Es ist bisher immer nur von dem Natur-Laubwalde des Gebirges die Rede gewesen. Ich habe hier jedoch auch noch einer Gruppe von Nadelwäldern zu gedenken, welche in mehr oder minder reinen Be- ständen sich meist an den Laubwald nach oben anschliessen und zwar für den grössten Theil des Landes innerhalb der Höhengrenze von 1500--2000 Metern. Wo letztere überschritten wird (bis 2400 m, siehe Bd. I, pg. 174), bleibt die Entwickelung der Bäume hinter der nor- malen weit zurück, falls nicht ein alter Kraterboden oder sonstiger Sattel Schutz vor heftigen Winden und zugleich besseren Boden ge- währt. So findet man z. B. nahe dem Gipfel des 2500 m hohen Nan- taisan im Nikko-Gebirge Abies Tsuga und A. polita nur noch 3--6 m hoch, während gleichalterige tiefer abwärts die 4--5 fache Höhe zeigen. Von den 6 häufigsten Nadelhölzern dieser Region ist die Tsuga ohne Zweifel das verbreitetste, welches auch für sich allein weite Strecken bedeckt. Mit ihr gehören Abies firma und Larix leptolepis mehr der unteren, A. polita, A. Alcockiana und A. Veitchii dagegen meist der oberen Stufe an.
In der Regel sind diesem dunklen Hochgebirgswalde (Kuro-ki, d. h. Schwarzwald genannt) nur wenige blattabwerfende Arten Laub- hölzer eingestreut, und diese kommen natürlich auch nur ausnahms- weise zu kräftiger Entwickelung. Hierher gehören Birken, Erlen und Ebereschen (Betula alba, Alnus viridis, A. incana, Pyrus sambucifolia), sowie verschiedene Sträucher.
Von Yezo abgesehen, veranschlagt Dupont*) das Verhältniss sämmt- licher japanischen Nadelhölzer zu den Laubhölzern wie folgt:
Harzige Bau- und Werkhölzer (Bois de travail resineux) 35 %.
Laub-, Bau- und Werk-Hölzer (Bois de travail feuillus) 5 %.
Laubhölzer für Heizzwecke (Bois feuillus pour chauffage) 60 %.
Dieses Verhältniss dürfte nach dem bisher Erwähnten annähernd auch das der Nadelwälder zu den Laubwäldern sein, so dass meine Behauptung (Bd. I, pg. 172) vom Vorwiegen der letzteren von Dupont nur bestätigt wird. Die Bezeichnung "Bois feuillus pour chauffage" ist aber, nach dem, was ich früher über den Gebirgs-Laubwald be- merkt habe, nur dahin zu deuten, dass der grösste Nutzen, den man bisher daraus zog, lediglich der zur Gewinnung von Holzkohle ist; denn selbstverständlich ist der Bedarf Japans an Brennmaterial nicht so gross, um 60 % seiner Wälder nach Vermögen auszunutzen. Ander- seits beschränkt sich die japanische Holzzucht keineswegs auf den Wald, wie wir namentlich bei Kiri (Paulownia) sehen.
*) Les Essences forestieres du Japon. pg. 8.
5. Forstwirthschaft.
Es ist bisher immer nur von dem Natur-Laubwalde des Gebirges die Rede gewesen. Ich habe hier jedoch auch noch einer Gruppe von Nadelwäldern zu gedenken, welche in mehr oder minder reinen Be- ständen sich meist an den Laubwald nach oben anschliessen und zwar für den grössten Theil des Landes innerhalb der Höhengrenze von 1500—2000 Metern. Wo letztere überschritten wird (bis 2400 m, siehe Bd. I, pg. 174), bleibt die Entwickelung der Bäume hinter der nor- malen weit zurück, falls nicht ein alter Kraterboden oder sonstiger Sattel Schutz vor heftigen Winden und zugleich besseren Boden ge- währt. So findet man z. B. nahe dem Gipfel des 2500 m hohen Nan- taisan im Nikko-Gebirge Abies Tsuga und A. polita nur noch 3—6 m hoch, während gleichalterige tiefer abwärts die 4—5 fache Höhe zeigen. Von den 6 häufigsten Nadelhölzern dieser Region ist die Tsuga ohne Zweifel das verbreitetste, welches auch für sich allein weite Strecken bedeckt. Mit ihr gehören Abies firma und Larix leptolepis mehr der unteren, A. polita, A. Alcockiana und A. Veitchii dagegen meist der oberen Stufe an.
In der Regel sind diesem dunklen Hochgebirgswalde (Kuro-ki, d. h. Schwarzwald genannt) nur wenige blattabwerfende Arten Laub- hölzer eingestreut, und diese kommen natürlich auch nur ausnahms- weise zu kräftiger Entwickelung. Hierher gehören Birken, Erlen und Ebereschen (Betula alba, Alnus viridis, A. incana, Pyrus sambucifolia), sowie verschiedene Sträucher.
Von Yezo abgesehen, veranschlagt Dupont*) das Verhältniss sämmt- licher japanischen Nadelhölzer zu den Laubhölzern wie folgt:
Harzige Bau- und Werkhölzer (Bois de travail résineux) 35 %.
Laub-, Bau- und Werk-Hölzer (Bois de travail feuillus) 5 %.
Laubhölzer für Heizzwecke (Bois feuillus pour chauffage) 60 %.
Dieses Verhältniss dürfte nach dem bisher Erwähnten annähernd auch das der Nadelwälder zu den Laubwäldern sein, so dass meine Behauptung (Bd. I, pg. 172) vom Vorwiegen der letzteren von Dupont nur bestätigt wird. Die Bezeichnung »Bois feuillus pour chauffage« ist aber, nach dem, was ich früher über den Gebirgs-Laubwald be- merkt habe, nur dahin zu deuten, dass der grösste Nutzen, den man bisher daraus zog, lediglich der zur Gewinnung von Holzkohle ist; denn selbstverständlich ist der Bedarf Japans an Brennmaterial nicht so gross, um 60 % seiner Wälder nach Vermögen auszunutzen. Ander- seits beschränkt sich die japanische Holzzucht keineswegs auf den Wald, wie wir namentlich bei Kiri (Paulownia) sehen.
*) Les Essences forestières du Japon. pg. 8.
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5. Forstwirthschaft.
Es ist bisher immer nur von dem Natur-Laubwalde des Gebirges
die Rede gewesen. Ich habe hier jedoch auch noch einer Gruppe von
Nadelwäldern zu gedenken, welche in mehr oder minder reinen Be-
ständen sich meist an den Laubwald nach oben anschliessen und zwar
für den grössten Theil des Landes innerhalb der Höhengrenze von
1500—2000 Metern. Wo letztere überschritten wird (bis 2400 m, siehe
Bd. I, pg. 174), bleibt die Entwickelung der Bäume hinter der nor-
malen weit zurück, falls nicht ein alter Kraterboden oder sonstiger
Sattel Schutz vor heftigen Winden und zugleich besseren Boden ge-
währt. So findet man z. B. nahe dem Gipfel des 2500 m hohen Nan-
taisan im Nikko-Gebirge Abies Tsuga und A. polita nur noch 3—6 m
hoch, während gleichalterige tiefer abwärts die 4—5 fache Höhe zeigen.
Von den 6 häufigsten Nadelhölzern dieser Region ist die Tsuga ohne
Zweifel das verbreitetste, welches auch für sich allein weite Strecken
bedeckt. Mit ihr gehören Abies firma und Larix leptolepis mehr der
unteren, A. polita, A. Alcockiana und A. Veitchii dagegen meist der
oberen Stufe an.
In der Regel sind diesem dunklen Hochgebirgswalde (Kuro-ki,
d. h. Schwarzwald genannt) nur wenige blattabwerfende Arten Laub-
hölzer eingestreut, und diese kommen natürlich auch nur ausnahms-
weise zu kräftiger Entwickelung. Hierher gehören Birken, Erlen und
Ebereschen (Betula alba, Alnus viridis, A. incana, Pyrus sambucifolia),
sowie verschiedene Sträucher.
Von Yezo abgesehen, veranschlagt Dupont *) das Verhältniss sämmt-
licher japanischen Nadelhölzer zu den Laubhölzern wie folgt:
Harzige Bau- und Werkhölzer (Bois de travail résineux) 35 %.
Laub-, Bau- und Werk-Hölzer (Bois de travail feuillus) 5 %.
Laubhölzer für Heizzwecke (Bois feuillus pour chauffage) 60 %.
Dieses Verhältniss dürfte nach dem bisher Erwähnten annähernd
auch das der Nadelwälder zu den Laubwäldern sein, so dass meine
Behauptung (Bd. I, pg. 172) vom Vorwiegen der letzteren von Dupont
nur bestätigt wird. Die Bezeichnung »Bois feuillus pour chauffage«
ist aber, nach dem, was ich früher über den Gebirgs-Laubwald be-
merkt habe, nur dahin zu deuten, dass der grösste Nutzen, den man
bisher daraus zog, lediglich der zur Gewinnung von Holzkohle ist;
denn selbstverständlich ist der Bedarf Japans an Brennmaterial nicht
so gross, um 60 % seiner Wälder nach Vermögen auszunutzen. Ander-
seits beschränkt sich die japanische Holzzucht keineswegs auf den
Wald, wie wir namentlich bei Kiri (Paulownia) sehen.
*) Les Essences forestières du Japon. pg. 8.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/285>, abgerufen am 22.11.2024.
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