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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Moschus, Kampfer oder ein anderer aromatischer Stoff wird in geringer
Menge der Tuschmasse beigemengt, um den unangenehmen Geruch
des Leims zu verhüllen, ist aber nicht wesentlich.

Der Kienruss (Susu), dessen man sich ehedem bediente, wurde
später durch Lampenruss, jap. Yu-yen, ersetzt, den man zwar durch
unvollständige Verbrennung irgend eines Fettes oder fetten Oeles ge-
winnen kann, zu dessen Darstellung man aber in Japan und mehr
noch in China am besten und mit Vorliebe das Dokuye-no abura
oder Oel der Elaeococca cordata Bl. (Dryandra cordata Thunbg., siehe
pg. 183) verwendet, von welchem 100 Catties (a 600 gr) 8 Catties
reines Lampenschwarz liefern.

Die dabei verwendeten Lampen sind kleine Tiegel oder Schalen
aus Steinzeug von etwa 14 cm Durchmesser, mit Dochten aus Binsen-
mark. Ein kegelförmiger Russfänger aus gebranntem Thon wird dar-
über gestülpt und von Stunde zu Stunde durch einen neuen für jede
Lampe ersetzt, vom alten aber nachher mit der Fahne einer Feder
der Russ sorgfältig ab- und zusammengekehrt. Man lässt letzteren
zur Reinigung durch ein sehr feines Haarsieb gehen. Als Bindemittel
fungiert Leim, japanisch Ni-kawa, von Ochsenhäuten und Fischleim,
beide in möglichst hellen Sorten. Auf 10 Catties Lampenschwarz vom
Oel der Dryandra cordata Thunb. rechnet man 4 Catties alten Ochsen-
hautleim und 1/2 Catty alten Fischleim. Diese Bestandtheile werden,
nachdem der Leim mit dem nöthigen Wasser gekocht worden ist, in
weiten Porzellanschalen innig gemengt. Da der Russ das Wasser ab-
stösst, ist dies eine ziemlich mühsame Arbeit. Nach ihrer Beendigung
verwandelt man die Masse, welche sich nun wie Brotteig kneten und
formen lässt, in runde Ballen, welche in Leinwand eingeschlagen, in
eine Faiencevase mit netzartig durchlöchertem Boden gelegt und hier
während 15 Minuten der Einwirkung durchstreichenden Wasserdampfes
ausgesetzt werden. Darauf wird die Masse aus ihrer Hülle wieder
herausgenommen und in einem Mörser mindestens vier Stunden lang
mit Stempeln durchgearbeitet, bis sie völlig homogen und bildsam ge-
worden ist. Man formt sie nunmehr in grössere prismatische Stäbe
um, welche man für einige Augenblicke in einem Topf etwa 50° Wärme
aussetzt und dann in kleinere Stangen zerlegt, annähernd entsprechend
den Tuschstücken, welche man haben will. Diese Stücke werden
dann auf einer Art Ambos mit hölzernen Hämmern und unter bestän-
digem Wenden so lange geschlagen, bis nicht nur die rechte Form,
sondern auch der erwünschte Glanz erzielt ist. Sie werden nunmehr
auf einem glatten Tisch nochmals einzeln geknetet unter Beifügung
geeigneter Mengen des Moschus oder einer andern wohlriechenden

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Moschus, Kampfer oder ein anderer aromatischer Stoff wird in geringer
Menge der Tuschmasse beigemengt, um den unangenehmen Geruch
des Leims zu verhüllen, ist aber nicht wesentlich.

Der Kienruss (Susu), dessen man sich ehedem bediente, wurde
später durch Lampenruss, jap. Yu-yen, ersetzt, den man zwar durch
unvollständige Verbrennung irgend eines Fettes oder fetten Oeles ge-
winnen kann, zu dessen Darstellung man aber in Japan und mehr
noch in China am besten und mit Vorliebe das Dokuye-no abura
oder Oel der Elaeococca cordata Bl. (Dryandra cordata Thunbg., siehe
pg. 183) verwendet, von welchem 100 Catties (à 600 gr) 8 Catties
reines Lampenschwarz liefern.

Die dabei verwendeten Lampen sind kleine Tiegel oder Schalen
aus Steinzeug von etwa 14 cm Durchmesser, mit Dochten aus Binsen-
mark. Ein kegelförmiger Russfänger aus gebranntem Thon wird dar-
über gestülpt und von Stunde zu Stunde durch einen neuen für jede
Lampe ersetzt, vom alten aber nachher mit der Fahne einer Feder
der Russ sorgfältig ab- und zusammengekehrt. Man lässt letzteren
zur Reinigung durch ein sehr feines Haarsieb gehen. Als Bindemittel
fungiert Leim, japanisch Ni-kawa, von Ochsenhäuten und Fischleim,
beide in möglichst hellen Sorten. Auf 10 Catties Lampenschwarz vom
Oel der Dryandra cordata Thunb. rechnet man 4 Catties alten Ochsen-
hautleim und ½ Catty alten Fischleim. Diese Bestandtheile werden,
nachdem der Leim mit dem nöthigen Wasser gekocht worden ist, in
weiten Porzellanschalen innig gemengt. Da der Russ das Wasser ab-
stösst, ist dies eine ziemlich mühsame Arbeit. Nach ihrer Beendigung
verwandelt man die Masse, welche sich nun wie Brotteig kneten und
formen lässt, in runde Ballen, welche in Leinwand eingeschlagen, in
eine Faiencevase mit netzartig durchlöchertem Boden gelegt und hier
während 15 Minuten der Einwirkung durchstreichenden Wasserdampfes
ausgesetzt werden. Darauf wird die Masse aus ihrer Hülle wieder
herausgenommen und in einem Mörser mindestens vier Stunden lang
mit Stempeln durchgearbeitet, bis sie völlig homogen und bildsam ge-
worden ist. Man formt sie nunmehr in grössere prismatische Stäbe
um, welche man für einige Augenblicke in einem Topf etwa 50° Wärme
aussetzt und dann in kleinere Stangen zerlegt, annähernd entsprechend
den Tuschstücken, welche man haben will. Diese Stücke werden
dann auf einer Art Ambos mit hölzernen Hämmern und unter bestän-
digem Wenden so lange geschlagen, bis nicht nur die rechte Form,
sondern auch der erwünschte Glanz erzielt ist. Sie werden nunmehr
auf einem glatten Tisch nochmals einzeln geknetet unter Beifügung
geeigneter Mengen des Moschus oder einer andern wohlriechenden

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[498/0542] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. Moschus, Kampfer oder ein anderer aromatischer Stoff wird in geringer Menge der Tuschmasse beigemengt, um den unangenehmen Geruch des Leims zu verhüllen, ist aber nicht wesentlich. Der Kienruss (Susu), dessen man sich ehedem bediente, wurde später durch Lampenruss, jap. Yu-yen, ersetzt, den man zwar durch unvollständige Verbrennung irgend eines Fettes oder fetten Oeles ge- winnen kann, zu dessen Darstellung man aber in Japan und mehr noch in China am besten und mit Vorliebe das Dokuye-no abura oder Oel der Elaeococca cordata Bl. (Dryandra cordata Thunbg., siehe pg. 183) verwendet, von welchem 100 Catties (à 600 gr) 8 Catties reines Lampenschwarz liefern. Die dabei verwendeten Lampen sind kleine Tiegel oder Schalen aus Steinzeug von etwa 14 cm Durchmesser, mit Dochten aus Binsen- mark. Ein kegelförmiger Russfänger aus gebranntem Thon wird dar- über gestülpt und von Stunde zu Stunde durch einen neuen für jede Lampe ersetzt, vom alten aber nachher mit der Fahne einer Feder der Russ sorgfältig ab- und zusammengekehrt. Man lässt letzteren zur Reinigung durch ein sehr feines Haarsieb gehen. Als Bindemittel fungiert Leim, japanisch Ni-kawa, von Ochsenhäuten und Fischleim, beide in möglichst hellen Sorten. Auf 10 Catties Lampenschwarz vom Oel der Dryandra cordata Thunb. rechnet man 4 Catties alten Ochsen- hautleim und ½ Catty alten Fischleim. Diese Bestandtheile werden, nachdem der Leim mit dem nöthigen Wasser gekocht worden ist, in weiten Porzellanschalen innig gemengt. Da der Russ das Wasser ab- stösst, ist dies eine ziemlich mühsame Arbeit. Nach ihrer Beendigung verwandelt man die Masse, welche sich nun wie Brotteig kneten und formen lässt, in runde Ballen, welche in Leinwand eingeschlagen, in eine Faiencevase mit netzartig durchlöchertem Boden gelegt und hier während 15 Minuten der Einwirkung durchstreichenden Wasserdampfes ausgesetzt werden. Darauf wird die Masse aus ihrer Hülle wieder herausgenommen und in einem Mörser mindestens vier Stunden lang mit Stempeln durchgearbeitet, bis sie völlig homogen und bildsam ge- worden ist. Man formt sie nunmehr in grössere prismatische Stäbe um, welche man für einige Augenblicke in einem Topf etwa 50° Wärme aussetzt und dann in kleinere Stangen zerlegt, annähernd entsprechend den Tuschstücken, welche man haben will. Diese Stücke werden dann auf einer Art Ambos mit hölzernen Hämmern und unter bestän- digem Wenden so lange geschlagen, bis nicht nur die rechte Form, sondern auch der erwünschte Glanz erzielt ist. Sie werden nunmehr auf einem glatten Tisch nochmals einzeln geknetet unter Beifügung geeigneter Mengen des Moschus oder einer andern wohlriechenden

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/542>, abgerufen am 04.05.2024.