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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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6. Periode. Das Shogunat der Tokugawa etc.

Das grosse Abhängigkeitsverhältniss, in welches durch all diese
Anordnungen die Daimio des Landes zum Shogun traten, erhielt
jedoch seine Krönung durch einen Schritt des Iyemitsu und seines
Sohnes Iyetsuna, der empfindlicher in die Rechte der einzelnen
eingriff und von weitragenderen Folgen wurde als Alles, was bisher
in dieser Beziehung geleistet worden war. Er bestand darin, dass
sämmtliche Daimio gezwungen wurden, Yedo als ihre eigentliche
Residenz anzusehen, jedes zweite Jahr dort bei ihren Familien zu
wohnen, die als eine sichere Bürgschaft für ihr Wohlverhalten,
während sie in ihrer Provinz waren, hier zurückbleiben mussten. Die
Sitte, jährlich dem Feudalherrn einen Besuch abzustatten und durch
Uebergabe von Geschenken und Anderes mehr Loyalität zu bezeugen,
war eine ziemlich alte. Früher galt sie dem Mikado, jetzt dem
Shogun. Dem entsprechend ordnete Iyemitsu an, dass die Daimio
hinfort die Hälfte des Jahres in Yedo wohnen sollten, doch mehr in
Form einer Einladung als eines Befehles. Auch kam er seinen Be-
suchern bis zur nächsten Vorstadt freundlich entgegen und hiess sie
willkommen. Diese beschworen ein Document über ihre Lehnstreue
und besiegelten dasselbe der Sitte gemäss mit dem Daumennagel und
dem Blute vom Mittelfinger der rechten Hand. Mehr und mehr schwand
jedoch das Entgegenkommen des Shogun, der Besuch wurde zum
Zwang und genau geregelt. Der Bakufu bestimmte die Zeit, wann
jeder Feudalherr vor dem Shogun zu erscheinen hatte, die Stärke
seines Gefolges, die Art des Ausweichens auf der Landstrasse, das
Maass der dem Hofe zu machenden Geschenke und vieles Andere.
Auf den verschiedenen Gebirgspässen und Eingangsthoren zum Ku-
wanto (siehe pag. 12) waren Wachen errichtet und benachbarten Fudai
übertragen, welche dafür zu sorgen hatten, dass jede Person, unbe-
kümmert um ihren Rang, einer strengen Untersuchung unterworfen
wurde, damit nicht etwa Frauen oder Kinder der Daimios heimlich
Yedo verliessen, um ihre heimathliche Provinz zu erreichen. Die
Daimiozüge selbst von und nach Yedo waren mit grossem Pomp aus-
gestattet und nach dem Range des Feudalherrn aus einer grösseren
oder kleineren Zahl Kerai zusammengesetzt. Sie brachten Leben und
Verkehr auf die Landstrassen und in die Orte, durch welche sie
gingen und die sich so ausdehnten, dass oft mehrere aneinander
stiessen. Zahlreiche und umfangreiche Gasthäuser (Yadoyas) und
Theehäuser (Chaya's) sorgten für die leibliche Verpflegung, Tänze-
rinnen und Sängerinnen (Gesha's) für die Abendunterhaltung. Dem
Zuge wurde ein Sakibure oder Quartiermacher vorausgeschickt, und
wo derselbe das Eintreffen zum Mittagessen oder Uebernachten ver-

6. Periode. Das Shôgunat der Tokugawa etc.

Das grosse Abhängigkeitsverhältniss, in welches durch all diese
Anordnungen die Daimio des Landes zum Shôgun traten, erhielt
jedoch seine Krönung durch einen Schritt des Iyemitsu und seines
Sohnes Iyetsuna, der empfindlicher in die Rechte der einzelnen
eingriff und von weitragenderen Folgen wurde als Alles, was bisher
in dieser Beziehung geleistet worden war. Er bestand darin, dass
sämmtliche Daimio gezwungen wurden, Yedo als ihre eigentliche
Residenz anzusehen, jedes zweite Jahr dort bei ihren Familien zu
wohnen, die als eine sichere Bürgschaft für ihr Wohlverhalten,
während sie in ihrer Provinz waren, hier zurückbleiben mussten. Die
Sitte, jährlich dem Feudalherrn einen Besuch abzustatten und durch
Uebergabe von Geschenken und Anderes mehr Loyalität zu bezeugen,
war eine ziemlich alte. Früher galt sie dem Mikado, jetzt dem
Shôgun. Dem entsprechend ordnete Iyemitsu an, dass die Daimio
hinfort die Hälfte des Jahres in Yedo wohnen sollten, doch mehr in
Form einer Einladung als eines Befehles. Auch kam er seinen Be-
suchern bis zur nächsten Vorstadt freundlich entgegen und hiess sie
willkommen. Diese beschworen ein Document über ihre Lehnstreue
und besiegelten dasselbe der Sitte gemäss mit dem Daumennagel und
dem Blute vom Mittelfinger der rechten Hand. Mehr und mehr schwand
jedoch das Entgegenkommen des Shôgun, der Besuch wurde zum
Zwang und genau geregelt. Der Bakufu bestimmte die Zeit, wann
jeder Feudalherr vor dem Shôgun zu erscheinen hatte, die Stärke
seines Gefolges, die Art des Ausweichens auf der Landstrasse, das
Maass der dem Hofe zu machenden Geschenke und vieles Andere.
Auf den verschiedenen Gebirgspässen und Eingangsthoren zum Ku-
wantô (siehe pag. 12) waren Wachen errichtet und benachbarten Fudai
übertragen, welche dafür zu sorgen hatten, dass jede Person, unbe-
kümmert um ihren Rang, einer strengen Untersuchung unterworfen
wurde, damit nicht etwa Frauen oder Kinder der Daimios heimlich
Yedo verliessen, um ihre heimathliche Provinz zu erreichen. Die
Daimiozüge selbst von und nach Yedo waren mit grossem Pomp aus-
gestattet und nach dem Range des Feudalherrn aus einer grösseren
oder kleineren Zahl Kerai zusammengesetzt. Sie brachten Leben und
Verkehr auf die Landstrassen und in die Orte, durch welche sie
gingen und die sich so ausdehnten, dass oft mehrere aneinander
stiessen. Zahlreiche und umfangreiche Gasthäuser (Yadoyas) und
Theehäuser (Chaya’s) sorgten für die leibliche Verpflegung, Tänze-
rinnen und Sängerinnen (Gesha’s) für die Abendunterhaltung. Dem
Zuge wurde ein Sakibure oder Quartiermacher vorausgeschickt, und
wo derselbe das Eintreffen zum Mittagessen oder Uebernachten ver-

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[373/0399] 6. Periode. Das Shôgunat der Tokugawa etc. Das grosse Abhängigkeitsverhältniss, in welches durch all diese Anordnungen die Daimio des Landes zum Shôgun traten, erhielt jedoch seine Krönung durch einen Schritt des Iyemitsu und seines Sohnes Iyetsuna, der empfindlicher in die Rechte der einzelnen eingriff und von weitragenderen Folgen wurde als Alles, was bisher in dieser Beziehung geleistet worden war. Er bestand darin, dass sämmtliche Daimio gezwungen wurden, Yedo als ihre eigentliche Residenz anzusehen, jedes zweite Jahr dort bei ihren Familien zu wohnen, die als eine sichere Bürgschaft für ihr Wohlverhalten, während sie in ihrer Provinz waren, hier zurückbleiben mussten. Die Sitte, jährlich dem Feudalherrn einen Besuch abzustatten und durch Uebergabe von Geschenken und Anderes mehr Loyalität zu bezeugen, war eine ziemlich alte. Früher galt sie dem Mikado, jetzt dem Shôgun. Dem entsprechend ordnete Iyemitsu an, dass die Daimio hinfort die Hälfte des Jahres in Yedo wohnen sollten, doch mehr in Form einer Einladung als eines Befehles. Auch kam er seinen Be- suchern bis zur nächsten Vorstadt freundlich entgegen und hiess sie willkommen. Diese beschworen ein Document über ihre Lehnstreue und besiegelten dasselbe der Sitte gemäss mit dem Daumennagel und dem Blute vom Mittelfinger der rechten Hand. Mehr und mehr schwand jedoch das Entgegenkommen des Shôgun, der Besuch wurde zum Zwang und genau geregelt. Der Bakufu bestimmte die Zeit, wann jeder Feudalherr vor dem Shôgun zu erscheinen hatte, die Stärke seines Gefolges, die Art des Ausweichens auf der Landstrasse, das Maass der dem Hofe zu machenden Geschenke und vieles Andere. Auf den verschiedenen Gebirgspässen und Eingangsthoren zum Ku- wantô (siehe pag. 12) waren Wachen errichtet und benachbarten Fudai übertragen, welche dafür zu sorgen hatten, dass jede Person, unbe- kümmert um ihren Rang, einer strengen Untersuchung unterworfen wurde, damit nicht etwa Frauen oder Kinder der Daimios heimlich Yedo verliessen, um ihre heimathliche Provinz zu erreichen. Die Daimiozüge selbst von und nach Yedo waren mit grossem Pomp aus- gestattet und nach dem Range des Feudalherrn aus einer grösseren oder kleineren Zahl Kerai zusammengesetzt. Sie brachten Leben und Verkehr auf die Landstrassen und in die Orte, durch welche sie gingen und die sich so ausdehnten, dass oft mehrere aneinander stiessen. Zahlreiche und umfangreiche Gasthäuser (Yadoyas) und Theehäuser (Chaya’s) sorgten für die leibliche Verpflegung, Tänze- rinnen und Sängerinnen (Gesha’s) für die Abendunterhaltung. Dem Zuge wurde ein Sakibure oder Quartiermacher vorausgeschickt, und wo derselbe das Eintreffen zum Mittagessen oder Uebernachten ver-

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/399>, abgerufen am 23.11.2024.