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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.
mit Japan zu treten. Versuche, welche Katharina II. zu dem Zwecke
anstellen liess, misslangen jedoch vollständig, obgleich man sie mit
einem freundlichen Act gegen Japan einleitete, indem man japanische
Schiffbrüchige zurückführte, welche 10 Jahre zuvor an die Aleuten
verschlagen, gerettet, nach Irkutsk gebracht, hier freundlich behandelt
und in vielen nützlichen Dingen unterrichtet worden waren. Kaiser
Alexander I. erneuerte mehrmals die Bemühungen, doch mit keinem
besseren Erfolg. Bemerkenswerth ist jedoch aus seiner Zeit die Welt-
umsegelung Krusenstern's und dessen sechsmonatlicher Aufenthalt
in der Bucht von Nagasaki (1805), welche der genauen Ermittelung der
Hafenzeit *) dieses Ortes und mancher anderen wichtigen Beobachtung
gewidmet war, während die an Bord befindlichen deutschen Gelehrten
Dr. Horner, Langsdorf und Thilenius theils assistierten, theils
mit anderen Beobachtungen, sowie mit dem Sammeln naturwissen-
schaftlicher Objecte beschäftigt waren. Die Südspitze von Satsuma,
wie die Westküste von Yezo und andere Punkte mehr wurden astro-
nomisch genau bestimmt und manche Verbesserung der bestehenden
Karten damit bewirkt, die noch jetzt zur Erinnerung einige russische
Namen tragen, wie die Strogonoff-Bucht. Doch der Hauptzweck der
Mission, Handelsverbindungen mit Japan anzuknüpfen, wurde ver-
eitelt. Die Gesandtschaft mit ihren Geschenken an Bord kehrte nach
Kamtschatka und Petersburg zurück, wie sie gekommen war.

Im Jahre 1811 legte Golovin, Capitän der russischen Kriegs-
schaluppe Diana, bei der Einfahrt in die Bucht von Kunashiri an,
um Wasser einzunehmen. Zwei Kanonenschüssen von einem benach-
barten Fort und dem Herbeieilen von Soldaten folgte eine längere
Auseinandersetzung, worauf Golovin und fünf Begleiter veranlasst
wurden, ans Land zu kommen, wo man sie erst mit Thee und Sake
(Reisschnaps) bewirthete, dann aber gefangen nahm und gefesselt nach
Hakodate führte. Hier erlangten sie ihre Freiheit wieder, konnten an
Bord der herbeigerufenen Diana gehen und ihre Reise fortsetzen,
wozu sie sich ohne weiteres bequemen mussten.

Nach diesen kurzen Andeutungen über Engländer, Franzosen und
Russen in Japan wenden wir uns wieder den Holländern zu und
betrachten nun in Kürze die Rolle, welche ihnen das 250 jährige
Handelsmonopol mit Japan zu spielen auferlegte. Wir werden sehen,
dass es keine ehrenvolle war, dass die grossen Handelsvortheile

*) Krusenstern setzte dieselbe zu 7 Stunden 52 Minuten 41 Sekunden fest
und wies nach, dass die Fluth im Mittel 7 Fuss beträgt, zuweilen 9--11 Fuss
und am stärksten ist 41 Stunden 36 Minuten nach den Syzygien.

I. Geschichte des japanischen Volkes.
mit Japan zu treten. Versuche, welche Katharina II. zu dem Zwecke
anstellen liess, misslangen jedoch vollständig, obgleich man sie mit
einem freundlichen Act gegen Japan einleitete, indem man japanische
Schiffbrüchige zurückführte, welche 10 Jahre zuvor an die Aleuten
verschlagen, gerettet, nach Irkutsk gebracht, hier freundlich behandelt
und in vielen nützlichen Dingen unterrichtet worden waren. Kaiser
Alexander I. erneuerte mehrmals die Bemühungen, doch mit keinem
besseren Erfolg. Bemerkenswerth ist jedoch aus seiner Zeit die Welt-
umsegelung Krusenstern’s und dessen sechsmonatlicher Aufenthalt
in der Bucht von Nagasaki (1805), welche der genauen Ermittelung der
Hafenzeit *) dieses Ortes und mancher anderen wichtigen Beobachtung
gewidmet war, während die an Bord befindlichen deutschen Gelehrten
Dr. Horner, Langsdorf und Thilenius theils assistierten, theils
mit anderen Beobachtungen, sowie mit dem Sammeln naturwissen-
schaftlicher Objecte beschäftigt waren. Die Südspitze von Satsuma,
wie die Westküste von Yezo und andere Punkte mehr wurden astro-
nomisch genau bestimmt und manche Verbesserung der bestehenden
Karten damit bewirkt, die noch jetzt zur Erinnerung einige russische
Namen tragen, wie die Strogonoff-Bucht. Doch der Hauptzweck der
Mission, Handelsverbindungen mit Japan anzuknüpfen, wurde ver-
eitelt. Die Gesandtschaft mit ihren Geschenken an Bord kehrte nach
Kamtschatka und Petersburg zurück, wie sie gekommen war.

Im Jahre 1811 legte Golovin, Capitän der russischen Kriegs-
schaluppe Diana, bei der Einfahrt in die Bucht von Kunashiri an,
um Wasser einzunehmen. Zwei Kanonenschüssen von einem benach-
barten Fort und dem Herbeieilen von Soldaten folgte eine längere
Auseinandersetzung, worauf Golovin und fünf Begleiter veranlasst
wurden, ans Land zu kommen, wo man sie erst mit Thee und Sake
(Reisschnaps) bewirthete, dann aber gefangen nahm und gefesselt nach
Hakodate führte. Hier erlangten sie ihre Freiheit wieder, konnten an
Bord der herbeigerufenen Diana gehen und ihre Reise fortsetzen,
wozu sie sich ohne weiteres bequemen mussten.

Nach diesen kurzen Andeutungen über Engländer, Franzosen und
Russen in Japan wenden wir uns wieder den Holländern zu und
betrachten nun in Kürze die Rolle, welche ihnen das 250 jährige
Handelsmonopol mit Japan zu spielen auferlegte. Wir werden sehen,
dass es keine ehrenvolle war, dass die grossen Handelsvortheile

*) Krusenstern setzte dieselbe zu 7 Stunden 52 Minuten 41 Sekunden fest
und wies nach, dass die Fluth im Mittel 7 Fuss beträgt, zuweilen 9—11 Fuss
und am stärksten ist 41 Stunden 36 Minuten nach den Syzygien.
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[386/0414] I. Geschichte des japanischen Volkes. mit Japan zu treten. Versuche, welche Katharina II. zu dem Zwecke anstellen liess, misslangen jedoch vollständig, obgleich man sie mit einem freundlichen Act gegen Japan einleitete, indem man japanische Schiffbrüchige zurückführte, welche 10 Jahre zuvor an die Aleuten verschlagen, gerettet, nach Irkutsk gebracht, hier freundlich behandelt und in vielen nützlichen Dingen unterrichtet worden waren. Kaiser Alexander I. erneuerte mehrmals die Bemühungen, doch mit keinem besseren Erfolg. Bemerkenswerth ist jedoch aus seiner Zeit die Welt- umsegelung Krusenstern’s und dessen sechsmonatlicher Aufenthalt in der Bucht von Nagasaki (1805), welche der genauen Ermittelung der Hafenzeit *) dieses Ortes und mancher anderen wichtigen Beobachtung gewidmet war, während die an Bord befindlichen deutschen Gelehrten Dr. Horner, Langsdorf und Thilenius theils assistierten, theils mit anderen Beobachtungen, sowie mit dem Sammeln naturwissen- schaftlicher Objecte beschäftigt waren. Die Südspitze von Satsuma, wie die Westküste von Yezo und andere Punkte mehr wurden astro- nomisch genau bestimmt und manche Verbesserung der bestehenden Karten damit bewirkt, die noch jetzt zur Erinnerung einige russische Namen tragen, wie die Strogonoff-Bucht. Doch der Hauptzweck der Mission, Handelsverbindungen mit Japan anzuknüpfen, wurde ver- eitelt. Die Gesandtschaft mit ihren Geschenken an Bord kehrte nach Kamtschatka und Petersburg zurück, wie sie gekommen war. Im Jahre 1811 legte Golovin, Capitän der russischen Kriegs- schaluppe Diana, bei der Einfahrt in die Bucht von Kunashiri an, um Wasser einzunehmen. Zwei Kanonenschüssen von einem benach- barten Fort und dem Herbeieilen von Soldaten folgte eine längere Auseinandersetzung, worauf Golovin und fünf Begleiter veranlasst wurden, ans Land zu kommen, wo man sie erst mit Thee und Sake (Reisschnaps) bewirthete, dann aber gefangen nahm und gefesselt nach Hakodate führte. Hier erlangten sie ihre Freiheit wieder, konnten an Bord der herbeigerufenen Diana gehen und ihre Reise fortsetzen, wozu sie sich ohne weiteres bequemen mussten. Nach diesen kurzen Andeutungen über Engländer, Franzosen und Russen in Japan wenden wir uns wieder den Holländern zu und betrachten nun in Kürze die Rolle, welche ihnen das 250 jährige Handelsmonopol mit Japan zu spielen auferlegte. Wir werden sehen, dass es keine ehrenvolle war, dass die grossen Handelsvortheile *) Krusenstern setzte dieselbe zu 7 Stunden 52 Minuten 41 Sekunden fest und wies nach, dass die Fluth im Mittel 7 Fuss beträgt, zuweilen 9—11 Fuss und am stärksten ist 41 Stunden 36 Minuten nach den Syzygien.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/414>, abgerufen am 23.11.2024.