Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.7. Periode. Japan seit dem Jahre 1854. Scene zu setzen *). Sein Zweck war, nach Tokio zu ziehen, dieRegierung zu stürzen und Satsuma einen Einfluss beim Mikado zu verschaffen, wie ihn früher die Tokugawa besessen hatten. Die langen Vorbereitungen dazu hatte er noch nicht beendet; das Ungestüm seiner Leute und Freunde riss ihn in den Strudel, früher als er selbst es wünschte. Shimadzu Saburo hatte keinen Theil an der Bewegung, so sehr er sie innerlich wohl bewillkommnen mochte, denn seine Reactionsgelüste wuchsen mit zunehmendem Alter. Oyama, den Gouverneur von Satsuma, das willenlose Werkzeug Saigo war mit seinem durch Zuzüge verstärkten Heer ungehindert *) Hierin hatte er sich verrechnet, die meisten Samurai der Nachbarclane
waren nicht geneigt, für das stolze Satsuma, das immer eine Sonderstellung be- ansprucht hatte, ihre Haut zu Markte zu tragen, und bei den früheren Vasallen der Tokugawa fand Satsuma vollends keine Sympathie. Selbst das in vieler Beziehung gesinnungsverwandte Tosa gewährte die erbetene und theilweise zu- gesagte Mitwirkung nicht, weil Itagaki seinen ganzen Einfluss aufbot, zu be- sänftigen und die Unzufriedenheit durch Beschwerdeschriften zum Ausdruck zu bringen. 7. Periode. Japan seit dem Jahre 1854. Scene zu setzen *). Sein Zweck war, nach Tôkio zu ziehen, dieRegierung zu stürzen und Satsuma einen Einfluss beim Mikado zu verschaffen, wie ihn früher die Tokugawa besessen hatten. Die langen Vorbereitungen dazu hatte er noch nicht beendet; das Ungestüm seiner Leute und Freunde riss ihn in den Strudel, früher als er selbst es wünschte. Shimadzu Saburo hatte keinen Theil an der Bewegung, so sehr er sie innerlich wohl bewillkommnen mochte, denn seine Reactionsgelüste wuchsen mit zunehmendem Alter. Ôyama, den Gouverneur von Satsuma, das willenlose Werkzeug Saigô war mit seinem durch Zuzüge verstärkten Heer ungehindert *) Hierin hatte er sich verrechnet, die meisten Samurai der Nachbarclane
waren nicht geneigt, für das stolze Satsuma, das immer eine Sonderstellung be- ansprucht hatte, ihre Haut zu Markte zu tragen, und bei den früheren Vasallen der Tokugawa fand Satsuma vollends keine Sympathie. Selbst das in vieler Beziehung gesinnungsverwandte Tosa gewährte die erbetene und theilweise zu- gesagte Mitwirkung nicht, weil Itagaki seinen ganzen Einfluss aufbot, zu be- sänftigen und die Unzufriedenheit durch Beschwerdeschriften zum Ausdruck zu bringen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0459" n="431"/><fw place="top" type="header">7. Periode. Japan seit dem Jahre 1854.</fw><lb/> Scene zu setzen <note place="foot" n="*)">Hierin hatte er sich verrechnet, die meisten Samurai der Nachbarclane<lb/> waren nicht geneigt, für das stolze Satsuma, das immer eine Sonderstellung be-<lb/> ansprucht hatte, ihre Haut zu Markte zu tragen, und bei den früheren Vasallen<lb/> der Tokugawa fand Satsuma vollends keine Sympathie. Selbst das in vieler<lb/> Beziehung gesinnungsverwandte Tosa gewährte die erbetene und theilweise zu-<lb/> gesagte Mitwirkung nicht, weil Itagaki seinen ganzen Einfluss aufbot, zu be-<lb/> sänftigen und die Unzufriedenheit durch Beschwerdeschriften zum Ausdruck zu<lb/> bringen.</note>. Sein Zweck war, nach Tôkio zu ziehen, die<lb/> Regierung zu stürzen und Satsuma einen Einfluss beim Mikado zu<lb/> verschaffen, wie ihn früher die Tokugawa besessen hatten. Die langen<lb/> Vorbereitungen dazu hatte er noch nicht beendet; das Ungestüm seiner<lb/> Leute und Freunde riss ihn in den Strudel, früher als er selbst es<lb/> wünschte. <hi rendition="#g">Shimadzu Saburo</hi> hatte keinen Theil an der Bewegung,<lb/> so sehr er sie innerlich wohl bewillkommnen mochte, denn seine<lb/> Reactionsgelüste wuchsen mit zunehmendem Alter.</p><lb/> <p>Ôyama, den Gouverneur von Satsuma, das willenlose Werkzeug<lb/> der Verschwörer, hatte bald nach Ausbruch des Aufstandes ein kaiser-<lb/> licher Abgesandter, welcher vor Kagoshima erschien, bestimmt, auf<lb/> sein Schiff zu kommen, und dann gefangen weggeführt. Zu Naga-<lb/> saki wurde demselben der Process gemacht. Er bekannte, durch ver-<lb/> schiedene Acte den Aufstand wesentlich gefördert zu haben, und<lb/> besiegelte das Geständniss nach Landessitte mit seinem Blut und<lb/> Daumennagel. Am 30. September 1877 wurde er in Nagasaki ent-<lb/> hauptet.</p><lb/> <p>Saigô war mit seinem durch Zuzüge verstärkten Heer ungehindert<lb/> bis <hi rendition="#g">Kumamoto</hi> in Higo gekommen, wo ihm die aus 3000 Mann<lb/> bestehende Besatzung des Schlosses den ersten grösseren Halt gebot.<lb/> Während ein Theil die Belagerung vornahm, rückten 9000 Mann<lb/> weiter nordwärts vor, bis ihnen im nördlichen Higo die von Kokura<lb/> heranziehenden kaiserlichen Truppen den Weg verlegten. Arisugawa-<lb/> no-miya führte wieder das Brocatbanner und kaiserliche Schwert. Am<lb/> 20. März wurden die Rebellen im blutigen Treffen von <hi rendition="#g">Tawarazaka</hi><lb/> zwischen Takase und Uyeki geschlagen und Shinowara getödtet. Die<lb/> Belagerung von Kumamoto musste aufgegeben werden, der Krieg spielte<lb/> sich über Yatsushiro und Hitoyoshi nach Hiuga auf die Ostseite von<lb/> Kiushiu. Nach vielen kleineren Kämpfen, die wir übergehen, fiel am<lb/> 24. Juli die wohlbefestigte Stadt <hi rendition="#g">Miyakonojô</hi> in die Hände der<lb/> Kaiserlichen. Der Kriegsschauplatz schob sich wieder nordwärts und<lb/> es kam endlich zu heissen Kämpfen um den Besitz der alten Schloss-<lb/> stadt <hi rendition="#g">Nobeoka</hi>, des letzten festen Haltes der Rebellen, welcher am<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [431/0459]
7. Periode. Japan seit dem Jahre 1854.
Scene zu setzen *). Sein Zweck war, nach Tôkio zu ziehen, die
Regierung zu stürzen und Satsuma einen Einfluss beim Mikado zu
verschaffen, wie ihn früher die Tokugawa besessen hatten. Die langen
Vorbereitungen dazu hatte er noch nicht beendet; das Ungestüm seiner
Leute und Freunde riss ihn in den Strudel, früher als er selbst es
wünschte. Shimadzu Saburo hatte keinen Theil an der Bewegung,
so sehr er sie innerlich wohl bewillkommnen mochte, denn seine
Reactionsgelüste wuchsen mit zunehmendem Alter.
Ôyama, den Gouverneur von Satsuma, das willenlose Werkzeug
der Verschwörer, hatte bald nach Ausbruch des Aufstandes ein kaiser-
licher Abgesandter, welcher vor Kagoshima erschien, bestimmt, auf
sein Schiff zu kommen, und dann gefangen weggeführt. Zu Naga-
saki wurde demselben der Process gemacht. Er bekannte, durch ver-
schiedene Acte den Aufstand wesentlich gefördert zu haben, und
besiegelte das Geständniss nach Landessitte mit seinem Blut und
Daumennagel. Am 30. September 1877 wurde er in Nagasaki ent-
hauptet.
Saigô war mit seinem durch Zuzüge verstärkten Heer ungehindert
bis Kumamoto in Higo gekommen, wo ihm die aus 3000 Mann
bestehende Besatzung des Schlosses den ersten grösseren Halt gebot.
Während ein Theil die Belagerung vornahm, rückten 9000 Mann
weiter nordwärts vor, bis ihnen im nördlichen Higo die von Kokura
heranziehenden kaiserlichen Truppen den Weg verlegten. Arisugawa-
no-miya führte wieder das Brocatbanner und kaiserliche Schwert. Am
20. März wurden die Rebellen im blutigen Treffen von Tawarazaka
zwischen Takase und Uyeki geschlagen und Shinowara getödtet. Die
Belagerung von Kumamoto musste aufgegeben werden, der Krieg spielte
sich über Yatsushiro und Hitoyoshi nach Hiuga auf die Ostseite von
Kiushiu. Nach vielen kleineren Kämpfen, die wir übergehen, fiel am
24. Juli die wohlbefestigte Stadt Miyakonojô in die Hände der
Kaiserlichen. Der Kriegsschauplatz schob sich wieder nordwärts und
es kam endlich zu heissen Kämpfen um den Besitz der alten Schloss-
stadt Nobeoka, des letzten festen Haltes der Rebellen, welcher am
*) Hierin hatte er sich verrechnet, die meisten Samurai der Nachbarclane
waren nicht geneigt, für das stolze Satsuma, das immer eine Sonderstellung be-
ansprucht hatte, ihre Haut zu Markte zu tragen, und bei den früheren Vasallen
der Tokugawa fand Satsuma vollends keine Sympathie. Selbst das in vieler
Beziehung gesinnungsverwandte Tosa gewährte die erbetene und theilweise zu-
gesagte Mitwirkung nicht, weil Itagaki seinen ganzen Einfluss aufbot, zu be-
sänftigen und die Unzufriedenheit durch Beschwerdeschriften zum Ausdruck zu
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