lich einer gemeinsamen Quelle. Die hervorragendsten Objecte des Naturdienstes, wie Himmel und Erde, Sonne und Mond, Feuer etc. werden dabei mit der Schöpfungsgeschichte der Urahnen innig ver- woben und mit denselben zum Theil identificiert. Der bemerkens- wertheste Zug des Shintoismus*) oder der Kamilehre Japans ist die göttliche Verehrung der Kami oder Geister berühmter Fürsten, Helden, Gelehrter. Aber neben diesen füllen Legionen untergeordneter Götter das Pantheon des Volkes.
Man kann diesen Kamidienst nur nach der Art, wie er sich in Tempeln, Gebeten und Opfern äussert, eine Religion nennen, denn eigentlich gehen ihm die wesentlichen Merkmale einer solchen, eine bestimmte Glaubens- und Sittenlehre, ganz ab. Das einzig Greifbare des Shintoismus ist ein ausgebildetes Ritual. Die Verehrung des Kami zeigt sich in Opfern und einer Art Liturgie, bestehend in der Recita- tion von einer Adresse und einem Gebete, welche an den Geist ge- richtet sind und Norito heissen. Seine Sittenlehre stammt aus der Moralphilosophie eines Confucius und anderer chinesischer Weisen, während der Buddhismus auf Bau und Einrichtung der Tempel, auf Gewänder und Ceremonieen seinen Einfluss geltend machte und diese Dinge sich dadurch prunkvoller gestalteten. Auch die Wallfahrten führte man nach dem Beispiele der Buddhaverehrer ein.
Als äussere Kennzeichen der Miya's**) oder Shintotempel gelten vor allem die Torii***), Galgenthore oder Portale, durch welche man in ihren Tempelraum (Yashiro) tritt. Sie bestehen aus zwei runden hohen Pfosten, welche in die Erde gesenkt und oben durch einen beiderseits überragenden runden Querbalken verbunden sind, unter dem in kurzem Abstande noch ein zweites rundes oder zugehauenes Verbindungsstück folgt. Die Miya ist in ihrer ursprünglichen, reinen Gestalt sehr einfach, ein Tempelchen ohne Idole, in dessen Haupt- halle (Honden) das Heilige, Anbetungswürdige symbolisiert ist durch mehrere Gegenstände, welche sich auf einem einfachen unlackierten Tische, der den Altar vorstellt, befinden oder zur Seite desselben. Es sind dies ein runder Metallspiegel als Sinnbild des göttlichen Glanzes und (vielleicht) der Sonne; ferner das Gohei+), das sind
*) Das chinesische Wort shin, japanisch kami, bedeutet Geist, Seele, und wird zur Bezeichnung der alten japanischen Götter angewandt; to (do) bedeutet Weg, Lehre.
**) Miya = verehrungswürdiges Haus.
***) Torii, d. h. "Vogelruhe", waren ursprünglich zur Nachtruhe des Ge- flügels bestimmt.
+) Gohei = erhabenes (kaiserliches) Geschenk.
II. Ethnographie.
lich einer gemeinsamen Quelle. Die hervorragendsten Objecte des Naturdienstes, wie Himmel und Erde, Sonne und Mond, Feuer etc. werden dabei mit der Schöpfungsgeschichte der Urahnen innig ver- woben und mit denselben zum Theil identificiert. Der bemerkens- wertheste Zug des Shintôismus*) oder der Kamilehre Japans ist die göttliche Verehrung der Kami oder Geister berühmter Fürsten, Helden, Gelehrter. Aber neben diesen füllen Legionen untergeordneter Götter das Pantheon des Volkes.
Man kann diesen Kamidienst nur nach der Art, wie er sich in Tempeln, Gebeten und Opfern äussert, eine Religion nennen, denn eigentlich gehen ihm die wesentlichen Merkmale einer solchen, eine bestimmte Glaubens- und Sittenlehre, ganz ab. Das einzig Greifbare des Shintôismus ist ein ausgebildetes Ritual. Die Verehrung des Kami zeigt sich in Opfern und einer Art Liturgie, bestehend in der Recita- tion von einer Adresse und einem Gebete, welche an den Geist ge- richtet sind und Norito heissen. Seine Sittenlehre stammt aus der Moralphilosophie eines Confucius und anderer chinesischer Weisen, während der Buddhismus auf Bau und Einrichtung der Tempel, auf Gewänder und Ceremonieen seinen Einfluss geltend machte und diese Dinge sich dadurch prunkvoller gestalteten. Auch die Wallfahrten führte man nach dem Beispiele der Buddhaverehrer ein.
Als äussere Kennzeichen der Miya’s**) oder Shintôtempel gelten vor allem die Torii***), Galgenthore oder Portale, durch welche man in ihren Tempelraum (Yashiro) tritt. Sie bestehen aus zwei runden hohen Pfosten, welche in die Erde gesenkt und oben durch einen beiderseits überragenden runden Querbalken verbunden sind, unter dem in kurzem Abstande noch ein zweites rundes oder zugehauenes Verbindungsstück folgt. Die Miya ist in ihrer ursprünglichen, reinen Gestalt sehr einfach, ein Tempelchen ohne Idole, in dessen Haupt- halle (Honden) das Heilige, Anbetungswürdige symbolisiert ist durch mehrere Gegenstände, welche sich auf einem einfachen unlackierten Tische, der den Altar vorstellt, befinden oder zur Seite desselben. Es sind dies ein runder Metallspiegel als Sinnbild des göttlichen Glanzes und (vielleicht) der Sonne; ferner das Gôhei†), das sind
*) Das chinesische Wort shin, japanisch kami, bedeutet Geist, Seele, und wird zur Bezeichnung der alten japanischen Götter angewandt; tô (dô) bedeutet Weg, Lehre.
**) Miya = verehrungswürdiges Haus.
***) Torii, d. h. »Vogelruhe«, waren ursprünglich zur Nachtruhe des Ge- flügels bestimmt.
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II. Ethnographie.
lich einer gemeinsamen Quelle. Die hervorragendsten Objecte des
Naturdienstes, wie Himmel und Erde, Sonne und Mond, Feuer etc.
werden dabei mit der Schöpfungsgeschichte der Urahnen innig ver-
woben und mit denselben zum Theil identificiert. Der bemerkens-
wertheste Zug des Shintôismus *) oder der Kamilehre Japans ist
die göttliche Verehrung der Kami oder Geister berühmter Fürsten,
Helden, Gelehrter. Aber neben diesen füllen Legionen untergeordneter
Götter das Pantheon des Volkes.
Man kann diesen Kamidienst nur nach der Art, wie er sich in
Tempeln, Gebeten und Opfern äussert, eine Religion nennen, denn
eigentlich gehen ihm die wesentlichen Merkmale einer solchen, eine
bestimmte Glaubens- und Sittenlehre, ganz ab. Das einzig Greifbare
des Shintôismus ist ein ausgebildetes Ritual. Die Verehrung des Kami
zeigt sich in Opfern und einer Art Liturgie, bestehend in der Recita-
tion von einer Adresse und einem Gebete, welche an den Geist ge-
richtet sind und Norito heissen. Seine Sittenlehre stammt aus der
Moralphilosophie eines Confucius und anderer chinesischer Weisen,
während der Buddhismus auf Bau und Einrichtung der Tempel, auf
Gewänder und Ceremonieen seinen Einfluss geltend machte und diese
Dinge sich dadurch prunkvoller gestalteten. Auch die Wallfahrten
führte man nach dem Beispiele der Buddhaverehrer ein.
Als äussere Kennzeichen der Miya’s **) oder Shintôtempel gelten
vor allem die Torii ***), Galgenthore oder Portale, durch welche
man in ihren Tempelraum (Yashiro) tritt. Sie bestehen aus zwei runden
hohen Pfosten, welche in die Erde gesenkt und oben durch einen
beiderseits überragenden runden Querbalken verbunden sind, unter
dem in kurzem Abstande noch ein zweites rundes oder zugehauenes
Verbindungsstück folgt. Die Miya ist in ihrer ursprünglichen, reinen
Gestalt sehr einfach, ein Tempelchen ohne Idole, in dessen Haupt-
halle (Honden) das Heilige, Anbetungswürdige symbolisiert ist durch
mehrere Gegenstände, welche sich auf einem einfachen unlackierten
Tische, der den Altar vorstellt, befinden oder zur Seite desselben.
Es sind dies ein runder Metallspiegel als Sinnbild des göttlichen
Glanzes und (vielleicht) der Sonne; ferner das Gôhei †), das sind
*) Das chinesische Wort shin, japanisch kami, bedeutet Geist, Seele, und
wird zur Bezeichnung der alten japanischen Götter angewandt; tô (dô) bedeutet
Weg, Lehre.
**) Miya = verehrungswürdiges Haus.
***) Torii, d. h. »Vogelruhe«, waren ursprünglich zur Nachtruhe des Ge-
flügels bestimmt.
†) Gôhei = erhabenes (kaiserliches) Geschenk.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/548>, abgerufen am 22.11.2024.
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