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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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7. Gartenbau.
weissen Blüthen abgeleitet hat, unter denen namentlich diejenigen mit
sehr grossen gefüllten Blüthen auffallen.

Die Sakura wird von japanischen Dichtern fast ebensoviel be-
sungen, wie die Mume, und im Kunstgewerbe gleichfalls oft nachge-
bildet. Dazu wählt man stets die einfache Blüthenform der Yama-
sakura. Man erkennt sie auf Decorationen leicht durch die mitauf-
tretenden Blätter.

Zur Blüthezeit der Sakura herrschen schon die milden Lüfte des
Südwestmonsuns. Die Natur ist in ihrer vollen Entwickelung und
ladet von neuem ins Freie ein. Es ist ein altgewohntes Vergnügen un-
schuldigster Art, alsdann familienweise hinaus zu wandern und die
Blüthen der Sakura zu bewundern, ein Vergnügen, an dem gern Jeder
theilnimmt; und auch für den Fremden ist es eine Freude, so viel
glückliche, festlich geschmückte Menschen um sich zu sehen. Er folgt
desshalb ebenfalls gern dem Zuge nach Mukojima, Uyeno, Oji,
und wie die Punkte in und um Tokio alle heissen, welche durch
grössere Anpflanzungen der Sakura sich auszeichnen. Einen alten Ruf
haben auch die Sakura von Yoshino in Yamato, von denen Tomonori
vor tausend Jahren schrieb:

"Wenn ich auf Yoshino's Berg die Blüthen der Kirsche erblicke,
Täuscht mich ein lieblicher Trug, denn sie erscheinen wie Schnee". *)

Gegen Ende April findet man hier und da in den Gärten einen
Verwandten, die Niwa-sakura (Garten-Sakura) oder Ko-sakura
(Kleine Sakura), ebenfalls in voller Blüthe. Es ist der japanische Zwerg-
kirschbaum (Prunus japonica Thunb.), welcher in seinem buschförmi-
gen Aussehen an Amygdalus nana erinnert.

Bereits früher und gleichzeitig mit der Sakura hat Yamabuki
(Kerria japonica D. C.) seine gelben Blüthen entfaltet. Der wildwach-
sende Strauch ist in den Bergwäldern und an Flussufern des mitt-
leren und nördlichen Japan sehr häufig, viel seltener im Süden des
Landes. Die gefüllte Form kam schon im vorigen Jahrhundert aus
den Gärten nach Europa, während die einfache sich erst neuerdings
bei uns verbreitet.

Im Mai erscheinen die prächtigen Blüthen des Botan (Paeonia
Moutan Sims.), des Fuji (Wistaria chinensis S. & Z.), des Kiri (Pau-
lownia imperialis S. & Z.) und des Tutsuji (Azalea indica L.). Unter
diesen vier Zierpflanzen ist die letztgenannte weitaus am verbreitet-
sten und beliebtesten. Die rothblühende Varietät herrscht vor, zumal

*) "Miyoshino no | yamabe ni sakeru sakurabana | yuki ka to nomi no | ayame-
tari keru". Lange: Altjapanische Frühlingslieder. Berlin 1884.
Rein, Japan. II. 21

7. Gartenbau.
weissen Blüthen abgeleitet hat, unter denen namentlich diejenigen mit
sehr grossen gefüllten Blüthen auffallen.

Die Sakura wird von japanischen Dichtern fast ebensoviel be-
sungen, wie die Mume, und im Kunstgewerbe gleichfalls oft nachge-
bildet. Dazu wählt man stets die einfache Blüthenform der Yama-
sakura. Man erkennt sie auf Decorationen leicht durch die mitauf-
tretenden Blätter.

Zur Blüthezeit der Sakura herrschen schon die milden Lüfte des
Südwestmonsuns. Die Natur ist in ihrer vollen Entwickelung und
ladet von neuem ins Freie ein. Es ist ein altgewohntes Vergnügen un-
schuldigster Art, alsdann familienweise hinaus zu wandern und die
Blüthen der Sakura zu bewundern, ein Vergnügen, an dem gern Jeder
theilnimmt; und auch für den Fremden ist es eine Freude, so viel
glückliche, festlich geschmückte Menschen um sich zu sehen. Er folgt
desshalb ebenfalls gern dem Zuge nach Mukojima, Uyeno, Ôji,
und wie die Punkte in und um Tôkio alle heissen, welche durch
grössere Anpflanzungen der Sakura sich auszeichnen. Einen alten Ruf
haben auch die Sakura von Yoshino in Yamato, von denen Tomonori
vor tausend Jahren schrieb:

»Wenn ich auf Yoshino’s Berg die Blüthen der Kirsche erblicke,
Täuscht mich ein lieblicher Trug, denn sie erscheinen wie Schnee«. *)

Gegen Ende April findet man hier und da in den Gärten einen
Verwandten, die Niwa-sakura (Garten-Sakura) oder Kó-sakura
(Kleine Sakura), ebenfalls in voller Blüthe. Es ist der japanische Zwerg-
kirschbaum (Prunus japonica Thunb.), welcher in seinem buschförmi-
gen Aussehen an Amygdalus nana erinnert.

Bereits früher und gleichzeitig mit der Sakura hat Yamabuki
(Kerria japonica D. C.) seine gelben Blüthen entfaltet. Der wildwach-
sende Strauch ist in den Bergwäldern und an Flussufern des mitt-
leren und nördlichen Japan sehr häufig, viel seltener im Süden des
Landes. Die gefüllte Form kam schon im vorigen Jahrhundert aus
den Gärten nach Europa, während die einfache sich erst neuerdings
bei uns verbreitet.

Im Mai erscheinen die prächtigen Blüthen des Botan (Paeonia
Moutan Sims.), des Fuji (Wistaria chinensis S. & Z.), des Kiri (Pau-
lownia imperialis S. & Z.) und des Tutsuji (Azalea indica L.). Unter
diesen vier Zierpflanzen ist die letztgenannte weitaus am verbreitet-
sten und beliebtesten. Die rothblühende Varietät herrscht vor, zumal

*) »Miyoshino no | yamabe ni sakeru sakurabana | yuki ka to nomi no | ayame-
tari keru«. Lange: Altjapanische Frühlingslieder. Berlin 1884.
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[321/0345] 7. Gartenbau. weissen Blüthen abgeleitet hat, unter denen namentlich diejenigen mit sehr grossen gefüllten Blüthen auffallen. Die Sakura wird von japanischen Dichtern fast ebensoviel be- sungen, wie die Mume, und im Kunstgewerbe gleichfalls oft nachge- bildet. Dazu wählt man stets die einfache Blüthenform der Yama- sakura. Man erkennt sie auf Decorationen leicht durch die mitauf- tretenden Blätter. Zur Blüthezeit der Sakura herrschen schon die milden Lüfte des Südwestmonsuns. Die Natur ist in ihrer vollen Entwickelung und ladet von neuem ins Freie ein. Es ist ein altgewohntes Vergnügen un- schuldigster Art, alsdann familienweise hinaus zu wandern und die Blüthen der Sakura zu bewundern, ein Vergnügen, an dem gern Jeder theilnimmt; und auch für den Fremden ist es eine Freude, so viel glückliche, festlich geschmückte Menschen um sich zu sehen. Er folgt desshalb ebenfalls gern dem Zuge nach Mukojima, Uyeno, Ôji, und wie die Punkte in und um Tôkio alle heissen, welche durch grössere Anpflanzungen der Sakura sich auszeichnen. Einen alten Ruf haben auch die Sakura von Yoshino in Yamato, von denen Tomonori vor tausend Jahren schrieb: »Wenn ich auf Yoshino’s Berg die Blüthen der Kirsche erblicke, Täuscht mich ein lieblicher Trug, denn sie erscheinen wie Schnee«. *) Gegen Ende April findet man hier und da in den Gärten einen Verwandten, die Niwa-sakura (Garten-Sakura) oder Kó-sakura (Kleine Sakura), ebenfalls in voller Blüthe. Es ist der japanische Zwerg- kirschbaum (Prunus japonica Thunb.), welcher in seinem buschförmi- gen Aussehen an Amygdalus nana erinnert. Bereits früher und gleichzeitig mit der Sakura hat Yamabuki (Kerria japonica D. C.) seine gelben Blüthen entfaltet. Der wildwach- sende Strauch ist in den Bergwäldern und an Flussufern des mitt- leren und nördlichen Japan sehr häufig, viel seltener im Süden des Landes. Die gefüllte Form kam schon im vorigen Jahrhundert aus den Gärten nach Europa, während die einfache sich erst neuerdings bei uns verbreitet. Im Mai erscheinen die prächtigen Blüthen des Botan (Paeonia Moutan Sims.), des Fuji (Wistaria chinensis S. & Z.), des Kiri (Pau- lownia imperialis S. & Z.) und des Tutsuji (Azalea indica L.). Unter diesen vier Zierpflanzen ist die letztgenannte weitaus am verbreitet- sten und beliebtesten. Die rothblühende Varietät herrscht vor, zumal *) »Miyoshino no | yamabe ni sakeru sakurabana | yuki ka to nomi no | ayame- tari keru«. Lange: Altjapanische Frühlingslieder. Berlin 1884. Rein, Japan. II. 21

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/345>, abgerufen am 22.11.2024.