6. Holz-, Elfenbein- u. Beinschnitzerei. Schildpatt-, Horn- etc. Arbeiten.
derart, dass solche von 6--10 cm Durchmesser mit 300--600 yen be- zahlt wurden. Die europäischen Nachahmungen dieser theuren Berg- krystallkugeln in Glas (Biidoro) werden leicht an ihrem mehr oder minder starken bläulichen Schimmer, ihrem geringen Wärmeleitungs- vermögen -- sie fühlen sich in Folge dessen weniger kalt an -- und an ihrer geringeren Härte erkannt, haben aber dennoch die Werth- schätzung der echten und damit die Bedeutung der ganzen Industrie sehr herabgedrückt. Es ist damit ähnlich gegangen, wie in Europa, wo seit der Entwickelung der Glasindustrie -- und offenbar durch die- selbe -- das Schleifen kostbarer Hohlgefässe aus Bergkrystall, wie man sie häufig in alten Sammlungen findet und bewundert, welches im Mittelalter ein nicht unbedeutender Zweig des Kunstgewerbes war, fast vollständig aufgegeben wurde.
Die Japaner scheinen den Hohlschliff nur bei dem weicheren Mar- mor, nicht aber auf Bergkrystall angewandt zu haben. Aus diesem stellen sie noch immer vornehmlich Kugeln (auch zu werthvollen bud- dhistischen Rosenkränzen oder Jau-dzu), Linsen und Würfel, sodann schöne Uhrgehänge von verschiedener Gestalt, Knöpfe und andere kleinere Gegenstände dar, wie man sie nicht blos in den Schleifereien selbst, sondern auch in Yokohama, Kioto und andern Städten kaufen kann.
Oft finden sich in den japanischen Bergkrystallen prächtige Bü- schel von haarförmigem Amiant. Man nennt sie dann Kusa-iri- sui-sho, d. h. Gras enthaltende Bergkrystalle, und die Amiantbüschel selbst Kusa, Gras, Bezeichnungen, zu welchen die Gestalt und Farbe der Einschlüsse leicht Anlass gaben; denn dieselben erinnern lebhaft an Grasbüschel, welche von klarem Eise eingeschlossen sind.
Murasaki-sui-sho, d. h. violetter Bergkrystall oder Amethyst, findet sich in Japan selten von so ausgeprägter Schönheit, um als Halb- edelstein benutzt zu werden. Cha-sui-sho, d. h. theefarbiger Berg- krystall (Rauchtopas), kommt dagegen häufig vor. An Durchsichtigkeit und Klarheit übertrifft der japanische Bergkrystall den chinesischen. Man findet ihn in vielen Provinzen; doch hat Koshiu mit dem Kim- puzan, Mii-take, Komaga-take und andern Bergen als hervorragendste Fundstätte alten Ruf. Sui-sho und Amabata-ishi gehören gleich Trauben zu den Mei-butsu oder berühmten Produkten von Koshiu.
Als Schleifmittel der japanischen Halbedelsteine (Bergkrystall und Achat), sowie der Brillengläser, dient Granat- (Almandin-) Sand. Der- selbe findet sich an verschiedenen Orten Japans, kommt aber vor- nehmlich von einem langgestreckten Bergrücken, dem Kongo-san,
6. Holz-, Elfenbein- u. Beinschnitzerei. Schildpatt-, Horn- etc. Arbeiten.
derart, dass solche von 6—10 cm Durchmesser mit 300—600 yen be- zahlt wurden. Die europäischen Nachahmungen dieser theuren Berg- krystallkugeln in Glas (Biidoro) werden leicht an ihrem mehr oder minder starken bläulichen Schimmer, ihrem geringen Wärmeleitungs- vermögen — sie fühlen sich in Folge dessen weniger kalt an — und an ihrer geringeren Härte erkannt, haben aber dennoch die Werth- schätzung der echten und damit die Bedeutung der ganzen Industrie sehr herabgedrückt. Es ist damit ähnlich gegangen, wie in Europa, wo seit der Entwickelung der Glasindustrie — und offenbar durch die- selbe — das Schleifen kostbarer Hohlgefässe aus Bergkrystall, wie man sie häufig in alten Sammlungen findet und bewundert, welches im Mittelalter ein nicht unbedeutender Zweig des Kunstgewerbes war, fast vollständig aufgegeben wurde.
Die Japaner scheinen den Hohlschliff nur bei dem weicheren Mar- mor, nicht aber auf Bergkrystall angewandt zu haben. Aus diesem stellen sie noch immer vornehmlich Kugeln (auch zu werthvollen bud- dhistischen Rosenkränzen oder Jû-dzu), Linsen und Würfel, sodann schöne Uhrgehänge von verschiedener Gestalt, Knöpfe und andere kleinere Gegenstände dar, wie man sie nicht blos in den Schleifereien selbst, sondern auch in Yokohama, Kiôto und andern Städten kaufen kann.
Oft finden sich in den japanischen Bergkrystallen prächtige Bü- schel von haarförmigem Amiant. Man nennt sie dann Kusa-iri- sui-shô, d. h. Gras enthaltende Bergkrystalle, und die Amiantbüschel selbst Kusa, Gras, Bezeichnungen, zu welchen die Gestalt und Farbe der Einschlüsse leicht Anlass gaben; denn dieselben erinnern lebhaft an Grasbüschel, welche von klarem Eise eingeschlossen sind.
Murasaki-sui-shô, d. h. violetter Bergkrystall oder Amethyst, findet sich in Japan selten von so ausgeprägter Schönheit, um als Halb- edelstein benutzt zu werden. Cha-sui-shô, d. h. theefarbiger Berg- krystall (Rauchtopas), kommt dagegen häufig vor. An Durchsichtigkeit und Klarheit übertrifft der japanische Bergkrystall den chinesischen. Man findet ihn in vielen Provinzen; doch hat Kôshiu mit dem Kim- puzan, Mii-take, Komaga-take und andern Bergen als hervorragendste Fundstätte alten Ruf. Sui-shô und Amabata-ishi gehören gleich Trauben zu den Mei-butsu oder berühmten Produkten von Kôshiu.
Als Schleifmittel der japanischen Halbedelsteine (Bergkrystall und Achat), sowie der Brillengläser, dient Granat- (Almandin-) Sand. Der- selbe findet sich an verschiedenen Orten Japans, kommt aber vor- nehmlich von einem langgestreckten Bergrücken, dem Kongô-san,
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derart, dass solche von 6—10 cm Durchmesser mit 300—600 yen be-
zahlt wurden. Die europäischen Nachahmungen dieser theuren Berg-
krystallkugeln in Glas (Biidoro) werden leicht an ihrem mehr oder
minder starken bläulichen Schimmer, ihrem geringen Wärmeleitungs-
vermögen — sie fühlen sich in Folge dessen weniger kalt an — und
an ihrer geringeren Härte erkannt, haben aber dennoch die Werth-
schätzung der echten und damit die Bedeutung der ganzen Industrie
sehr herabgedrückt. Es ist damit ähnlich gegangen, wie in Europa,
wo seit der Entwickelung der Glasindustrie — und offenbar durch die-
selbe — das Schleifen kostbarer Hohlgefässe aus Bergkrystall, wie
man sie häufig in alten Sammlungen findet und bewundert, welches
im Mittelalter ein nicht unbedeutender Zweig des Kunstgewerbes war,
fast vollständig aufgegeben wurde.
Die Japaner scheinen den Hohlschliff nur bei dem weicheren Mar-
mor, nicht aber auf Bergkrystall angewandt zu haben. Aus diesem
stellen sie noch immer vornehmlich Kugeln (auch zu werthvollen bud-
dhistischen Rosenkränzen oder Jû-dzu), Linsen und Würfel, sodann
schöne Uhrgehänge von verschiedener Gestalt, Knöpfe und andere
kleinere Gegenstände dar, wie man sie nicht blos in den Schleifereien
selbst, sondern auch in Yokohama, Kiôto und andern Städten kaufen
kann.
Oft finden sich in den japanischen Bergkrystallen prächtige Bü-
schel von haarförmigem Amiant. Man nennt sie dann Kusa-iri-
sui-shô, d. h. Gras enthaltende Bergkrystalle, und die Amiantbüschel
selbst Kusa, Gras, Bezeichnungen, zu welchen die Gestalt und Farbe
der Einschlüsse leicht Anlass gaben; denn dieselben erinnern lebhaft
an Grasbüschel, welche von klarem Eise eingeschlossen sind.
Murasaki-sui-shô, d. h. violetter Bergkrystall oder Amethyst,
findet sich in Japan selten von so ausgeprägter Schönheit, um als Halb-
edelstein benutzt zu werden. Cha-sui-shô, d. h. theefarbiger Berg-
krystall (Rauchtopas), kommt dagegen häufig vor. An Durchsichtigkeit
und Klarheit übertrifft der japanische Bergkrystall den chinesischen.
Man findet ihn in vielen Provinzen; doch hat Kôshiu mit dem Kim-
puzan, Mii-take, Komaga-take und andern Bergen als hervorragendste
Fundstätte alten Ruf. Sui-shô und Amabata-ishi gehören gleich
Trauben zu den Mei-butsu oder berühmten Produkten von Kôshiu.
Als Schleifmittel der japanischen Halbedelsteine (Bergkrystall und
Achat), sowie der Brillengläser, dient Granat- (Almandin-) Sand. Der-
selbe findet sich an verschiedenen Orten Japans, kommt aber vor-
nehmlich von einem langgestreckten Bergrücken, dem Kongô-san,
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/551>, abgerufen am 22.11.2024.
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