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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
schiede, dass man sich bei ihrer Anwendung besonders construirter
Maschinen, bei der einfachen Reihensaat dagegen blos der Hände und
etwa des Lochstechers bedient; es wird demnach jene mehr bei
grösserem landwirthschaftlichen Betriebe, diese aber vorwiegend beim
Kleinbauer und Gärtner in Anwendung kommen. Während letztere
die Reihensaat, von der die Stufensaat (z. B. bei Bohnen) nur eine
besondere Form ist, schon lange anwenden, war und ist noch immer
die Breitsaat in unserer Feldbestellung die Regel, welche erst in der
neueren Zeit auf grösseren Gütern nicht mehr streng befolgt wird.
In Südfrankreich z. B. um Bordeaux hat man die Reihencultur schon
längst streng durchgeführt und die Felder für Winterfrüchte dabei,
ähnlich wie in Japan, in lange schmale Beete getheilt.

Der chinesische und japanische Landwirth, welcher nur mit ein-
fachen Werkzeugen arbeitet, wendet die Reihen- und Stufensaat auf
fast alle seine Culturen an, mit Ausnahme der kleinen Saatbeete, auf
welchen er den Reis und mehrere andere Gewächse vorpflanzt. Sie
ist aufs innigste mit der ganzen Bewirthschaftungsweise der Felder
in Ostasien verbunden und gewährt eine Reihe grosser Vortheile, ein-
mal durch die Samenersparniss, gleichmässige Keimung, Bestockung
und Entwickelung als Folge davon, dass die Samen gleich tief und
gleich weit von einander zu liegen kommen, sodann und vor allem
aber desshalb, weil sie eine häufigere Lockerung und die Reinhaltung
des Bodens erleichtert, eine zweckmässige Anfeuchtung und Düngung
der Pflanzen während ihres Wachsthums ermöglicht und endlich die
Ansaat für eine zweite Cultur gestattet, wochenlang bevor die erste
erntereif ist. So wird z. B. in der Provinz Higo der Weizen im Herbst
in Reihen neben den reifenden Reis gesäet, bei Sakai in der Ebene
von Ozaka der Baumwollsamen im Frühjahr neben die Wintergerste.
Bei Tabak und Raps habe ich häufig eine Vorzucht im Saatbeet und
dann das Verpflanzen auf die frei gewordenen Felder wahrnehmen
können.

Bei dem lockeren, stein- und unkrautfreien Ackerboden kennt
man die Hindernisse nicht, welche anderwärts Steine und Quecken
der Drillsaat entgegenstellen und die Breitsaat nothwendig machen.
Dass letztere jedoch auf fruchtbarem Boden mit Geschick ausgeführt
im Getreidebau erfahrungsmässig reichere Ernten liefert, wegen der
dichteren Stellung der Halme, darf nicht verkannt werden.

Der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den Winter
über brach, weil dasselbe nicht reich genug, oder weil der Winter
zu lang ist, um eine zweite Ernte zu ermöglichen und dem Reis eine
Winterfrucht folgen zu lassen. Von Wasser durchtränkt und zum

1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
schiede, dass man sich bei ihrer Anwendung besonders construirter
Maschinen, bei der einfachen Reihensaat dagegen blos der Hände und
etwa des Lochstechers bedient; es wird demnach jene mehr bei
grösserem landwirthschaftlichen Betriebe, diese aber vorwiegend beim
Kleinbauer und Gärtner in Anwendung kommen. Während letztere
die Reihensaat, von der die Stufensaat (z. B. bei Bohnen) nur eine
besondere Form ist, schon lange anwenden, war und ist noch immer
die Breitsaat in unserer Feldbestellung die Regel, welche erst in der
neueren Zeit auf grösseren Gütern nicht mehr streng befolgt wird.
In Südfrankreich z. B. um Bordeaux hat man die Reihencultur schon
längst streng durchgeführt und die Felder für Winterfrüchte dabei,
ähnlich wie in Japan, in lange schmale Beete getheilt.

Der chinesische und japanische Landwirth, welcher nur mit ein-
fachen Werkzeugen arbeitet, wendet die Reihen- und Stufensaat auf
fast alle seine Culturen an, mit Ausnahme der kleinen Saatbeete, auf
welchen er den Reis und mehrere andere Gewächse vorpflanzt. Sie
ist aufs innigste mit der ganzen Bewirthschaftungsweise der Felder
in Ostasien verbunden und gewährt eine Reihe grosser Vortheile, ein-
mal durch die Samenersparniss, gleichmässige Keimung, Bestockung
und Entwickelung als Folge davon, dass die Samen gleich tief und
gleich weit von einander zu liegen kommen, sodann und vor allem
aber desshalb, weil sie eine häufigere Lockerung und die Reinhaltung
des Bodens erleichtert, eine zweckmässige Anfeuchtung und Düngung
der Pflanzen während ihres Wachsthums ermöglicht und endlich die
Ansaat für eine zweite Cultur gestattet, wochenlang bevor die erste
erntereif ist. So wird z. B. in der Provinz Higo der Weizen im Herbst
in Reihen neben den reifenden Reis gesäet, bei Sakai in der Ebene
von Ôzaka der Baumwollsamen im Frühjahr neben die Wintergerste.
Bei Tabak und Raps habe ich häufig eine Vorzucht im Saatbeet und
dann das Verpflanzen auf die frei gewordenen Felder wahrnehmen
können.

Bei dem lockeren, stein- und unkrautfreien Ackerboden kennt
man die Hindernisse nicht, welche anderwärts Steine und Quecken
der Drillsaat entgegenstellen und die Breitsaat nothwendig machen.
Dass letztere jedoch auf fruchtbarem Boden mit Geschick ausgeführt
im Getreidebau erfahrungsmässig reichere Ernten liefert, wegen der
dichteren Stellung der Halme, darf nicht verkannt werden.

Der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den Winter
über brach, weil dasselbe nicht reich genug, oder weil der Winter
zu lang ist, um eine zweite Ernte zu ermöglichen und dem Reis eine
Winterfrucht folgen zu lassen. Von Wasser durchtränkt und zum

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[39/0059] 1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen. schiede, dass man sich bei ihrer Anwendung besonders construirter Maschinen, bei der einfachen Reihensaat dagegen blos der Hände und etwa des Lochstechers bedient; es wird demnach jene mehr bei grösserem landwirthschaftlichen Betriebe, diese aber vorwiegend beim Kleinbauer und Gärtner in Anwendung kommen. Während letztere die Reihensaat, von der die Stufensaat (z. B. bei Bohnen) nur eine besondere Form ist, schon lange anwenden, war und ist noch immer die Breitsaat in unserer Feldbestellung die Regel, welche erst in der neueren Zeit auf grösseren Gütern nicht mehr streng befolgt wird. In Südfrankreich z. B. um Bordeaux hat man die Reihencultur schon längst streng durchgeführt und die Felder für Winterfrüchte dabei, ähnlich wie in Japan, in lange schmale Beete getheilt. Der chinesische und japanische Landwirth, welcher nur mit ein- fachen Werkzeugen arbeitet, wendet die Reihen- und Stufensaat auf fast alle seine Culturen an, mit Ausnahme der kleinen Saatbeete, auf welchen er den Reis und mehrere andere Gewächse vorpflanzt. Sie ist aufs innigste mit der ganzen Bewirthschaftungsweise der Felder in Ostasien verbunden und gewährt eine Reihe grosser Vortheile, ein- mal durch die Samenersparniss, gleichmässige Keimung, Bestockung und Entwickelung als Folge davon, dass die Samen gleich tief und gleich weit von einander zu liegen kommen, sodann und vor allem aber desshalb, weil sie eine häufigere Lockerung und die Reinhaltung des Bodens erleichtert, eine zweckmässige Anfeuchtung und Düngung der Pflanzen während ihres Wachsthums ermöglicht und endlich die Ansaat für eine zweite Cultur gestattet, wochenlang bevor die erste erntereif ist. So wird z. B. in der Provinz Higo der Weizen im Herbst in Reihen neben den reifenden Reis gesäet, bei Sakai in der Ebene von Ôzaka der Baumwollsamen im Frühjahr neben die Wintergerste. Bei Tabak und Raps habe ich häufig eine Vorzucht im Saatbeet und dann das Verpflanzen auf die frei gewordenen Felder wahrnehmen können. Bei dem lockeren, stein- und unkrautfreien Ackerboden kennt man die Hindernisse nicht, welche anderwärts Steine und Quecken der Drillsaat entgegenstellen und die Breitsaat nothwendig machen. Dass letztere jedoch auf fruchtbarem Boden mit Geschick ausgeführt im Getreidebau erfahrungsmässig reichere Ernten liefert, wegen der dichteren Stellung der Halme, darf nicht verkannt werden. Der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den Winter über brach, weil dasselbe nicht reich genug, oder weil der Winter zu lang ist, um eine zweite Ernte zu ermöglichen und dem Reis eine Winterfrucht folgen zu lassen. Von Wasser durchtränkt und zum

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/59>, abgerufen am 23.04.2024.