit Muffelfarben auf derselben. Ist dies geschehen, so stellt man
in gleicher Weise, wie auf Kupfer, das Netz von Messingzellen her,
d. h. die Umrisse der Blätter, Blüthenteile und Früchte, der Thiere
und ihrer verschiedenen Bestandteile, der Mäander und anderer Figuren,
kurzum aller einzelnen Elemente, aus welchen sich die ganze Email-
verzierung zusammensetzen soll. Die Umrisse dieser Cloisons werden
mit Tusch vorgezeichnet. Zur Befestigung verwendet man den fast

*) Die Ordnung, in welcher die hier erwähnten Schleifmittel gewöhnlich an-
gewendet werden, ist folgende: 1) Ara-to, ein grobkörniger grauer Sandstein
aus Shinano, 2) Iyo-to, ein Sandstein aus Iyo, 3) Omura-do, ein feinkörniger
weisser Sandstein von Omura in Hizen, 4) Joken-ji, ein gelblicher Thonsand-
stein, 5) Tsu-shima-ishi, ein Wetzsteinschiefer von der Insel Tsu, 6) Ho-no-
ki-sumi,
Magnolienholzkohle.

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Muster einer solchen, wie sie zu Awata in Kiôto vor 11 Jahren gebraucht
wurde. Die Muffel besteht aus Kawarake oder Ziegelsteinmasse.
Ihre Grösse richtet sich nach dem Bedarf. Im gegebenen Fall war sie
nur 16½ jap. Zoll (50 cm) hoch und 12½ Zoll (38 cm) breit. Das 5—6 cm
weite Loch im Deckel dient zum Einführen der Probe. In der Regel
nimmt die Muffel nur einen mit Schmelzfarben versehenen Gegenstand
auf. Für die Feuerung ist keinerlei besondere Vorrichtung vorhanden.
Man verwendet Holzkohlen oder stark verkohlte Scheite, die man
rings um die Muffel stellt und bis zum Rande derselben aufschichtet,
wohl auch durch Eisendrähte ringsum zusammenhält. Der Deckel wird
mit Hülfe einer langen Zange dann erst aufgesetzt, wenn das Feuer
bis zum oberen Rande reicht. Gewöhnlich unterhält man dasselbe
zwei Stunden lang und entfernt es rasch, sobald der genommene Probe-
brand das vollkommene Einschmelzen der Emailfarben erkennen lässt.
Dagegen darf der Deckel aus leicht begreiflichen Gründen erst nach
genügender Abkühlung abgenommen werden.

Als Abschleif- und Poliermittel der Zellenschmelzarbeiten dienen
dieselben Körper, welche auch in der Lackindustrie benutzt werden,
nämlich grob- und feinkörnige Sandsteine, Schiefer und Magnolien-
holzkohle nach dem zweiten und dritten, respective vierten Brande,
zum Abschleifen, Hirschhorn und Rapsöl zum Polieren. *)

Bei der Darstellung des Toki-shippô oder Zellenschmelzes auf
Porzellan in Nagoya und Kiôto, sowie des Awata-shippô oder
Zellenschmelzes auf Awata-yaki in Kiôto, wird im allgemeinen ebenso
verfahren, wie beim Shippô-yaki. Diejenigen Partieen der be-
treffenden Thonwaaren, welche mit Email cloisonné verziert werden
sollen, dürfen keine Glasur erhalten; die andern werden auf gewöhn-
liche Art ausgestattet, d. h. mit Scharffeuerfarben unter der Glasur
und mit Muffelfarben auf derselben. Ist dies geschehen, so stellt man
in gleicher Weise, wie auf Kupfer, das Netz von Messingzellen her,
d. h. die Umrisse der Blätter, Blüthenteile und Früchte, der Thiere
und ihrer verschiedenen Bestandteile, der Mäander und anderer Figuren,
kurzum aller einzelnen Elemente, aus welchen sich die ganze Email-
verzierung zusammensetzen soll. Die Umrisse dieser Cloisons werden
mit Tusch vorgezeichnet. Zur Befestigung verwendet man den fast

*) Die Ordnung, in welcher die hier erwähnten Schleifmittel gewöhnlich an-
gewendet werden, ist folgende: 1) Ara-to, ein grobkörniger grauer Sandstein
aus Shinano, 2) Iyo-to, ein Sandstein aus Iyo, 3) Omura-do, ein feinkörniger
weisser Sandstein von Omura in Hizen, 4) Joken-ji, ein gelblicher Thonsand-
stein, 5) Tsu-shima-ishi, ein Wetzsteinschiefer von der Insel Tsu, 6) Ho-no-
ki-sumi,
Magnolienholzkohle.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0648" n="590"/><fw place="top" type="header">III. Kunstgewerbe und Verwandtes.</fw><lb/>
Muster einer solchen, wie sie zu Awata in Kiôto vor 11 Jahren gebraucht<lb/>
wurde. Die Muffel besteht aus Kawarake oder Ziegelsteinmasse.<lb/>
Ihre Grösse richtet sich nach dem Bedarf. Im gegebenen Fall war sie<lb/>
nur 16½ jap. Zoll (50 cm) hoch und 12½ Zoll (38 cm) breit. Das 5&#x2014;6 cm<lb/>
weite Loch im Deckel dient zum Einführen der Probe. In der Regel<lb/>
nimmt die Muffel nur einen mit Schmelzfarben versehenen Gegenstand<lb/>
auf. Für die Feuerung ist keinerlei besondere Vorrichtung vorhanden.<lb/>
Man verwendet Holzkohlen oder stark verkohlte Scheite, die man<lb/>
rings um die Muffel stellt und bis zum Rande derselben aufschichtet,<lb/>
wohl auch durch Eisendrähte ringsum zusammenhält. Der Deckel wird<lb/>
mit Hülfe einer langen Zange dann erst aufgesetzt, wenn das Feuer<lb/>
bis zum oberen Rande reicht. Gewöhnlich unterhält man dasselbe<lb/>
zwei Stunden lang und entfernt es rasch, sobald der genommene Probe-<lb/>
brand das vollkommene Einschmelzen der Emailfarben erkennen lässt.<lb/>
Dagegen darf der Deckel aus leicht begreiflichen Gründen erst nach<lb/>
genügender Abkühlung abgenommen werden.</p><lb/>
          <p>Als Abschleif- und Poliermittel der Zellenschmelzarbeiten dienen<lb/>
dieselben Körper, welche auch in der Lackindustrie benutzt werden,<lb/>
nämlich grob- und feinkörnige Sandsteine, Schiefer und Magnolien-<lb/>
holzkohle nach dem zweiten und dritten, respective vierten Brande,<lb/>
zum Abschleifen, Hirschhorn und Rapsöl zum Polieren. <note place="foot" n="*)">Die Ordnung, in welcher die hier erwähnten Schleifmittel gewöhnlich an-<lb/>
gewendet werden, ist folgende: 1) <hi rendition="#g">Ara-to,</hi> ein grobkörniger grauer Sandstein<lb/>
aus Shinano, 2) <hi rendition="#g">Iyo-to,</hi> ein Sandstein aus <hi rendition="#g">Iyo,</hi> 3) <hi rendition="#g">Omura-do,</hi> ein feinkörniger<lb/>
weisser Sandstein von Omura in Hizen, 4) <hi rendition="#g">Joken-ji,</hi> ein gelblicher Thonsand-<lb/>
stein, 5) <hi rendition="#g">Tsu-shima-ishi,</hi> ein Wetzsteinschiefer von der Insel Tsu, 6) <hi rendition="#g">Ho-no-<lb/>
ki-sumi,</hi> Magnolienholzkohle.</note></p><lb/>
          <p>Bei der Darstellung des <hi rendition="#g">Toki-shippô</hi> oder Zellenschmelzes auf<lb/>
Porzellan in Nagoya und Kiôto, sowie des <hi rendition="#g">Awata-shippô</hi> oder<lb/>
Zellenschmelzes auf Awata-yaki in Kiôto, wird im allgemeinen ebenso<lb/>
verfahren, wie beim <hi rendition="#g">Shippô-yaki.</hi> Diejenigen Partieen der be-<lb/>
treffenden Thonwaaren, welche mit Email cloisonné verziert werden<lb/>
sollen, dürfen keine Glasur erhalten; die andern werden auf gewöhn-<lb/>
liche Art ausgestattet, d. h. mit Scharffeuerfarben unter der Glasur<lb/>
und mit Muffelfarben auf derselben. Ist dies geschehen, so stellt man<lb/>
in gleicher Weise, wie auf Kupfer, das Netz von Messingzellen her,<lb/>
d. h. die Umrisse der Blätter, Blüthenteile und Früchte, der Thiere<lb/>
und ihrer verschiedenen Bestandteile, der Mäander und anderer Figuren,<lb/>
kurzum aller einzelnen Elemente, aus welchen sich die ganze Email-<lb/>
verzierung zusammensetzen soll. Die Umrisse dieser Cloisons werden<lb/>
mit Tusch vorgezeichnet. Zur Befestigung verwendet man den fast<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[590/0648] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. Muster einer solchen, wie sie zu Awata in Kiôto vor 11 Jahren gebraucht wurde. Die Muffel besteht aus Kawarake oder Ziegelsteinmasse. Ihre Grösse richtet sich nach dem Bedarf. Im gegebenen Fall war sie nur 16½ jap. Zoll (50 cm) hoch und 12½ Zoll (38 cm) breit. Das 5—6 cm weite Loch im Deckel dient zum Einführen der Probe. In der Regel nimmt die Muffel nur einen mit Schmelzfarben versehenen Gegenstand auf. Für die Feuerung ist keinerlei besondere Vorrichtung vorhanden. Man verwendet Holzkohlen oder stark verkohlte Scheite, die man rings um die Muffel stellt und bis zum Rande derselben aufschichtet, wohl auch durch Eisendrähte ringsum zusammenhält. Der Deckel wird mit Hülfe einer langen Zange dann erst aufgesetzt, wenn das Feuer bis zum oberen Rande reicht. Gewöhnlich unterhält man dasselbe zwei Stunden lang und entfernt es rasch, sobald der genommene Probe- brand das vollkommene Einschmelzen der Emailfarben erkennen lässt. Dagegen darf der Deckel aus leicht begreiflichen Gründen erst nach genügender Abkühlung abgenommen werden. Als Abschleif- und Poliermittel der Zellenschmelzarbeiten dienen dieselben Körper, welche auch in der Lackindustrie benutzt werden, nämlich grob- und feinkörnige Sandsteine, Schiefer und Magnolien- holzkohle nach dem zweiten und dritten, respective vierten Brande, zum Abschleifen, Hirschhorn und Rapsöl zum Polieren. *) Bei der Darstellung des Toki-shippô oder Zellenschmelzes auf Porzellan in Nagoya und Kiôto, sowie des Awata-shippô oder Zellenschmelzes auf Awata-yaki in Kiôto, wird im allgemeinen ebenso verfahren, wie beim Shippô-yaki. Diejenigen Partieen der be- treffenden Thonwaaren, welche mit Email cloisonné verziert werden sollen, dürfen keine Glasur erhalten; die andern werden auf gewöhn- liche Art ausgestattet, d. h. mit Scharffeuerfarben unter der Glasur und mit Muffelfarben auf derselben. Ist dies geschehen, so stellt man in gleicher Weise, wie auf Kupfer, das Netz von Messingzellen her, d. h. die Umrisse der Blätter, Blüthenteile und Früchte, der Thiere und ihrer verschiedenen Bestandteile, der Mäander und anderer Figuren, kurzum aller einzelnen Elemente, aus welchen sich die ganze Email- verzierung zusammensetzen soll. Die Umrisse dieser Cloisons werden mit Tusch vorgezeichnet. Zur Befestigung verwendet man den fast *) Die Ordnung, in welcher die hier erwähnten Schleifmittel gewöhnlich an- gewendet werden, ist folgende: 1) Ara-to, ein grobkörniger grauer Sandstein aus Shinano, 2) Iyo-to, ein Sandstein aus Iyo, 3) Omura-do, ein feinkörniger weisser Sandstein von Omura in Hizen, 4) Joken-ji, ein gelblicher Thonsand- stein, 5) Tsu-shima-ishi, ein Wetzsteinschiefer von der Insel Tsu, 6) Ho-no- ki-sumi, Magnolienholzkohle.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/648
Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/648>, abgerufen am 24.11.2024.