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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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japanischen Rassen, von denen die eine in dieser, die andere in jener
Gegend des Landes mit Vorliebe gezogen wird. Ihre Cocons, jap.
Mayu, sind kleiner als die europäischen und levantinischen. Von den
weissen Japanern gehen 850 auf ein Kilogramm, von Kleinasiaten 550;
während von den schönen gelben Cocons der norditalienischen Brianza-
rasse schon 500 Stück dieses Gewicht haben.

Auch in ihren übrigen Entwickelungsstadien unterscheiden sich
die japanischen Weiss- und Grünspinner durch verschiedene Merk-
male von unseren europäischen Rassen. Die Eier, jap. Tane, Samen,
franz. graines, z. B. haben eine sehr zerbrechliche Schale. Desshalb
lässt man sie von den Schmetterlingen auf Cartons (tane-gami) aus
Bastpapier ablegen, welche gewöhnlich 35 cm lang und 22 cm breit
und mit etwa 25 Gramm (45000 Stück) Samen bedeckt sind, der fest
daran haftet und auf denen auch die jungen Räupchen auskriechen. Der
eigenthümliche Charakter der letzteren zeigt sich erst nach der dritten
Häutung: gelbe Augen mit schwarzen Bogen und deutlich ausgespro-
chene dunkle Sicheln oder Halbmonde auf dem Rücken. Nach der
vierten Häutung wachsen sie sehr rasch und bekommen dann das Aus-
sehen unserer alten Rassen, bleiben aber 1/4 kleiner, als unsere Gelb-
spinner. Auch zeigen die Kaiko oder japanischen Seidenraupen sich
träger und haben grosse Neigung, sich auf ihrem Lager einzuspinnen.
Bis zur zweiten oder dritten Häutung müssen sie mit zerhackten
Blättern gefüttert werden, die man ihnen in der Regel 4 mal am
Tage reicht. In weniger zahlreichen Fällen ist eine 5--6 malige
Fütterung üblich, namentlich auf den beiden ersten der fünf Alters-
stufen, in welche das Raupenleben durch die vier Häutungen zerfällt.

Die Seidenraupe bedarf zu ihrer guten, kräftigen Entwickelung
der Ruhe in einem reinlichen trockenen, zugfreien Raume mit gesun-
der frischer Luft, welche die Grenzen von 10--30°C. wenig über-
schreitet, Schutz gegen directes Sonnenlicht und reichliche, frische,
staubfreie, doch trockene Nahrung. Der tüchtige Züchter hat alle diese
Lebensbedingungen im Zusammenhang mit einer Menge anderer kleiner,
doch nicht unwichtiger Umstände, wozu auch die Reinlichkeit des
Pflegers gehört, mit Fleiss studiert und lässt es an Aufmerksamkeit
und Sorgfalt nicht fehlen, sie zu erfüllen. In Japan fällt die Haupt-
arbeit den Frauen zu. Die Zucht (der Haru-ko oder Frühlingskinder)
richtet sich natürlich nach der Wiederbelaubung der Nährpflanze und
beginnt in der Ebene und dem wärmeren Hügellande Anfang Mai, in
den Gebirgsthälern dagegen erst Mitte oder Ende des Monats. Die-
selbe dauert durchschnittlich 34 Tage bei natürlicher Wärme, d. h.
einer Lufttemperatur, die sich zwischen 8° und 28° im Schatten be-

I. Land- und Forstwirthschaft.
japanischen Rassen, von denen die eine in dieser, die andere in jener
Gegend des Landes mit Vorliebe gezogen wird. Ihre Cocons, jap.
Mayu, sind kleiner als die europäischen und levantinischen. Von den
weissen Japanern gehen 850 auf ein Kilogramm, von Kleinasiaten 550;
während von den schönen gelben Cocons der norditalienischen Brianza-
rasse schon 500 Stück dieses Gewicht haben.

Auch in ihren übrigen Entwickelungsstadien unterscheiden sich
die japanischen Weiss- und Grünspinner durch verschiedene Merk-
male von unseren europäischen Rassen. Die Eier, jap. Tane, Samen,
franz. graines, z. B. haben eine sehr zerbrechliche Schale. Desshalb
lässt man sie von den Schmetterlingen auf Cartons (tane-gami) aus
Bastpapier ablegen, welche gewöhnlich 35 cm lang und 22 cm breit
und mit etwa 25 Gramm (45000 Stück) Samen bedeckt sind, der fest
daran haftet und auf denen auch die jungen Räupchen auskriechen. Der
eigenthümliche Charakter der letzteren zeigt sich erst nach der dritten
Häutung: gelbe Augen mit schwarzen Bogen und deutlich ausgespro-
chene dunkle Sicheln oder Halbmonde auf dem Rücken. Nach der
vierten Häutung wachsen sie sehr rasch und bekommen dann das Aus-
sehen unserer alten Rassen, bleiben aber ¼ kleiner, als unsere Gelb-
spinner. Auch zeigen die Kaiko oder japanischen Seidenraupen sich
träger und haben grosse Neigung, sich auf ihrem Lager einzuspinnen.
Bis zur zweiten oder dritten Häutung müssen sie mit zerhackten
Blättern gefüttert werden, die man ihnen in der Regel 4 mal am
Tage reicht. In weniger zahlreichen Fällen ist eine 5—6 malige
Fütterung üblich, namentlich auf den beiden ersten der fünf Alters-
stufen, in welche das Raupenleben durch die vier Häutungen zerfällt.

Die Seidenraupe bedarf zu ihrer guten, kräftigen Entwickelung
der Ruhe in einem reinlichen trockenen, zugfreien Raume mit gesun-
der frischer Luft, welche die Grenzen von 10—30°C. wenig über-
schreitet, Schutz gegen directes Sonnenlicht und reichliche, frische,
staubfreie, doch trockene Nahrung. Der tüchtige Züchter hat alle diese
Lebensbedingungen im Zusammenhang mit einer Menge anderer kleiner,
doch nicht unwichtiger Umstände, wozu auch die Reinlichkeit des
Pflegers gehört, mit Fleiss studiert und lässt es an Aufmerksamkeit
und Sorgfalt nicht fehlen, sie zu erfüllen. In Japan fällt die Haupt-
arbeit den Frauen zu. Die Zucht (der Haru-ko oder Frühlingskinder)
richtet sich natürlich nach der Wiederbelaubung der Nährpflanze und
beginnt in der Ebene und dem wärmeren Hügellande Anfang Mai, in
den Gebirgsthälern dagegen erst Mitte oder Ende des Monats. Die-
selbe dauert durchschnittlich 34 Tage bei natürlicher Wärme, d. h.
einer Lufttemperatur, die sich zwischen 8° und 28° im Schatten be-

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[228/0250] I. Land- und Forstwirthschaft. japanischen Rassen, von denen die eine in dieser, die andere in jener Gegend des Landes mit Vorliebe gezogen wird. Ihre Cocons, jap. Mayu, sind kleiner als die europäischen und levantinischen. Von den weissen Japanern gehen 850 auf ein Kilogramm, von Kleinasiaten 550; während von den schönen gelben Cocons der norditalienischen Brianza- rasse schon 500 Stück dieses Gewicht haben. Auch in ihren übrigen Entwickelungsstadien unterscheiden sich die japanischen Weiss- und Grünspinner durch verschiedene Merk- male von unseren europäischen Rassen. Die Eier, jap. Tane, Samen, franz. graines, z. B. haben eine sehr zerbrechliche Schale. Desshalb lässt man sie von den Schmetterlingen auf Cartons (tane-gami) aus Bastpapier ablegen, welche gewöhnlich 35 cm lang und 22 cm breit und mit etwa 25 Gramm (45000 Stück) Samen bedeckt sind, der fest daran haftet und auf denen auch die jungen Räupchen auskriechen. Der eigenthümliche Charakter der letzteren zeigt sich erst nach der dritten Häutung: gelbe Augen mit schwarzen Bogen und deutlich ausgespro- chene dunkle Sicheln oder Halbmonde auf dem Rücken. Nach der vierten Häutung wachsen sie sehr rasch und bekommen dann das Aus- sehen unserer alten Rassen, bleiben aber ¼ kleiner, als unsere Gelb- spinner. Auch zeigen die Kaiko oder japanischen Seidenraupen sich träger und haben grosse Neigung, sich auf ihrem Lager einzuspinnen. Bis zur zweiten oder dritten Häutung müssen sie mit zerhackten Blättern gefüttert werden, die man ihnen in der Regel 4 mal am Tage reicht. In weniger zahlreichen Fällen ist eine 5—6 malige Fütterung üblich, namentlich auf den beiden ersten der fünf Alters- stufen, in welche das Raupenleben durch die vier Häutungen zerfällt. Die Seidenraupe bedarf zu ihrer guten, kräftigen Entwickelung der Ruhe in einem reinlichen trockenen, zugfreien Raume mit gesun- der frischer Luft, welche die Grenzen von 10—30°C. wenig über- schreitet, Schutz gegen directes Sonnenlicht und reichliche, frische, staubfreie, doch trockene Nahrung. Der tüchtige Züchter hat alle diese Lebensbedingungen im Zusammenhang mit einer Menge anderer kleiner, doch nicht unwichtiger Umstände, wozu auch die Reinlichkeit des Pflegers gehört, mit Fleiss studiert und lässt es an Aufmerksamkeit und Sorgfalt nicht fehlen, sie zu erfüllen. In Japan fällt die Haupt- arbeit den Frauen zu. Die Zucht (der Haru-ko oder Frühlingskinder) richtet sich natürlich nach der Wiederbelaubung der Nährpflanze und beginnt in der Ebene und dem wärmeren Hügellande Anfang Mai, in den Gebirgsthälern dagegen erst Mitte oder Ende des Monats. Die- selbe dauert durchschnittlich 34 Tage bei natürlicher Wärme, d. h. einer Lufttemperatur, die sich zwischen 8° und 28° im Schatten be-

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/250>, abgerufen am 23.11.2024.