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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
getrockneten Zustande 11,847 % Albumin, 1,685 % Fett, 67,508 % Cel-
lulose und andere stickstofffreie Bestandtheile, 4,370 % Asche und
14,490 % Wasser.

Man kann den Shii-take leicht trocknen und aufbewahren. Dabei
entwickelt und erhält sich ein ausgezeichnetes Aroma, welches ihn zum
geschätztesten und werthvollsten aller japanischen Pilze macht. Sei-
nen Namen verdankt er dem Shii-Baume, einer immergrünen Eiche
(Quercus cuspidata Thunb.) des mittleren und südlichen Japans. Aber
die Menge, welche man an faulenden Wurzeln und Stämmen derselben
findet, reicht für den Bedarf bei weitem nicht aus. Dieser wird viel-
mehr meist durch künstliche Zucht gedeckt, wie in Europa derjenige
an Trüffeln und Champignons, die er an Wohlgeschmack m. E. weit
übertrifft. Wie diese vorwiegend zu Sauce verwendet werden, so dient
Shii-take vor allen Dingen zur Darstellung schmackhafter Suppen, und
wenn derselbe auch im Binnenhandel und bei der Ausfuhr (nach China)
nicht so grosse Summen repräsentirt, wie jene, so ist er doch ein er-
wähnenswerther Factor.

Zur künstlichen Zucht, welche der englische Consulatsbericht von
Kanagawa (Yokohama) für das Jahr 1875 näher beschreibt*), dienen
nicht blos Shii-noki (Quercus cuspidata Thunb.), sondern auch andere
Eichen, so Kashi (Quercus acuta Thunb.), Kashiwa (Q. dentata Thunb.).
Sie findet vornehmlich in der Rinde der gefällten Bäume statt und
wird in vielen Provinzen betrieben, nämlich in Yamato, Ise, Mikawa,
Totomi, Suruga, Kai, Idzu, Mutsu, Dewa und anderwärts.

58) Agaricus Sp. Matsu-dake, d. h. Kiefernpilz, weil er vor-
nehmlich in Kiefernwaldungen wächst. Derselbe ist im frischen Zu-
stande sehr wohlschmeckend und beliebt und wird gekocht oder ge-
braten viel gegessen, auch in Salz eingemacht und getrocknet, verliert
aber dann bald seinen Wohlgeschmack und wird fade.

59) Cantharellus cibarius Fries., jap. Shiba-take. Unter letzte-
rem Namen bot man unsern wohlbekannten Eierschwamm im Septem-
ber 1874 in den Ortschaften am Fusse des Fuji-san korbvollweise zum
Verkaufe. Ich sah denselben auch anderwärts, finde ihn aber nirgends
für Japan erwähnt.

60) Clavaria flava Pers. & Cl. Botrytis Pers., jap. Nedzumi-
take
kommt gleich dem vorigen in den Wäldern des Fuji-san vor und
wird in den benachbarten Dörfern verkauft.

61) Lycoperdon Tuber L. (Thunb. flor. jap. 349). Unter dem Na-
men Sho-ro (Sho für Matsu, Kiefer, und ro-tsuyu, Thau) kommt

*) Auch die Revue Horticole des Jahres 1879 gibt eine Beschreibung derselben.

I. Land- und Forstwirthschaft.
getrockneten Zustande 11,847 % Albumin, 1,685 % Fett, 67,508 % Cel-
lulose und andere stickstofffreie Bestandtheile, 4,370 % Asche und
14,490 % Wasser.

Man kann den Shii-take leicht trocknen und aufbewahren. Dabei
entwickelt und erhält sich ein ausgezeichnetes Aroma, welches ihn zum
geschätztesten und werthvollsten aller japanischen Pilze macht. Sei-
nen Namen verdankt er dem Shii-Baume, einer immergrünen Eiche
(Quercus cuspidata Thunb.) des mittleren und südlichen Japans. Aber
die Menge, welche man an faulenden Wurzeln und Stämmen derselben
findet, reicht für den Bedarf bei weitem nicht aus. Dieser wird viel-
mehr meist durch künstliche Zucht gedeckt, wie in Europa derjenige
an Trüffeln und Champignons, die er an Wohlgeschmack m. E. weit
übertrifft. Wie diese vorwiegend zu Sauce verwendet werden, so dient
Shii-take vor allen Dingen zur Darstellung schmackhafter Suppen, und
wenn derselbe auch im Binnenhandel und bei der Ausfuhr (nach China)
nicht so grosse Summen repräsentirt, wie jene, so ist er doch ein er-
wähnenswerther Factor.

Zur künstlichen Zucht, welche der englische Consulatsbericht von
Kanagawa (Yokohama) für das Jahr 1875 näher beschreibt*), dienen
nicht blos Shii-noki (Quercus cuspidata Thunb.), sondern auch andere
Eichen, so Kashi (Quercus acuta Thunb.), Kashiwa (Q. dentata Thunb.).
Sie findet vornehmlich in der Rinde der gefällten Bäume statt und
wird in vielen Provinzen betrieben, nämlich in Yamato, Ise, Mikawa,
Tôtômi, Suruga, Kai, Idzu, Mutsu, Dewa und anderwärts.

58) Agaricus Sp. Matsu-dake, d. h. Kiefernpilz, weil er vor-
nehmlich in Kiefernwaldungen wächst. Derselbe ist im frischen Zu-
stande sehr wohlschmeckend und beliebt und wird gekocht oder ge-
braten viel gegessen, auch in Salz eingemacht und getrocknet, verliert
aber dann bald seinen Wohlgeschmack und wird fade.

59) Cantharellus cibarius Fries., jap. Shiba-take. Unter letzte-
rem Namen bot man unsern wohlbekannten Eierschwamm im Septem-
ber 1874 in den Ortschaften am Fusse des Fuji-san korbvollweise zum
Verkaufe. Ich sah denselben auch anderwärts, finde ihn aber nirgends
für Japan erwähnt.

60) Clavaria flava Pers. & Cl. Botrytis Pers., jap. Nedzumi-
take
kommt gleich dem vorigen in den Wäldern des Fuji-san vor und
wird in den benachbarten Dörfern verkauft.

61) Lycoperdon Tuber L. (Thunb. flor. jap. 349). Unter dem Na-
men Shô-ro (Shô für Matsu, Kiefer, und ro-tsuyu, Thau) kommt

*) Auch die Revue Horticole des Jahres 1879 gibt eine Beschreibung derselben.
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[92/0112] I. Land- und Forstwirthschaft. getrockneten Zustande 11,847 % Albumin, 1,685 % Fett, 67,508 % Cel- lulose und andere stickstofffreie Bestandtheile, 4,370 % Asche und 14,490 % Wasser. Man kann den Shii-take leicht trocknen und aufbewahren. Dabei entwickelt und erhält sich ein ausgezeichnetes Aroma, welches ihn zum geschätztesten und werthvollsten aller japanischen Pilze macht. Sei- nen Namen verdankt er dem Shii-Baume, einer immergrünen Eiche (Quercus cuspidata Thunb.) des mittleren und südlichen Japans. Aber die Menge, welche man an faulenden Wurzeln und Stämmen derselben findet, reicht für den Bedarf bei weitem nicht aus. Dieser wird viel- mehr meist durch künstliche Zucht gedeckt, wie in Europa derjenige an Trüffeln und Champignons, die er an Wohlgeschmack m. E. weit übertrifft. Wie diese vorwiegend zu Sauce verwendet werden, so dient Shii-take vor allen Dingen zur Darstellung schmackhafter Suppen, und wenn derselbe auch im Binnenhandel und bei der Ausfuhr (nach China) nicht so grosse Summen repräsentirt, wie jene, so ist er doch ein er- wähnenswerther Factor. Zur künstlichen Zucht, welche der englische Consulatsbericht von Kanagawa (Yokohama) für das Jahr 1875 näher beschreibt *), dienen nicht blos Shii-noki (Quercus cuspidata Thunb.), sondern auch andere Eichen, so Kashi (Quercus acuta Thunb.), Kashiwa (Q. dentata Thunb.). Sie findet vornehmlich in der Rinde der gefällten Bäume statt und wird in vielen Provinzen betrieben, nämlich in Yamato, Ise, Mikawa, Tôtômi, Suruga, Kai, Idzu, Mutsu, Dewa und anderwärts. 58) Agaricus Sp. Matsu-dake, d. h. Kiefernpilz, weil er vor- nehmlich in Kiefernwaldungen wächst. Derselbe ist im frischen Zu- stande sehr wohlschmeckend und beliebt und wird gekocht oder ge- braten viel gegessen, auch in Salz eingemacht und getrocknet, verliert aber dann bald seinen Wohlgeschmack und wird fade. 59) Cantharellus cibarius Fries., jap. Shiba-take. Unter letzte- rem Namen bot man unsern wohlbekannten Eierschwamm im Septem- ber 1874 in den Ortschaften am Fusse des Fuji-san korbvollweise zum Verkaufe. Ich sah denselben auch anderwärts, finde ihn aber nirgends für Japan erwähnt. 60) Clavaria flava Pers. & Cl. Botrytis Pers., jap. Nedzumi- take kommt gleich dem vorigen in den Wäldern des Fuji-san vor und wird in den benachbarten Dörfern verkauft. 61) Lycoperdon Tuber L. (Thunb. flor. jap. 349). Unter dem Na- men Shô-ro (Shô für Matsu, Kiefer, und ro-tsuyu, Thau) kommt *) Auch die Revue Horticole des Jahres 1879 gibt eine Beschreibung derselben.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/112>, abgerufen am 23.04.2024.