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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Zur Orientierung.
kawa, also ogawa, der grosse Fluss, ko-gawa, der kleine Fluss,
Bach; hori = Canal; hori-wari = canalisierter Fluss. Für Landsee
gebraucht man die Worte midzu-umi (Süsswasser-Meer), kosui und
ko, doch führen im nordwestlichen Japan, namentlich in Echigo ver-
schiedene Seen den Namen kata (gata), Haff, und in der Ebene von
Kuwanto den Beinamen ura, Bucht; ike ist ein Teich, numa ein
Sumpf, Sumpfsee. Die warme Quelle heisst onsen oder ide-yu und
yu (als Praefix oder Affix zum Eigennamen) das warme Bad, die
Therme; yu bedeutet überhaupt warmes Wasser, im Gegensatz zu
midzu, Kaltwasser. Jinoku (i. e. Hölle) ist eine Solfatare, gewöhn-
lich je nach ihrer Stärke o-jinoku oder ko-jinoku genannt.


Lästig und vielfach verwirrend ist die Gewohnheit der Japaner,
den Namen eines Flusses wiederholt in seinem Laufe zu verändern.
Heisst er z. B. anfangs nach dem Berge oder Bezirke, an oder in
welchem er entspringt, so benennt man ihn oft schon unterhalb des
ersten grösseren Ortes nach diesem, um beim zweiten, dritten etc.
weitere Aenderungen vorzunehmen. So heisst der Fluss, welcher der
ganzen Länge nach seinen Lauf durch die Mitte der Provinz Musashi
nimmt, anfangs Arakawa, von der Poststation Todamura am Naka-
sendo an aber Todagawa, bis schon zwei ri weiter abwärts das Dorf
Sumida Anlass zu einer neuen Benennung ist. Der Sumida-gawa
fliesst durch den westlichen Theil der Hauptstadt Tokio und nimmt
hier unterhalb der Hauptbrücke (Riogoku-bashi) den Namen Ogawa
an, unter welchem er endlich in die Yedo-Bucht mündet.

Bei Bergen tritt uns eine andere Schwierigkeit entgegen. Es ist
die häufige Wiederholung desselben Namens. So finden wir das Wort
komagatake (Fohlenberg) mehr als zwei Dutzend mal. Der Ja-
paner setzt dann wohl den Provinz- oder Landschaftsnamen erläuternd
hinzu und redet z. B. von einem Shinano-no-komagatake, Koshiu-no-
komagatake, Yezo-no-komagatake. Aber schon wenn der Berg an
der Grenze zweier Provinzen liegt, kann man im Zweifel sein, welcher
man ihn zuweisen soll, wie viel mehr da, wo auf ihm drei Provinzen
aneinanderstossen. Wiederholt heisst der Berg, beziehungsweise Pass
an einer solchen Stelle Mikuni-yama (Dreiländerberg) und Mikuni-
toge (Dreiländerpass).


I. Zur Orientierung.
kawa, also ogawa, der grosse Fluss, ko-gawa, der kleine Fluss,
Bach; hori = Canal; hori-wari = canalisierter Fluss. Für Landsee
gebraucht man die Worte midzu-umi (Süsswasser-Meer), kosui und
ko, doch führen im nordwestlichen Japan, namentlich in Echigo ver-
schiedene Seen den Namen kata (gata), Haff, und in der Ebene von
Kuwantô den Beinamen ura, Bucht; ike ist ein Teich, numa ein
Sumpf, Sumpfsee. Die warme Quelle heisst onsen oder ide-yu und
yu (als Praefix oder Affix zum Eigennamen) das warme Bad, die
Therme; yu bedeutet überhaupt warmes Wasser, im Gegensatz zu
midzu, Kaltwasser. Jinoku (i. e. Hölle) ist eine Solfatare, gewöhn-
lich je nach ihrer Stärke ô-jinoku oder ko-jinoku genannt.


Lästig und vielfach verwirrend ist die Gewohnheit der Japaner,
den Namen eines Flusses wiederholt in seinem Laufe zu verändern.
Heisst er z. B. anfangs nach dem Berge oder Bezirke, an oder in
welchem er entspringt, so benennt man ihn oft schon unterhalb des
ersten grösseren Ortes nach diesem, um beim zweiten, dritten etc.
weitere Aenderungen vorzunehmen. So heisst der Fluss, welcher der
ganzen Länge nach seinen Lauf durch die Mitte der Provinz Musashi
nimmt, anfangs Arakawa, von der Poststation Todamura am Naka-
sendô an aber Todagawa, bis schon zwei ri weiter abwärts das Dorf
Sumida Anlass zu einer neuen Benennung ist. Der Sumida-gawa
fliesst durch den westlichen Theil der Hauptstadt Tôkio und nimmt
hier unterhalb der Hauptbrücke (Riôgoku-bashi) den Namen Ogawa
an, unter welchem er endlich in die Yedo-Bucht mündet.

Bei Bergen tritt uns eine andere Schwierigkeit entgegen. Es ist
die häufige Wiederholung desselben Namens. So finden wir das Wort
komagatake (Fohlenberg) mehr als zwei Dutzend mal. Der Ja-
paner setzt dann wohl den Provinz- oder Landschaftsnamen erläuternd
hinzu und redet z. B. von einem Shinano-no-komagatake, Kôshiu-no-
komagatake, Yezo-no-komagatake. Aber schon wenn der Berg an
der Grenze zweier Provinzen liegt, kann man im Zweifel sein, welcher
man ihn zuweisen soll, wie viel mehr da, wo auf ihm drei Provinzen
aneinanderstossen. Wiederholt heisst der Berg, beziehungsweise Pass
an einer solchen Stelle Mikuni-yama (Dreiländerberg) und Mikuni-
tôge (Dreiländerpass).


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[16/0036] I. Zur Orientierung. kawa, also ogawa, der grosse Fluss, ko-gawa, der kleine Fluss, Bach; hori = Canal; hori-wari = canalisierter Fluss. Für Landsee gebraucht man die Worte midzu-umi (Süsswasser-Meer), kosui und ko, doch führen im nordwestlichen Japan, namentlich in Echigo ver- schiedene Seen den Namen kata (gata), Haff, und in der Ebene von Kuwantô den Beinamen ura, Bucht; ike ist ein Teich, numa ein Sumpf, Sumpfsee. Die warme Quelle heisst onsen oder ide-yu und yu (als Praefix oder Affix zum Eigennamen) das warme Bad, die Therme; yu bedeutet überhaupt warmes Wasser, im Gegensatz zu midzu, Kaltwasser. Jinoku (i. e. Hölle) ist eine Solfatare, gewöhn- lich je nach ihrer Stärke ô-jinoku oder ko-jinoku genannt. Lästig und vielfach verwirrend ist die Gewohnheit der Japaner, den Namen eines Flusses wiederholt in seinem Laufe zu verändern. Heisst er z. B. anfangs nach dem Berge oder Bezirke, an oder in welchem er entspringt, so benennt man ihn oft schon unterhalb des ersten grösseren Ortes nach diesem, um beim zweiten, dritten etc. weitere Aenderungen vorzunehmen. So heisst der Fluss, welcher der ganzen Länge nach seinen Lauf durch die Mitte der Provinz Musashi nimmt, anfangs Arakawa, von der Poststation Todamura am Naka- sendô an aber Todagawa, bis schon zwei ri weiter abwärts das Dorf Sumida Anlass zu einer neuen Benennung ist. Der Sumida-gawa fliesst durch den westlichen Theil der Hauptstadt Tôkio und nimmt hier unterhalb der Hauptbrücke (Riôgoku-bashi) den Namen Ogawa an, unter welchem er endlich in die Yedo-Bucht mündet. Bei Bergen tritt uns eine andere Schwierigkeit entgegen. Es ist die häufige Wiederholung desselben Namens. So finden wir das Wort komagatake (Fohlenberg) mehr als zwei Dutzend mal. Der Ja- paner setzt dann wohl den Provinz- oder Landschaftsnamen erläuternd hinzu und redet z. B. von einem Shinano-no-komagatake, Kôshiu-no- komagatake, Yezo-no-komagatake. Aber schon wenn der Berg an der Grenze zweier Provinzen liegt, kann man im Zweifel sein, welcher man ihn zuweisen soll, wie viel mehr da, wo auf ihm drei Provinzen aneinanderstossen. Wiederholt heisst der Berg, beziehungsweise Pass an einer solchen Stelle Mikuni-yama (Dreiländerberg) und Mikuni- tôge (Dreiländerpass).

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/36>, abgerufen am 26.04.2024.