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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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ist, so ergiebt sich daraus, dass die in Japan für Porzellan und Steingut
verwendeten Glasuren durchsichtige kalkreiche Gläser bilden, deren
Zusammensetzung indess nicht einer allgemeinen Regel folgt, sondern
in engem Zusammenhang mit derjenigen der übrigen Masse steht, mit
welcher sie sich ja innig verbinden müssen.

Die Porzellanöfen für den Hauptbrand bestehen aus einem sich
an einander reihenden System von Gewölben, deren Zahl und Grösse
keiner bestimmten Regel folgt, sondern vornehmlich vom Bedarf ab-
hängt. Gewöhnlich sind es 5--10, welche sich hinter und etwas über
einander auf einer schiefen Ebene derart erheben, dass die Sohle
jedes folgenden um 80--90 cm höher liegt, als die des vorhergehenden.
Bei grösseren Anlagen ist jedes Gewölbe 2 Ken (3,64 m) lang, 3 Ken
(5,46 m) breit und 8 Shaku (2,43 m) hoch. Die Feuerungen bilden,
wie beim Verglühofen, schmale Gänge nahe der Grenze je zweier Ge-
wölbe; auch hat jedes der letzteren ein besonderes Zugloch am oberen
Teil des Gewölbes auf derselben Seite, von der die Beschickung
stattfindet. Der Boden der Geschirrkammern ist mit Sand bedeckt, das
Garbrennen der Waare erfolgt teils in feuerfesten Kapseln, teils
ohne solche, indem der Gegenstand nur eine Chamotteplatte als Unter-
satz erhält. Ist Alles für den Brand vorbereitet, so wird das Haupt-
feuer am untersten Gewölbe angezündet und 6--12 Stunden lang unter-
halten. Hierauf folgen die Seitenfeuerungen der Reihe nach in Ab-
ständen von 1--2 Stunden derart, dass das eigentliche Brennen volle
24 Stunden dauert, dann folgt das Abkühlen, worauf 3--6 Tage ge-
rechnet werden. Die Flammen des untersten Gewölbes circulieren,
wie beim Glühofen, die heissen Gase treten zuletzt durch die Abzugs-
löcher in 80--90 cm Höhe ein in das zweite Gewölbe, und zwar am
Boden desselben gemäss seiner höheren Lage, und so fort. Ist die
Feuerung in einem Gewölbe beendet, so werden die nach aussen ge-
richteten Oeffnungen verstopft. Die zum Brennen der Waare nöthige
Hitze lernt man durch Erfahrung kennen. Sie muss in den oberen
Gewölben so gross sein, dass ein in eins der Probierlöcher gehaltenes
Scheit Holz sich sofort entzündet.

Ein aus feuerfestem Thone sorgfältig aufgebauter grösserer Brenn-
ofen lässt sich für 300--400 Mark herstellen und 12--15 Jahre lang
benutzen. Zum Schutz gegen Regen und heftige Winde wird er mit
einem leichten Dach überwölbt. In den grösseren Centren der In-
dustrie steigen oft 12, ja 20 und mehr parallel und in kurzer Ent-
fernung von einander an derselben Bergwand empor. Nicht selten
wird ein solcher Ofen, ähnlich wie das Gemeindebackhaus unserer
Dörfer, von verschiedenen Fabrikanten abwechselnd benutzt.

8. Keramik.
ist, so ergiebt sich daraus, dass die in Japan für Porzellan und Steingut
verwendeten Glasuren durchsichtige kalkreiche Gläser bilden, deren
Zusammensetzung indess nicht einer allgemeinen Regel folgt, sondern
in engem Zusammenhang mit derjenigen der übrigen Masse steht, mit
welcher sie sich ja innig verbinden müssen.

Die Porzellanöfen für den Hauptbrand bestehen aus einem sich
an einander reihenden System von Gewölben, deren Zahl und Grösse
keiner bestimmten Regel folgt, sondern vornehmlich vom Bedarf ab-
hängt. Gewöhnlich sind es 5—10, welche sich hinter und etwas über
einander auf einer schiefen Ebene derart erheben, dass die Sohle
jedes folgenden um 80—90 cm höher liegt, als die des vorhergehenden.
Bei grösseren Anlagen ist jedes Gewölbe 2 Ken (3,64 m) lang, 3 Ken
(5,46 m) breit und 8 Shaku (2,43 m) hoch. Die Feuerungen bilden,
wie beim Verglühofen, schmale Gänge nahe der Grenze je zweier Ge-
wölbe; auch hat jedes der letzteren ein besonderes Zugloch am oberen
Teil des Gewölbes auf derselben Seite, von der die Beschickung
stattfindet. Der Boden der Geschirrkammern ist mit Sand bedeckt, das
Garbrennen der Waare erfolgt teils in feuerfesten Kapseln, teils
ohne solche, indem der Gegenstand nur eine Chamotteplatte als Unter-
satz erhält. Ist Alles für den Brand vorbereitet, so wird das Haupt-
feuer am untersten Gewölbe angezündet und 6—12 Stunden lang unter-
halten. Hierauf folgen die Seitenfeuerungen der Reihe nach in Ab-
ständen von 1—2 Stunden derart, dass das eigentliche Brennen volle
24 Stunden dauert, dann folgt das Abkühlen, worauf 3—6 Tage ge-
rechnet werden. Die Flammen des untersten Gewölbes circulieren,
wie beim Glühofen, die heissen Gase treten zuletzt durch die Abzugs-
löcher in 80—90 cm Höhe ein in das zweite Gewölbe, und zwar am
Boden desselben gemäss seiner höheren Lage, und so fort. Ist die
Feuerung in einem Gewölbe beendet, so werden die nach aussen ge-
richteten Oeffnungen verstopft. Die zum Brennen der Waare nöthige
Hitze lernt man durch Erfahrung kennen. Sie muss in den oberen
Gewölben so gross sein, dass ein in eins der Probierlöcher gehaltenes
Scheit Holz sich sofort entzündet.

Ein aus feuerfestem Thone sorgfältig aufgebauter grösserer Brenn-
ofen lässt sich für 300—400 Mark herstellen und 12—15 Jahre lang
benutzen. Zum Schutz gegen Regen und heftige Winde wird er mit
einem leichten Dach überwölbt. In den grösseren Centren der In-
dustrie steigen oft 12, ja 20 und mehr parallel und in kurzer Ent-
fernung von einander an derselben Bergwand empor. Nicht selten
wird ein solcher Ofen, ähnlich wie das Gemeindebackhaus unserer
Dörfer, von verschiedenen Fabrikanten abwechselnd benutzt.

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[557/0607] 8. Keramik. ist, so ergiebt sich daraus, dass die in Japan für Porzellan und Steingut verwendeten Glasuren durchsichtige kalkreiche Gläser bilden, deren Zusammensetzung indess nicht einer allgemeinen Regel folgt, sondern in engem Zusammenhang mit derjenigen der übrigen Masse steht, mit welcher sie sich ja innig verbinden müssen. Die Porzellanöfen für den Hauptbrand bestehen aus einem sich an einander reihenden System von Gewölben, deren Zahl und Grösse keiner bestimmten Regel folgt, sondern vornehmlich vom Bedarf ab- hängt. Gewöhnlich sind es 5—10, welche sich hinter und etwas über einander auf einer schiefen Ebene derart erheben, dass die Sohle jedes folgenden um 80—90 cm höher liegt, als die des vorhergehenden. Bei grösseren Anlagen ist jedes Gewölbe 2 Ken (3,64 m) lang, 3 Ken (5,46 m) breit und 8 Shaku (2,43 m) hoch. Die Feuerungen bilden, wie beim Verglühofen, schmale Gänge nahe der Grenze je zweier Ge- wölbe; auch hat jedes der letzteren ein besonderes Zugloch am oberen Teil des Gewölbes auf derselben Seite, von der die Beschickung stattfindet. Der Boden der Geschirrkammern ist mit Sand bedeckt, das Garbrennen der Waare erfolgt teils in feuerfesten Kapseln, teils ohne solche, indem der Gegenstand nur eine Chamotteplatte als Unter- satz erhält. Ist Alles für den Brand vorbereitet, so wird das Haupt- feuer am untersten Gewölbe angezündet und 6—12 Stunden lang unter- halten. Hierauf folgen die Seitenfeuerungen der Reihe nach in Ab- ständen von 1—2 Stunden derart, dass das eigentliche Brennen volle 24 Stunden dauert, dann folgt das Abkühlen, worauf 3—6 Tage ge- rechnet werden. Die Flammen des untersten Gewölbes circulieren, wie beim Glühofen, die heissen Gase treten zuletzt durch die Abzugs- löcher in 80—90 cm Höhe ein in das zweite Gewölbe, und zwar am Boden desselben gemäss seiner höheren Lage, und so fort. Ist die Feuerung in einem Gewölbe beendet, so werden die nach aussen ge- richteten Oeffnungen verstopft. Die zum Brennen der Waare nöthige Hitze lernt man durch Erfahrung kennen. Sie muss in den oberen Gewölben so gross sein, dass ein in eins der Probierlöcher gehaltenes Scheit Holz sich sofort entzündet. Ein aus feuerfestem Thone sorgfältig aufgebauter grösserer Brenn- ofen lässt sich für 300—400 Mark herstellen und 12—15 Jahre lang benutzen. Zum Schutz gegen Regen und heftige Winde wird er mit einem leichten Dach überwölbt. In den grösseren Centren der In- dustrie steigen oft 12, ja 20 und mehr parallel und in kurzer Ent- fernung von einander an derselben Bergwand empor. Nicht selten wird ein solcher Ofen, ähnlich wie das Gemeindebackhaus unserer Dörfer, von verschiedenen Fabrikanten abwechselnd benutzt.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/607>, abgerufen am 23.11.2024.