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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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Gebirgsformationen.
ist auch der Collectivname für die 808 kleinen Inselchen und Felsen,
womit die Bai besät ist. Sie erheben sich steil, doch im Durchschnitt
nur 10--15 Meter hoch aus der See*), sind mit Gebüsch und krüppel-
haften Kiefern bewachsen und haben denselben geologischen Bau, wie
das benachbarte Festland, von dem sie das Meer offenbar allmählich
losgerissen hat. Es ist ein japanischer Garten, den die Natur hier
in grossem Maassstabe geschaffen hat und der die Eingeborenen viel
mehr anspricht als uns Europäer. Die grauweissen Felswände werden
von Südwesten her unterwaschen und ausgehöhlt. Sie bestehen aus
wenig geneigten Schichten grauweisser, sehr bröckliger Sandsteine**),
unterbrochen durch eisenschüssiges Conglomerat aus Sand und Quarz.
Ich untersuchte sie an mehreren Inseln, aber es gelang mir nicht,
irgend welche fossile Reste darin zu entdecken, die einen sicheren
Anhalt zur Bestimmung ihres geologischen Alters hätten geben können;
doch zweifle ich nicht, dass es jungtertiäre Bildungen sind, wie man
sie auch an verschiedenen Stellen der Yedo-Bucht findet".

In der Nähe des Dorfes Matsushima liegen mehrere der Inselchen
so nahe dem Festlande, dass sie durch Brücken damit verbunden
werden konnten. "Die See zwischen ihnen ist allenthalben seicht und
ihr Boden mit Zostera bewachsen". Hiermit stimmt wiederum die
Bemerkung von St. John, wenn er schreibt: "Unfortunately this fine
space of protected water is merely a lagoon. At high tide it has about
6 feet of water". ... "The foundation of these Islands is either a
yellow sandstone rock of soft texture, or grey grit, closely approaching
conglomerate. The stratification is very distinct and horizontal; a few
slips and faults I observed, but they were rare".

Die See hat an verschiedenen Stellen die kleinen Inseln von einer
Seite zur andern durchhöhlt und natürliche Brücken geschaffen. In
der Nähe von Matsushima trifft man alte verlassene Höhlenwohnungen,
welche einst Menschen in diesen weichen Felsen eingruben.

Lyman glaubt die hier vorkommenden Schichten mit denen der
Insel Yezo identificieren zu können, welche er die Horumiu-Gruppe
genannt hat.

*) "The highest of these islands, is about 300 feet, the lowest about 30, generally
speaking 60 to 80 feet is their mean high". St. John. Diese Angaben stimmen ganz
gut mit meinen Beobachtungen. Durchaus irrig aber ist die Schätzung Lyman's,
wenn er schreibt: "The islands are various in size from a few yards in diameter to
several miles" und dann fortfährt: "The highest is perhaps Matsushima (? !), within
sight of which a couple of ri distant on the west, we passed in crossing the bay,
but even that seemed not more than a thousand feet high, if so much".
**) Richtiger Thonstein aus vulkanischem Tuff.

Gebirgsformationen.
ist auch der Collectivname für die 808 kleinen Inselchen und Felsen,
womit die Bai besät ist. Sie erheben sich steil, doch im Durchschnitt
nur 10—15 Meter hoch aus der See*), sind mit Gebüsch und krüppel-
haften Kiefern bewachsen und haben denselben geologischen Bau, wie
das benachbarte Festland, von dem sie das Meer offenbar allmählich
losgerissen hat. Es ist ein japanischer Garten, den die Natur hier
in grossem Maassstabe geschaffen hat und der die Eingeborenen viel
mehr anspricht als uns Europäer. Die grauweissen Felswände werden
von Südwesten her unterwaschen und ausgehöhlt. Sie bestehen aus
wenig geneigten Schichten grauweisser, sehr bröckliger Sandsteine**),
unterbrochen durch eisenschüssiges Conglomerat aus Sand und Quarz.
Ich untersuchte sie an mehreren Inseln, aber es gelang mir nicht,
irgend welche fossile Reste darin zu entdecken, die einen sicheren
Anhalt zur Bestimmung ihres geologischen Alters hätten geben können;
doch zweifle ich nicht, dass es jungtertiäre Bildungen sind, wie man
sie auch an verschiedenen Stellen der Yedo-Bucht findet«.

In der Nähe des Dorfes Matsushima liegen mehrere der Inselchen
so nahe dem Festlande, dass sie durch Brücken damit verbunden
werden konnten. »Die See zwischen ihnen ist allenthalben seicht und
ihr Boden mit Zostera bewachsen«. Hiermit stimmt wiederum die
Bemerkung von St. John, wenn er schreibt: »Unfortunately this fine
space of protected water is merely a lagoon. At high tide it has about
6 feet of water«. … »The foundation of these Islands is either a
yellow sandstone rock of soft texture, or grey grit, closely approaching
conglomerate. The stratification is very distinct and horizontal; a few
slips and faults I observed, but they were rare«.

Die See hat an verschiedenen Stellen die kleinen Inseln von einer
Seite zur andern durchhöhlt und natürliche Brücken geschaffen. In
der Nähe von Matsushima trifft man alte verlassene Höhlenwohnungen,
welche einst Menschen in diesen weichen Felsen eingruben.

Lyman glaubt die hier vorkommenden Schichten mit denen der
Insel Yezo identificieren zu können, welche er die Horumiu-Gruppe
genannt hat.

*) »The highest of these islands, is about 300 feet, the lowest about 30, generally
speaking 60 to 80 feet is their mean high«. St. John. Diese Angaben stimmen ganz
gut mit meinen Beobachtungen. Durchaus irrig aber ist die Schätzung Lyman’s,
wenn er schreibt: »The islands are various in size from a few yards in diameter to
several miles« und dann fortfährt: »The highest is perhaps Matsushima (? !), within
sight of which a couple of ri distant on the west, we passed in crossing the bay,
but even that seemed not more than a thousand feet high, if so much«.
**) Richtiger Thonstein aus vulkanischem Tuff.
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[43/0063] Gebirgsformationen. ist auch der Collectivname für die 808 kleinen Inselchen und Felsen, womit die Bai besät ist. Sie erheben sich steil, doch im Durchschnitt nur 10—15 Meter hoch aus der See *), sind mit Gebüsch und krüppel- haften Kiefern bewachsen und haben denselben geologischen Bau, wie das benachbarte Festland, von dem sie das Meer offenbar allmählich losgerissen hat. Es ist ein japanischer Garten, den die Natur hier in grossem Maassstabe geschaffen hat und der die Eingeborenen viel mehr anspricht als uns Europäer. Die grauweissen Felswände werden von Südwesten her unterwaschen und ausgehöhlt. Sie bestehen aus wenig geneigten Schichten grauweisser, sehr bröckliger Sandsteine **), unterbrochen durch eisenschüssiges Conglomerat aus Sand und Quarz. Ich untersuchte sie an mehreren Inseln, aber es gelang mir nicht, irgend welche fossile Reste darin zu entdecken, die einen sicheren Anhalt zur Bestimmung ihres geologischen Alters hätten geben können; doch zweifle ich nicht, dass es jungtertiäre Bildungen sind, wie man sie auch an verschiedenen Stellen der Yedo-Bucht findet«. In der Nähe des Dorfes Matsushima liegen mehrere der Inselchen so nahe dem Festlande, dass sie durch Brücken damit verbunden werden konnten. »Die See zwischen ihnen ist allenthalben seicht und ihr Boden mit Zostera bewachsen«. Hiermit stimmt wiederum die Bemerkung von St. John, wenn er schreibt: »Unfortunately this fine space of protected water is merely a lagoon. At high tide it has about 6 feet of water«. … »The foundation of these Islands is either a yellow sandstone rock of soft texture, or grey grit, closely approaching conglomerate. The stratification is very distinct and horizontal; a few slips and faults I observed, but they were rare«. Die See hat an verschiedenen Stellen die kleinen Inseln von einer Seite zur andern durchhöhlt und natürliche Brücken geschaffen. In der Nähe von Matsushima trifft man alte verlassene Höhlenwohnungen, welche einst Menschen in diesen weichen Felsen eingruben. Lyman glaubt die hier vorkommenden Schichten mit denen der Insel Yezo identificieren zu können, welche er die Horumiu-Gruppe genannt hat. *) »The highest of these islands, is about 300 feet, the lowest about 30, generally speaking 60 to 80 feet is their mean high«. St. John. Diese Angaben stimmen ganz gut mit meinen Beobachtungen. Durchaus irrig aber ist die Schätzung Lyman’s, wenn er schreibt: »The islands are various in size from a few yards in diameter to several miles« und dann fortfährt: »The highest is perhaps Matsushima (? !), within sight of which a couple of ri distant on the west, we passed in crossing the bay, but even that seemed not more than a thousand feet high, if so much«. **) Richtiger Thonstein aus vulkanischem Tuff.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/63>, abgerufen am 24.11.2024.