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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
des chinesischen Culturgebietes, der Eriobotrya japonica, in fast allen
von Europäern bewohnten subtropischen und tropischen Klimaten der
Erde hat sich erst in diesem Jahrhundert, jedoch mit erstaunlicher
Raschheit vollzogen, welche leicht in dem Charakter dieser Pflanze
ihre Erklärung findet.

Der hier folgenden Aufzählung und Beschreibung essbarer japa-
nischer Früchte (mit Ausnahme derer des Ackerbaues, wie z. B. der
Cucurbitaceen, welche bereits früher in Betracht kamen) liegt die prak-
tische Eintheilung W. Lauche's in seinem Handbuch des Obstbaues zu
Grunde. Wir unterscheiden hiernach Kern-, Stein- und Beerenobst,
sowie Schalfrüchte.

a) Kernobst.

1) Pyrus sinensis Lindl. (P. usuriensis Maxim.), die Birne, jap. Nashi.
Dieselbe stammt aus der Mandschurei und Mongolei. Ihre Cultur hat
sich offenbar schon frühzeitig über China, Korea und Japan verbreitet
und liefert hier nächst Kaki das gewöhnlichste Obst*). Von unserem
gemeinen Birnbaum unterscheidet sich diese Art vornehmlich durch die
Blätter und Früchte. Erstere sind gross und immer deutlich spitz ge-
zahnt. Die japanischen Birnen haben die sphärische und an beiden
Enden etwas zusammengedrückte Gestalt unserer Kirschen und man-
cher Aepfel. Es sind dabei durchweg grosse Früchte mit dicker
bronzegelber Schale, welche mit kleinen hellgrauen Punkten übersäet
ist. Von der grossen Mannigfaltigkeit in der Reifezeit, Grösse, Gestalt
und Färbung, sowie des Geschmacks unserer Birnen ist bei den japa-
nischen keine Rede. Die im August reifenden Frühbirnen sind wohl
kleiner als diejenigen der 1--2 Monate später erfolgenden Haupternte,
weichen aber im übrigen nicht wesentlich von diesen ab. Das Fleisch
ist grob, brüchig, körnig, von gelblicher Farbe, sehr saftreich und ziem-
lich süss, aber ohne die Weichheit und das Aroma unserer Birnen.
Der Geschmack erinnert mehr an den unreifen Zustand der letzteren.
Dem oben citierten Urteil von de Candolle reiht sich ein weiteres in
der Revue Horticole an, welches die japanischen Birnen geradezu
schlechte Früchte nennt.

Die Vermehrung der Pflanze erfolgt in der Regel durch Stecklinge,
seltener durch Samen und nachherige Veredelung. Zwischen Mitte und
Ende März schneidet man kräftige, gesunde Jahrestriebe bis auf 42--
45 cm Länge beiderseits zu und lässt die Enden über einem schwachen

*) Decaisne gibt in seinem Jardin fruitier du Museum Poitiers, pl. 5 eine
gute Abbildung derselben; eine gleich gute lieferte vor wenigen Jahren die Revue
Horticole.

I. Land- und Forstwirthschaft.
des chinesischen Culturgebietes, der Eriobotrya japonica, in fast allen
von Europäern bewohnten subtropischen und tropischen Klimaten der
Erde hat sich erst in diesem Jahrhundert, jedoch mit erstaunlicher
Raschheit vollzogen, welche leicht in dem Charakter dieser Pflanze
ihre Erklärung findet.

Der hier folgenden Aufzählung und Beschreibung essbarer japa-
nischer Früchte (mit Ausnahme derer des Ackerbaues, wie z. B. der
Cucurbitaceen, welche bereits früher in Betracht kamen) liegt die prak-
tische Eintheilung W. Lauche’s in seinem Handbuch des Obstbaues zu
Grunde. Wir unterscheiden hiernach Kern-, Stein- und Beerenobst,
sowie Schalfrüchte.

a) Kernobst.

1) Pyrus sinensis Lindl. (P. usuriensis Maxim.), die Birne, jap. Nashi.
Dieselbe stammt aus der Mandschurei und Mongolei. Ihre Cultur hat
sich offenbar schon frühzeitig über China, Korea und Japan verbreitet
und liefert hier nächst Kaki das gewöhnlichste Obst*). Von unserem
gemeinen Birnbaum unterscheidet sich diese Art vornehmlich durch die
Blätter und Früchte. Erstere sind gross und immer deutlich spitz ge-
zahnt. Die japanischen Birnen haben die sphärische und an beiden
Enden etwas zusammengedrückte Gestalt unserer Kirschen und man-
cher Aepfel. Es sind dabei durchweg grosse Früchte mit dicker
bronzegelber Schale, welche mit kleinen hellgrauen Punkten übersäet
ist. Von der grossen Mannigfaltigkeit in der Reifezeit, Grösse, Gestalt
und Färbung, sowie des Geschmacks unserer Birnen ist bei den japa-
nischen keine Rede. Die im August reifenden Frühbirnen sind wohl
kleiner als diejenigen der 1—2 Monate später erfolgenden Haupternte,
weichen aber im übrigen nicht wesentlich von diesen ab. Das Fleisch
ist grob, brüchig, körnig, von gelblicher Farbe, sehr saftreich und ziem-
lich süss, aber ohne die Weichheit und das Aroma unserer Birnen.
Der Geschmack erinnert mehr an den unreifen Zustand der letzteren.
Dem oben citierten Urteil von de Candolle reiht sich ein weiteres in
der Revue Horticole an, welches die japanischen Birnen geradezu
schlechte Früchte nennt.

Die Vermehrung der Pflanze erfolgt in der Regel durch Stecklinge,
seltener durch Samen und nachherige Veredelung. Zwischen Mitte und
Ende März schneidet man kräftige, gesunde Jahrestriebe bis auf 42—
45 cm Länge beiderseits zu und lässt die Enden über einem schwachen

*) Décaisne gibt in seinem Jardin fruitier du Muséum Poitiers, pl. 5 eine
gute Abbildung derselben; eine gleich gute lieferte vor wenigen Jahren die Revue
Horticole.
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[98/0118] I. Land- und Forstwirthschaft. des chinesischen Culturgebietes, der Eriobotrya japonica, in fast allen von Europäern bewohnten subtropischen und tropischen Klimaten der Erde hat sich erst in diesem Jahrhundert, jedoch mit erstaunlicher Raschheit vollzogen, welche leicht in dem Charakter dieser Pflanze ihre Erklärung findet. Der hier folgenden Aufzählung und Beschreibung essbarer japa- nischer Früchte (mit Ausnahme derer des Ackerbaues, wie z. B. der Cucurbitaceen, welche bereits früher in Betracht kamen) liegt die prak- tische Eintheilung W. Lauche’s in seinem Handbuch des Obstbaues zu Grunde. Wir unterscheiden hiernach Kern-, Stein- und Beerenobst, sowie Schalfrüchte. a) Kernobst. 1) Pyrus sinensis Lindl. (P. usuriensis Maxim.), die Birne, jap. Nashi. Dieselbe stammt aus der Mandschurei und Mongolei. Ihre Cultur hat sich offenbar schon frühzeitig über China, Korea und Japan verbreitet und liefert hier nächst Kaki das gewöhnlichste Obst *). Von unserem gemeinen Birnbaum unterscheidet sich diese Art vornehmlich durch die Blätter und Früchte. Erstere sind gross und immer deutlich spitz ge- zahnt. Die japanischen Birnen haben die sphärische und an beiden Enden etwas zusammengedrückte Gestalt unserer Kirschen und man- cher Aepfel. Es sind dabei durchweg grosse Früchte mit dicker bronzegelber Schale, welche mit kleinen hellgrauen Punkten übersäet ist. Von der grossen Mannigfaltigkeit in der Reifezeit, Grösse, Gestalt und Färbung, sowie des Geschmacks unserer Birnen ist bei den japa- nischen keine Rede. Die im August reifenden Frühbirnen sind wohl kleiner als diejenigen der 1—2 Monate später erfolgenden Haupternte, weichen aber im übrigen nicht wesentlich von diesen ab. Das Fleisch ist grob, brüchig, körnig, von gelblicher Farbe, sehr saftreich und ziem- lich süss, aber ohne die Weichheit und das Aroma unserer Birnen. Der Geschmack erinnert mehr an den unreifen Zustand der letzteren. Dem oben citierten Urteil von de Candolle reiht sich ein weiteres in der Revue Horticole an, welches die japanischen Birnen geradezu schlechte Früchte nennt. Die Vermehrung der Pflanze erfolgt in der Regel durch Stecklinge, seltener durch Samen und nachherige Veredelung. Zwischen Mitte und Ende März schneidet man kräftige, gesunde Jahrestriebe bis auf 42— 45 cm Länge beiderseits zu und lässt die Enden über einem schwachen *) Décaisne gibt in seinem Jardin fruitier du Muséum Poitiers, pl. 5 eine gute Abbildung derselben; eine gleich gute lieferte vor wenigen Jahren die Revue Horticole.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/118>, abgerufen am 22.11.2024.