dass solches Reisland, nachdem es mit Dämmen versehen und über- rieselt wurde, noch mit der Hacke und den Händen zu einem möglichst ebenen und gleichmässigen Schlamm durchgearbeitet wird, so erkennt man, dass ungeachtet des Pfluges auch hier Tiefcultur stattfindet.
Als Egge (Maguwa, spr. Magwa) dient oft ein Apparat, der mehr einem grossen Rechen gleicht, indem der wesentliche Theil aus einer Holzplatte mit einer Reihe hölzerner oder eiserner Nägel besteht. Derselben sind nach vorn zwei parallele Stangen mit Vorrichtung zum Anspannen des Zugthieres angefügt, nach oben aber ein Galgen als Handhabe. Doch gibt es auch hiervon viele Modificationen.
Wagen (Kuruma) kommen in der japanischen Landwirthschaft gar nicht in Anwendung; selbst der beim Chinesen so beliebte Schub- karren (Ichirin-sha) fehlt dem Lande fast vollständig. In Traglasten an beiden Enden einer über die Schulter gelegten Stange, oder auf dem Rücken eines Lastpferdes oder Ochsen bringt man den Dünger und Samen aufs Feld und andererseits dessen Produkte nach Hause oder zu Markt.
Besonders einfach, oder besser gesagt, primitiv ist die Körner- gewinnung. Da das Stroh vornehmlich zu Geflechten mancherlei Art, wie Seilen, Sandalen (auch für Lastthiere), Matten, aber auch zur Dachbedeckung und theilweisen Einstreuung dient, werden die Halm- früchte in der Regel wie bei uns mit einer Sichel (Kama) nahe der Erde abgeschnitten, in kleine Handgarben gebunden und entweder an den Feldrändern um die Stämme von Erlen oder andern Bäumen, oder auch vor den Häusern aufgestapelt und, wenn nöthig, der Sonne zum Trocknen und Nachreifen ausgesetzt.
Indem man ein solches Bündel an den Halmen erfasst und in den Händen ausbreitet, zieht man es zwischen den Stahl- oder Bam- busrohr-Zinken eines Reffs (Ine-kogi oder Mugi-kogi) von 30--40 cm Breite durch und trennt so Aehren und Rispen vom Stroh. Statt eines solchen Reffs benutzt der ärmere Mann wohl auch ein Stück Bambus- rohr mit gabelförmigem Einschnitt oder einen Streichkamm (Kushi) aus demselben Material. Die Rispen des Reis und der Hirse oder viel- mehr ihre Körner werden auch häufig dadurch vom Stroh getrennt, dass man die Halme mit ihnen wider den Rand einer Bütte schlägt. Man wird fragen: Hat denn der Japaner keine Dreschflegel? -- Aller- dings finden wir mit der Benennung Kara-sao und Kururi auch solche in Anwendung, aber von welch plumper, ungeeigneter Form! Sie be- stehen aus einem cylindrischen Stück Holz, das mit einem Seil an eine Stange gebunden ist, so dass man weder ordentlich ausholen, noch wuchtig drein schlagen kann. Gedroschen werden übrigens nur die
1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
dass solches Reisland, nachdem es mit Dämmen versehen und über- rieselt wurde, noch mit der Hacke und den Händen zu einem möglichst ebenen und gleichmässigen Schlamm durchgearbeitet wird, so erkennt man, dass ungeachtet des Pfluges auch hier Tiefcultur stattfindet.
Als Egge (Maguwa, spr. Magwa) dient oft ein Apparat, der mehr einem grossen Rechen gleicht, indem der wesentliche Theil aus einer Holzplatte mit einer Reihe hölzerner oder eiserner Nägel besteht. Derselben sind nach vorn zwei parallele Stangen mit Vorrichtung zum Anspannen des Zugthieres angefügt, nach oben aber ein Galgen als Handhabe. Doch gibt es auch hiervon viele Modificationen.
Wagen (Kuruma) kommen in der japanischen Landwirthschaft gar nicht in Anwendung; selbst der beim Chinesen so beliebte Schub- karren (Ichirin-sha) fehlt dem Lande fast vollständig. In Traglasten an beiden Enden einer über die Schulter gelegten Stange, oder auf dem Rücken eines Lastpferdes oder Ochsen bringt man den Dünger und Samen aufs Feld und andererseits dessen Produkte nach Hause oder zu Markt.
Besonders einfach, oder besser gesagt, primitiv ist die Körner- gewinnung. Da das Stroh vornehmlich zu Geflechten mancherlei Art, wie Seilen, Sandalen (auch für Lastthiere), Matten, aber auch zur Dachbedeckung und theilweisen Einstreuung dient, werden die Halm- früchte in der Regel wie bei uns mit einer Sichel (Kama) nahe der Erde abgeschnitten, in kleine Handgarben gebunden und entweder an den Feldrändern um die Stämme von Erlen oder andern Bäumen, oder auch vor den Häusern aufgestapelt und, wenn nöthig, der Sonne zum Trocknen und Nachreifen ausgesetzt.
Indem man ein solches Bündel an den Halmen erfasst und in den Händen ausbreitet, zieht man es zwischen den Stahl- oder Bam- busrohr-Zinken eines Reffs (Ine-kogi oder Mugi-kogi) von 30—40 cm Breite durch und trennt so Aehren und Rispen vom Stroh. Statt eines solchen Reffs benutzt der ärmere Mann wohl auch ein Stück Bambus- rohr mit gabelförmigem Einschnitt oder einen Streichkamm (Kushi) aus demselben Material. Die Rispen des Reis und der Hirse oder viel- mehr ihre Körner werden auch häufig dadurch vom Stroh getrennt, dass man die Halme mit ihnen wider den Rand einer Bütte schlägt. Man wird fragen: Hat denn der Japaner keine Dreschflegel? — Aller- dings finden wir mit der Benennung Kara-sao und Kururi auch solche in Anwendung, aber von welch plumper, ungeeigneter Form! Sie be- stehen aus einem cylindrischen Stück Holz, das mit einem Seil an eine Stange gebunden ist, so dass man weder ordentlich ausholen, noch wuchtig drein schlagen kann. Gedroschen werden übrigens nur die
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1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
dass solches Reisland, nachdem es mit Dämmen versehen und über-
rieselt wurde, noch mit der Hacke und den Händen zu einem möglichst
ebenen und gleichmässigen Schlamm durchgearbeitet wird, so erkennt
man, dass ungeachtet des Pfluges auch hier Tiefcultur stattfindet.
Als Egge (Maguwa, spr. Magwa) dient oft ein Apparat, der mehr
einem grossen Rechen gleicht, indem der wesentliche Theil aus einer
Holzplatte mit einer Reihe hölzerner oder eiserner Nägel besteht.
Derselben sind nach vorn zwei parallele Stangen mit Vorrichtung zum
Anspannen des Zugthieres angefügt, nach oben aber ein Galgen als
Handhabe. Doch gibt es auch hiervon viele Modificationen.
Wagen (Kuruma) kommen in der japanischen Landwirthschaft
gar nicht in Anwendung; selbst der beim Chinesen so beliebte Schub-
karren (Ichirin-sha) fehlt dem Lande fast vollständig. In Traglasten
an beiden Enden einer über die Schulter gelegten Stange, oder auf
dem Rücken eines Lastpferdes oder Ochsen bringt man den Dünger
und Samen aufs Feld und andererseits dessen Produkte nach Hause
oder zu Markt.
Besonders einfach, oder besser gesagt, primitiv ist die Körner-
gewinnung. Da das Stroh vornehmlich zu Geflechten mancherlei Art,
wie Seilen, Sandalen (auch für Lastthiere), Matten, aber auch zur
Dachbedeckung und theilweisen Einstreuung dient, werden die Halm-
früchte in der Regel wie bei uns mit einer Sichel (Kama) nahe der
Erde abgeschnitten, in kleine Handgarben gebunden und entweder
an den Feldrändern um die Stämme von Erlen oder andern Bäumen,
oder auch vor den Häusern aufgestapelt und, wenn nöthig, der Sonne
zum Trocknen und Nachreifen ausgesetzt.
Indem man ein solches Bündel an den Halmen erfasst und in
den Händen ausbreitet, zieht man es zwischen den Stahl- oder Bam-
busrohr-Zinken eines Reffs (Ine-kogi oder Mugi-kogi) von 30—40 cm
Breite durch und trennt so Aehren und Rispen vom Stroh. Statt eines
solchen Reffs benutzt der ärmere Mann wohl auch ein Stück Bambus-
rohr mit gabelförmigem Einschnitt oder einen Streichkamm (Kushi)
aus demselben Material. Die Rispen des Reis und der Hirse oder viel-
mehr ihre Körner werden auch häufig dadurch vom Stroh getrennt, dass
man die Halme mit ihnen wider den Rand einer Bütte schlägt. Man
wird fragen: Hat denn der Japaner keine Dreschflegel? — Aller-
dings finden wir mit der Benennung Kara-sao und Kururi auch solche
in Anwendung, aber von welch plumper, ungeeigneter Form! Sie be-
stehen aus einem cylindrischen Stück Holz, das mit einem Seil an eine
Stange gebunden ist, so dass man weder ordentlich ausholen, noch
wuchtig drein schlagen kann. Gedroschen werden übrigens nur die
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/57>, abgerufen am 25.11.2024.
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