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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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Wirkungen subterraner Kräfte.
aufeinander folgenden Kratere eine mehr oder weniger concentrische
Lage zu einander haben. Wo dagegen eine dieser Bedingungen fehlt,
kommt die Kegelform entweder gar nicht oder nur gegen die Spitze
des Berges zur Entwickelung. So bildet der Ontake, entsprechend
der Anordnung seiner 8 Kratere auf dem Gipfel, einen langen Rücken
von Norden nach Süden, so ragt der Asama-yama nur mit seinem
Gipfel und nur von der Süd- und Ostseite als Kegel hervor, nicht
auf der Nordwestseite, wo sich eine Gebirgskette anschliesst. Beim
Fuji-san sind nur noch die letzten Gipfelkratere deutlich erkennbar und
darf angenommen werden, dass durch ihre Eruptionen die älteren,
tiefer gelegenen Kraterwände ganz überdeckt wurden.

Bei fast allen japanischen Vulkanen treten in den jüngeren Erup-
tionsstadien Lavaströme gegen die losen Auswürflinge sehr zurück.
Dies und reiche Niederschläge im Sommer, sowie die damit zusammen-
hängende üppige Vegetation, welche auch das Lavafeld mit der Zeit
mehr oder weniger überdeckt, sind wohl die Hauptursachen, wesshalb
man in den vulkanischen Bezirken Japans solche grossartig öden,
wild zerrissenen und zerklüfteten Lavafelder, wie auf Island oder den
Canaren, nicht trifft. Es fehlen auch die mächtig emporsteigenden
Säulen und mauerartigen Wände anderer vulkanischer Gegenden fast
ganz. Offenbar ist die vulkanische Thätigkeit in der jüngsten geolo-
gischen Zeit sehr wirksam gewesen, da die Erosion noch nicht so
tiefe Einschnitte zu erzeugen im Stande war. Ich kenne in der That
nur ein Gebiet des Landes, wo das Relief des vulkanischen Gebirges
auf eine weitere Strecke die herrschenden sanfteren Formen ganz ver-
lässt und zu kühneren und malerisch schöneren Gestalten sich erhebt,
nämlich den nordwestlichen Theil von Joshiu, wo zur Seite des
Echigo-kaido etwa mitteweges zwischen Takasaki und Mikuni-toge
verticale, säulenförmige Trachytbildungen bis zu ansehnlicher Höhe
emporsteigen. Wenn hier im Sommer die blattwechselnden Bäume
und Sträucher, welche am Fusse und aus den Spalten dieser Fels-
massen wachsen, mit Grün bekleidet sind und zierliche Farrenkräuter
das graue Gestein theilweise überziehen, dann bedarf es geringer Phan-
tasie, bei ihrem Anblick an Ruinen mächtiger alter Burgen zu denken.
Auch auf der Südwestseite dieser Provinz, südwärts vom Nakasendo
und Usui-toge ragen die wahrscheinlich aus doleritischer Lava be-
stehenden dunklen Spitzen des Miogisan und benachbarter Berge wild
zerklüftet und burgähnlich aus dem schönen Laubwald hervor.

Im Uebrigen dürfte hinsichtlich der Beschaffenheit des vulka-
nischen Gesteins noch hervorzuheben sein, dass bei den neueren
Eruptionen überall doleritische Laven weit vorherrschen, bei den

Wirkungen subterraner Kräfte.
aufeinander folgenden Kratere eine mehr oder weniger concentrische
Lage zu einander haben. Wo dagegen eine dieser Bedingungen fehlt,
kommt die Kegelform entweder gar nicht oder nur gegen die Spitze
des Berges zur Entwickelung. So bildet der Ontake, entsprechend
der Anordnung seiner 8 Kratere auf dem Gipfel, einen langen Rücken
von Norden nach Süden, so ragt der Asama-yama nur mit seinem
Gipfel und nur von der Süd- und Ostseite als Kegel hervor, nicht
auf der Nordwestseite, wo sich eine Gebirgskette anschliesst. Beim
Fuji-san sind nur noch die letzten Gipfelkratere deutlich erkennbar und
darf angenommen werden, dass durch ihre Eruptionen die älteren,
tiefer gelegenen Kraterwände ganz überdeckt wurden.

Bei fast allen japanischen Vulkanen treten in den jüngeren Erup-
tionsstadien Lavaströme gegen die losen Auswürflinge sehr zurück.
Dies und reiche Niederschläge im Sommer, sowie die damit zusammen-
hängende üppige Vegetation, welche auch das Lavafeld mit der Zeit
mehr oder weniger überdeckt, sind wohl die Hauptursachen, wesshalb
man in den vulkanischen Bezirken Japans solche grossartig öden,
wild zerrissenen und zerklüfteten Lavafelder, wie auf Island oder den
Canaren, nicht trifft. Es fehlen auch die mächtig emporsteigenden
Säulen und mauerartigen Wände anderer vulkanischer Gegenden fast
ganz. Offenbar ist die vulkanische Thätigkeit in der jüngsten geolo-
gischen Zeit sehr wirksam gewesen, da die Erosion noch nicht so
tiefe Einschnitte zu erzeugen im Stande war. Ich kenne in der That
nur ein Gebiet des Landes, wo das Relief des vulkanischen Gebirges
auf eine weitere Strecke die herrschenden sanfteren Formen ganz ver-
lässt und zu kühneren und malerisch schöneren Gestalten sich erhebt,
nämlich den nordwestlichen Theil von Jôshiu, wo zur Seite des
Echigo-kaidô etwa mitteweges zwischen Takasaki und Mikuni-tôge
verticale, säulenförmige Trachytbildungen bis zu ansehnlicher Höhe
emporsteigen. Wenn hier im Sommer die blattwechselnden Bäume
und Sträucher, welche am Fusse und aus den Spalten dieser Fels-
massen wachsen, mit Grün bekleidet sind und zierliche Farrenkräuter
das graue Gestein theilweise überziehen, dann bedarf es geringer Phan-
tasie, bei ihrem Anblick an Ruinen mächtiger alter Burgen zu denken.
Auch auf der Südwestseite dieser Provinz, südwärts vom Nakasendô
und Usui-tôge ragen die wahrscheinlich aus doleritischer Lava be-
stehenden dunklen Spitzen des Miogisan und benachbarter Berge wild
zerklüftet und burgähnlich aus dem schönen Laubwald hervor.

Im Uebrigen dürfte hinsichtlich der Beschaffenheit des vulka-
nischen Gesteins noch hervorzuheben sein, dass bei den neueren
Eruptionen überall doleritische Laven weit vorherrschen, bei den

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[47/0067] Wirkungen subterraner Kräfte. aufeinander folgenden Kratere eine mehr oder weniger concentrische Lage zu einander haben. Wo dagegen eine dieser Bedingungen fehlt, kommt die Kegelform entweder gar nicht oder nur gegen die Spitze des Berges zur Entwickelung. So bildet der Ontake, entsprechend der Anordnung seiner 8 Kratere auf dem Gipfel, einen langen Rücken von Norden nach Süden, so ragt der Asama-yama nur mit seinem Gipfel und nur von der Süd- und Ostseite als Kegel hervor, nicht auf der Nordwestseite, wo sich eine Gebirgskette anschliesst. Beim Fuji-san sind nur noch die letzten Gipfelkratere deutlich erkennbar und darf angenommen werden, dass durch ihre Eruptionen die älteren, tiefer gelegenen Kraterwände ganz überdeckt wurden. Bei fast allen japanischen Vulkanen treten in den jüngeren Erup- tionsstadien Lavaströme gegen die losen Auswürflinge sehr zurück. Dies und reiche Niederschläge im Sommer, sowie die damit zusammen- hängende üppige Vegetation, welche auch das Lavafeld mit der Zeit mehr oder weniger überdeckt, sind wohl die Hauptursachen, wesshalb man in den vulkanischen Bezirken Japans solche grossartig öden, wild zerrissenen und zerklüfteten Lavafelder, wie auf Island oder den Canaren, nicht trifft. Es fehlen auch die mächtig emporsteigenden Säulen und mauerartigen Wände anderer vulkanischer Gegenden fast ganz. Offenbar ist die vulkanische Thätigkeit in der jüngsten geolo- gischen Zeit sehr wirksam gewesen, da die Erosion noch nicht so tiefe Einschnitte zu erzeugen im Stande war. Ich kenne in der That nur ein Gebiet des Landes, wo das Relief des vulkanischen Gebirges auf eine weitere Strecke die herrschenden sanfteren Formen ganz ver- lässt und zu kühneren und malerisch schöneren Gestalten sich erhebt, nämlich den nordwestlichen Theil von Jôshiu, wo zur Seite des Echigo-kaidô etwa mitteweges zwischen Takasaki und Mikuni-tôge verticale, säulenförmige Trachytbildungen bis zu ansehnlicher Höhe emporsteigen. Wenn hier im Sommer die blattwechselnden Bäume und Sträucher, welche am Fusse und aus den Spalten dieser Fels- massen wachsen, mit Grün bekleidet sind und zierliche Farrenkräuter das graue Gestein theilweise überziehen, dann bedarf es geringer Phan- tasie, bei ihrem Anblick an Ruinen mächtiger alter Burgen zu denken. Auch auf der Südwestseite dieser Provinz, südwärts vom Nakasendô und Usui-tôge ragen die wahrscheinlich aus doleritischer Lava be- stehenden dunklen Spitzen des Miogisan und benachbarter Berge wild zerklüftet und burgähnlich aus dem schönen Laubwald hervor. Im Uebrigen dürfte hinsichtlich der Beschaffenheit des vulka- nischen Gesteins noch hervorzuheben sein, dass bei den neueren Eruptionen überall doleritische Laven weit vorherrschen, bei den

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/67>, abgerufen am 04.05.2024.