Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.7. Periode. Japan seit dem Jahre 1874. welche den gewaltigen Umschwung in Japan bekunden, müssen wirnoch einige weitere von grosser Tragweite zählen, die in das Jahr 1876 fallen, nämlich die Beseitigung der Verordnung gegen das Christenthum, die Annahme des Sonntags als officiellen Feiertags und das Verbot des Schwertertragens. In ihrem Verhalten zum Christen- thum hing die Regierung lange an den alten Anschauungen fest, dass es nämlich staatsgefährlich sei, Aufruhr und Missachtung des Mikado errege und desshalb nicht geduldet werden könne. Dem entsprechend setzte dieselbe im Januar 1870 die Verfolgung der armen, harmlosen Bauern von Urakami fort und sandte sie trotz der Remonstration von Sir Harry Parkes, dem englischen Gesandten, welcher damals gerade in Nagasaki war, auf Schiffen nach verschiedenen Provinzen, vor- nehmlich aber nach Kaga. Hier mussten sie in besonderen Gebäuden bei schlechter Kost und zum Theil roher Behandlung unthätig leben, die Frauen getrennt von ihren Männern, die Kinder entfernt von ihren Eltern, bis auch für sie endlich mildere Ansichten zur Geltung kamen und im Jahre 1873 ihre Zurückführung in die Heimath erfolgte. Schon im Jahre 1871 erschien eine viel gelesene Flugschrift, welche das Christenthum befürwortete. Die Schulen, welche Missionäre in Yokohama, Nagasaki und anderen Vertragshäfen eröffneten, wurden fleissig besucht, besonders von jungen Samurai, wenn auch nur um englisch oder französisch und andere zum Fortkommen nöthige Dinge zu lernen. Endlich schwanden auch die alten Anschlagbretter mit ihren Verordnungen gegen die "böse Secte", so dass schon 1873 Niemand gehindert war, christliche Bücher zu lesen, am Gottes- dienste in den Fremdenvierteln sich zu betheiligen und offen sich zum Evangelium zu bekennen. Endlich wurden im Jahre 1876 alle früheren Erlasse und Verwarnungen gegen das Christenthum zurück- genommen. Die Einführung des christlichen Sonntags als Feiertag für den 7. Periode. Japan seit dem Jahre 1874. welche den gewaltigen Umschwung in Japan bekunden, müssen wirnoch einige weitere von grosser Tragweite zählen, die in das Jahr 1876 fallen, nämlich die Beseitigung der Verordnung gegen das Christenthum, die Annahme des Sonntags als officiellen Feiertags und das Verbot des Schwertertragens. In ihrem Verhalten zum Christen- thum hing die Regierung lange an den alten Anschauungen fest, dass es nämlich staatsgefährlich sei, Aufruhr und Missachtung des Mikado errege und desshalb nicht geduldet werden könne. Dem entsprechend setzte dieselbe im Januar 1870 die Verfolgung der armen, harmlosen Bauern von Urakami fort und sandte sie trotz der Remonstration von Sir Harry Parkes, dem englischen Gesandten, welcher damals gerade in Nagasaki war, auf Schiffen nach verschiedenen Provinzen, vor- nehmlich aber nach Kaga. Hier mussten sie in besonderen Gebäuden bei schlechter Kost und zum Theil roher Behandlung unthätig leben, die Frauen getrennt von ihren Männern, die Kinder entfernt von ihren Eltern, bis auch für sie endlich mildere Ansichten zur Geltung kamen und im Jahre 1873 ihre Zurückführung in die Heimath erfolgte. Schon im Jahre 1871 erschien eine viel gelesene Flugschrift, welche das Christenthum befürwortete. Die Schulen, welche Missionäre in Yokohama, Nagasaki und anderen Vertragshäfen eröffneten, wurden fleissig besucht, besonders von jungen Samurai, wenn auch nur um englisch oder französisch und andere zum Fortkommen nöthige Dinge zu lernen. Endlich schwanden auch die alten Anschlagbretter mit ihren Verordnungen gegen die »böse Secte«, so dass schon 1873 Niemand gehindert war, christliche Bücher zu lesen, am Gottes- dienste in den Fremdenvierteln sich zu betheiligen und offen sich zum Evangelium zu bekennen. Endlich wurden im Jahre 1876 alle früheren Erlasse und Verwarnungen gegen das Christenthum zurück- genommen. Die Einführung des christlichen Sonntags als Feiertag für den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0453" n="425"/><fw place="top" type="header">7. Periode. Japan seit dem Jahre 1874.</fw><lb/> welche den gewaltigen Umschwung in Japan bekunden, müssen wir<lb/> noch einige weitere von grosser Tragweite zählen, die in das Jahr<lb/> 1876 fallen, nämlich die Beseitigung der Verordnung gegen das<lb/> Christenthum, die Annahme des Sonntags als officiellen Feiertags und<lb/> das Verbot des Schwertertragens. 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7. Periode. Japan seit dem Jahre 1874.
welche den gewaltigen Umschwung in Japan bekunden, müssen wir
noch einige weitere von grosser Tragweite zählen, die in das Jahr
1876 fallen, nämlich die Beseitigung der Verordnung gegen das
Christenthum, die Annahme des Sonntags als officiellen Feiertags und
das Verbot des Schwertertragens. In ihrem Verhalten zum Christen-
thum hing die Regierung lange an den alten Anschauungen fest, dass
es nämlich staatsgefährlich sei, Aufruhr und Missachtung des Mikado
errege und desshalb nicht geduldet werden könne. Dem entsprechend
setzte dieselbe im Januar 1870 die Verfolgung der armen, harmlosen
Bauern von Urakami fort und sandte sie trotz der Remonstration von
Sir Harry Parkes, dem englischen Gesandten, welcher damals gerade
in Nagasaki war, auf Schiffen nach verschiedenen Provinzen, vor-
nehmlich aber nach Kaga. Hier mussten sie in besonderen Gebäuden
bei schlechter Kost und zum Theil roher Behandlung unthätig leben,
die Frauen getrennt von ihren Männern, die Kinder entfernt von
ihren Eltern, bis auch für sie endlich mildere Ansichten zur Geltung
kamen und im Jahre 1873 ihre Zurückführung in die Heimath erfolgte.
Schon im Jahre 1871 erschien eine viel gelesene Flugschrift, welche
das Christenthum befürwortete. Die Schulen, welche Missionäre in
Yokohama, Nagasaki und anderen Vertragshäfen eröffneten, wurden
fleissig besucht, besonders von jungen Samurai, wenn auch nur um
englisch oder französisch und andere zum Fortkommen nöthige Dinge
zu lernen. Endlich schwanden auch die alten Anschlagbretter mit
ihren Verordnungen gegen die »böse Secte«, so dass schon 1873
Niemand gehindert war, christliche Bücher zu lesen, am Gottes-
dienste in den Fremdenvierteln sich zu betheiligen und offen sich
zum Evangelium zu bekennen. Endlich wurden im Jahre 1876 alle
früheren Erlasse und Verwarnungen gegen das Christenthum zurück-
genommen.
Die Einführung des christlichen Sonntags als Feiertag für den
Beamten — der gemeine Mann hat ausser Neujahr keine regelmäs-
sigen Feiertage — hatte nur äussere, practische Motive. Bisher war
es Sitte, dass jeder fünfte Tag vom ersten des Monats an gerechnet,
also der 1., 6., 11., 16., 21., 26. des Monats, officieller Feiertag
war, den man als Ichi-roku (erster — sechster) bezeichnete. Die
vielen Fremden, zumal Engländer und Amerikaner, welche in japa-
nische Dienste traten, hielten auf ihren Sonntag; an ichi-roku-Tagen
konnten, an Sonntagen mochten sie nicht arbeiten. Hierdurch ent-
standen manche Missstände, welche durch Annahme des Sonntags
als Ruhetag am 1. April 1876 beseitigt wurden. Drei Tage zuvor
war folgende Proclamation erschienen:
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