wärts die Muster für die neuen Richtungen der Kunsttöpferei den Chinesen. Die von August dem Starken angelegte Porzellan- und Gefässsammlung wirkte in hohem Maasse anregend und belebend auf die Arbeiten von Böttger und seinen Gehülfen ein, so dass man nach- weisen kann, wie der ältere Meissener Stil daraus hervorgegangen ist.
Die japanische Sprache besitzt zwar ebensowenig, wie die chi- nesische ein Wort, welches das Porzellan scharf und unzweideutig von allen andern Thonwaaren unterscheidet; aber man hat andere Beweise genug, dass die Porzellanindustrie in Japan noch nicht 300 Jahre alt ist und ihre Einführung sich an die Expedition des Hideyoshi nach Korea (1592--1598 n. Ch.) knüpft. Documente aus jener Zeit, die theils geschriebene, theils mündlich überlieferte Geschichte der Porzellan- und Faience-Fabrikation in den verschiedenen Provinzen, sowie endlich auch ältere Erzeugnisse derselben, deren Ursprung man genau kennt, bestätigen, dass der Anfang in jene Zeit fällt und mit der unfrei- willigen Uebersiedelung koreanischer Töpfer durch die Daimio's von Satsuma, Hizen, Choshiu und mehrerer andern in deren Herrschaften im Jahre 1598 beginnt. Die Begründung der Kunsttöpferei durch diese Koreaner in Arita, Naeshirogawa, Kagoshima, Hagi und an andern Orten ist eine der wichtigsten Folgen jener Expedition zur Eroberung Koreas und Chinas gewesen. *)
Wie schon früher angedeutet wurde, pflegt der Japaner Thon- waaren nicht nach ihrem Charakter, sondern nach ihrem Ursprung zu benennen. Awata-yaki, Kutani-yaki, Seto-mono, Banko-yaki und Dutzende anderer Namen zeigen dies. Die Bezeichnungen Ishi-yaki für hartgebranntes, klingendes Porzellan und Steinzeug und Tsuchi- yaki für die weichere Irdenwaare kommen jedoch vor und verdienen allgemeine Annahme. Porzellan mit Kobaltdecoration unter der Glasur wird Some-tsuke genannt, und da solches für Haushaltungszwecke seit mehreren Jahrhunderten vornehmlich zu Seto in Owari in Menge verfertigt wird, so heisst Seto-mono (Setowaare) nicht blos dieses, sondern es wird auch überhaupt das blauverzierte Porzellan häufig so genannt. Die blaue Kobaltfarbe ist auch in Japan die älteste zur Ausschmückung des Porzellans und eben so, wie in China, noch immer die beliebteste, wie der Anblick eines jeden japanischen Porzellan- ladens beweist. (Ueber Gewinnung in Seto selbst siehe pg. 361).
*) Korea selbst, das jetzt gegenüber China und Japan arm erscheint, dessen Kunstgewerbe auf sehr niedriger Stufe steht, lieferte früher mancherlei Artikel von hohem künstlerischen Werthe, namentlich in Porzellan und Bronze.
8. Keramik.
wärts die Muster für die neuen Richtungen der Kunsttöpferei den Chinesen. Die von August dem Starken angelegte Porzellan- und Gefässsammlung wirkte in hohem Maasse anregend und belebend auf die Arbeiten von Böttger und seinen Gehülfen ein, so dass man nach- weisen kann, wie der ältere Meissener Stil daraus hervorgegangen ist.
Die japanische Sprache besitzt zwar ebensowenig, wie die chi- nesische ein Wort, welches das Porzellan scharf und unzweideutig von allen andern Thonwaaren unterscheidet; aber man hat andere Beweise genug, dass die Porzellanindustrie in Japan noch nicht 300 Jahre alt ist und ihre Einführung sich an die Expedition des Hideyoshi nach Korea (1592—1598 n. Ch.) knüpft. Documente aus jener Zeit, die theils geschriebene, theils mündlich überlieferte Geschichte der Porzellan- und Faience-Fabrikation in den verschiedenen Provinzen, sowie endlich auch ältere Erzeugnisse derselben, deren Ursprung man genau kennt, bestätigen, dass der Anfang in jene Zeit fällt und mit der unfrei- willigen Uebersiedelung koreanischer Töpfer durch die Daimiô’s von Satsuma, Hizen, Chôshiu und mehrerer andern in deren Herrschaften im Jahre 1598 beginnt. Die Begründung der Kunsttöpferei durch diese Koreaner in Arita, Naëshirogawa, Kagoshima, Hagi und an andern Orten ist eine der wichtigsten Folgen jener Expedition zur Eroberung Koreas und Chinas gewesen. *)
Wie schon früher angedeutet wurde, pflegt der Japaner Thon- waaren nicht nach ihrem Charakter, sondern nach ihrem Ursprung zu benennen. Awata-yaki, Kutani-yaki, Seto-mono, Banko-yaki und Dutzende anderer Namen zeigen dies. Die Bezeichnungen Ishi-yaki für hartgebranntes, klingendes Porzellan und Steinzeug und Tsuchi- yaki für die weichere Irdenwaare kommen jedoch vor und verdienen allgemeine Annahme. Porzellan mit Kobaltdecoration unter der Glasur wird Some-tsuke genannt, und da solches für Haushaltungszwecke seit mehreren Jahrhunderten vornehmlich zu Seto in Owari in Menge verfertigt wird, so heisst Seto-mono (Setowaare) nicht blos dieses, sondern es wird auch überhaupt das blauverzierte Porzellan häufig so genannt. Die blaue Kobaltfarbe ist auch in Japan die älteste zur Ausschmückung des Porzellans und eben so, wie in China, noch immer die beliebteste, wie der Anblick eines jeden japanischen Porzellan- ladens beweist. (Ueber Gewinnung in Seto selbst siehe pg. 361).
*) Korea selbst, das jetzt gegenüber China und Japan arm erscheint, dessen Kunstgewerbe auf sehr niedriger Stufe steht, lieferte früher mancherlei Artikel von hohem künstlerischen Werthe, namentlich in Porzellan und Bronze.
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8. Keramik.
wärts die Muster für die neuen Richtungen der Kunsttöpferei den
Chinesen. Die von August dem Starken angelegte Porzellan- und
Gefässsammlung wirkte in hohem Maasse anregend und belebend auf
die Arbeiten von Böttger und seinen Gehülfen ein, so dass man nach-
weisen kann, wie der ältere Meissener Stil daraus hervorgegangen ist.
Die japanische Sprache besitzt zwar ebensowenig, wie die chi-
nesische ein Wort, welches das Porzellan scharf und unzweideutig von
allen andern Thonwaaren unterscheidet; aber man hat andere Beweise
genug, dass die Porzellanindustrie in Japan noch nicht 300 Jahre alt
ist und ihre Einführung sich an die Expedition des Hideyoshi nach
Korea (1592—1598 n. Ch.) knüpft. Documente aus jener Zeit, die
theils geschriebene, theils mündlich überlieferte Geschichte der Porzellan-
und Faience-Fabrikation in den verschiedenen Provinzen, sowie endlich
auch ältere Erzeugnisse derselben, deren Ursprung man genau kennt,
bestätigen, dass der Anfang in jene Zeit fällt und mit der unfrei-
willigen Uebersiedelung koreanischer Töpfer durch die Daimiô’s von
Satsuma, Hizen, Chôshiu und mehrerer andern in deren Herrschaften
im Jahre 1598 beginnt. Die Begründung der Kunsttöpferei durch
diese Koreaner in Arita, Naëshirogawa, Kagoshima, Hagi und an
andern Orten ist eine der wichtigsten Folgen jener Expedition zur
Eroberung Koreas und Chinas gewesen. *)
Wie schon früher angedeutet wurde, pflegt der Japaner Thon-
waaren nicht nach ihrem Charakter, sondern nach ihrem Ursprung zu
benennen. Awata-yaki, Kutani-yaki, Seto-mono, Banko-yaki und
Dutzende anderer Namen zeigen dies. Die Bezeichnungen Ishi-yaki
für hartgebranntes, klingendes Porzellan und Steinzeug und Tsuchi-
yaki für die weichere Irdenwaare kommen jedoch vor und verdienen
allgemeine Annahme. Porzellan mit Kobaltdecoration unter der Glasur
wird Some-tsuke genannt, und da solches für Haushaltungszwecke
seit mehreren Jahrhunderten vornehmlich zu Seto in Owari in Menge
verfertigt wird, so heisst Seto-mono (Setowaare) nicht blos dieses,
sondern es wird auch überhaupt das blauverzierte Porzellan häufig so
genannt. Die blaue Kobaltfarbe ist auch in Japan die älteste zur
Ausschmückung des Porzellans und eben so, wie in China, noch immer
die beliebteste, wie der Anblick eines jeden japanischen Porzellan-
ladens beweist. (Ueber Gewinnung in Seto selbst siehe pg. 361).
*) Korea selbst, das jetzt gegenüber China und Japan arm erscheint, dessen
Kunstgewerbe auf sehr niedriger Stufe steht, lieferte früher mancherlei Artikel
von hohem künstlerischen Werthe, namentlich in Porzellan und Bronze.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/601>, abgerufen am 22.11.2024.
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