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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc.
welche er in den Händen des Fürsten von Bungo gelassen hatte und
woselbst er eine neue Stütze zu finden hoffte. Dieser hatte seine
Pflichten schlecht wahrgenommen, zwei Stützpunkte der Armee auf-
gegeben und sich in das dritte Fort südlich von Pingshang, welches
Konishi gebaut hatte, zurückgezogen. So musste Konishi mit seinem
reducierten Heere Tag und Nacht weiter marschieren, bis er endlich
am dritten Tage den Fürsten von Bungo mit Truppen und Vorräthen
wohl versehen traf und nun beschloss, hier den Winter zu verbringen
und im Frühjahre wieder nordwärts gegen Pingshang vorzurücken.

Taikosama, der von all diesen Vorgängen unterrichtet wurde,
nahm dem Daimio von Bungo *) seine Herrschaft, weil er sich einer
solchen nicht würdig gezeigt habe, belobte Konishi und die übrigen
Führer, ermahnte sie, auszuhalten bis zum Frühling, wo er selbst
Hülfe bringen wolle, und sprach die Erwartung aus, dass der Feind
sie unbelästigt lassen werde. Hierin hatte er sich jedoch getäuscht.
Derselbe rückte mit einer zahlreichen Armee heran; Konishi zog ihm
entgegen, man kämpfte mit grosser Wuth den ganzen Tag und trotz
bedeutender Verluste beiderseits ohne bestimmten Erfolg. Indess
boten, als die Nacht herankam, die Chinesen und Koreaner Waffen-
stillstand und Friedensunterhandlungen an, was Konishi sehr er-
wünscht kam.

Nach der Uebereinkunft, welche nun getroffen wurde, sollten
sich die Japaner auf die 12 von ihnen eroberten festen Küstenplätze
zurückziehen und, so lange die Friedensverhandlungen dauerten, die
Waffen ruhen. Alsbald reiste Konishi in Begleitung eines chinesischen
und zweier koreanischen Abgesandten an den Hof des Taiko-sama,
um hier über die Friedensbedingungen weiter zu unterhandeln. Die
Japaner stellten folgende Forderungen: 1. Korea cediert die fünf
südlichsten seiner acht Provinzen an Japan. 2. Der Kaiser von China
sendet Taiko-sama eine seiner Töchter zur Frau, um das Band des
Friedens und der Freundschaft zwischen den beiden Reichen zu be-
festigen. 3. China und Japan treten wieder in ihre alten Handels-
beziehungen zu einander. 4. China und Korea zahlen an Japan jähr-
lich einen noch näher zu bestimmenden Tribut.

*) Es war dies der Sohn von Otomo Yoshishige, welch letzterer die Jesuiten-
väter so freundlich aufgenommen, sich selbst zum Christenthume bekannt, seine
Herrschaft weit ausgedehnt, aber an seinem Lebensabend zum grossen Theile in
Folge der Unfähigkeit seines Sohnes verloren hatte. Dieser Sohn, von den Je-
suiten Constantin genannt, war ein Schwächling und Apostat, der vom Christen-
thume abfiel, als er befürchtete, seine Herrschaft zu verlieren, und sich dann
wieder aufnehmen liess, als sein Vetter aus Europa kam.

5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc.
welche er in den Händen des Fürsten von Bungo gelassen hatte und
woselbst er eine neue Stütze zu finden hoffte. Dieser hatte seine
Pflichten schlecht wahrgenommen, zwei Stützpunkte der Armee auf-
gegeben und sich in das dritte Fort südlich von Pingshang, welches
Konishi gebaut hatte, zurückgezogen. So musste Konishi mit seinem
reducierten Heere Tag und Nacht weiter marschieren, bis er endlich
am dritten Tage den Fürsten von Bungo mit Truppen und Vorräthen
wohl versehen traf und nun beschloss, hier den Winter zu verbringen
und im Frühjahre wieder nordwärts gegen Pingshang vorzurücken.

Taikôsama, der von all diesen Vorgängen unterrichtet wurde,
nahm dem Daimio von Bungo *) seine Herrschaft, weil er sich einer
solchen nicht würdig gezeigt habe, belobte Konishi und die übrigen
Führer, ermahnte sie, auszuhalten bis zum Frühling, wo er selbst
Hülfe bringen wolle, und sprach die Erwartung aus, dass der Feind
sie unbelästigt lassen werde. Hierin hatte er sich jedoch getäuscht.
Derselbe rückte mit einer zahlreichen Armee heran; Konishi zog ihm
entgegen, man kämpfte mit grosser Wuth den ganzen Tag und trotz
bedeutender Verluste beiderseits ohne bestimmten Erfolg. Indess
boten, als die Nacht herankam, die Chinesen und Koreaner Waffen-
stillstand und Friedensunterhandlungen an, was Konishi sehr er-
wünscht kam.

Nach der Uebereinkunft, welche nun getroffen wurde, sollten
sich die Japaner auf die 12 von ihnen eroberten festen Küstenplätze
zurückziehen und, so lange die Friedensverhandlungen dauerten, die
Waffen ruhen. Alsbald reiste Konishi in Begleitung eines chinesischen
und zweier koreanischen Abgesandten an den Hof des Taikô-sama,
um hier über die Friedensbedingungen weiter zu unterhandeln. Die
Japaner stellten folgende Forderungen: 1. Korea cediert die fünf
südlichsten seiner acht Provinzen an Japan. 2. Der Kaiser von China
sendet Taikô-sama eine seiner Töchter zur Frau, um das Band des
Friedens und der Freundschaft zwischen den beiden Reichen zu be-
festigen. 3. China und Japan treten wieder in ihre alten Handels-
beziehungen zu einander. 4. China und Korea zahlen an Japan jähr-
lich einen noch näher zu bestimmenden Tribut.

*) Es war dies der Sohn von Ôtomo Yoshishige, welch letzterer die Jesuiten-
väter so freundlich aufgenommen, sich selbst zum Christenthume bekannt, seine
Herrschaft weit ausgedehnt, aber an seinem Lebensabend zum grossen Theile in
Folge der Unfähigkeit seines Sohnes verloren hatte. Dieser Sohn, von den Je-
suiten Constantin genannt, war ein Schwächling und Apostat, der vom Christen-
thume abfiel, als er befürchtete, seine Herrschaft zu verlieren, und sich dann
wieder aufnehmen liess, als sein Vetter aus Europa kam.
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[331/0357] 5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc. welche er in den Händen des Fürsten von Bungo gelassen hatte und woselbst er eine neue Stütze zu finden hoffte. Dieser hatte seine Pflichten schlecht wahrgenommen, zwei Stützpunkte der Armee auf- gegeben und sich in das dritte Fort südlich von Pingshang, welches Konishi gebaut hatte, zurückgezogen. So musste Konishi mit seinem reducierten Heere Tag und Nacht weiter marschieren, bis er endlich am dritten Tage den Fürsten von Bungo mit Truppen und Vorräthen wohl versehen traf und nun beschloss, hier den Winter zu verbringen und im Frühjahre wieder nordwärts gegen Pingshang vorzurücken. Taikôsama, der von all diesen Vorgängen unterrichtet wurde, nahm dem Daimio von Bungo *) seine Herrschaft, weil er sich einer solchen nicht würdig gezeigt habe, belobte Konishi und die übrigen Führer, ermahnte sie, auszuhalten bis zum Frühling, wo er selbst Hülfe bringen wolle, und sprach die Erwartung aus, dass der Feind sie unbelästigt lassen werde. Hierin hatte er sich jedoch getäuscht. Derselbe rückte mit einer zahlreichen Armee heran; Konishi zog ihm entgegen, man kämpfte mit grosser Wuth den ganzen Tag und trotz bedeutender Verluste beiderseits ohne bestimmten Erfolg. Indess boten, als die Nacht herankam, die Chinesen und Koreaner Waffen- stillstand und Friedensunterhandlungen an, was Konishi sehr er- wünscht kam. Nach der Uebereinkunft, welche nun getroffen wurde, sollten sich die Japaner auf die 12 von ihnen eroberten festen Küstenplätze zurückziehen und, so lange die Friedensverhandlungen dauerten, die Waffen ruhen. Alsbald reiste Konishi in Begleitung eines chinesischen und zweier koreanischen Abgesandten an den Hof des Taikô-sama, um hier über die Friedensbedingungen weiter zu unterhandeln. Die Japaner stellten folgende Forderungen: 1. Korea cediert die fünf südlichsten seiner acht Provinzen an Japan. 2. Der Kaiser von China sendet Taikô-sama eine seiner Töchter zur Frau, um das Band des Friedens und der Freundschaft zwischen den beiden Reichen zu be- festigen. 3. China und Japan treten wieder in ihre alten Handels- beziehungen zu einander. 4. China und Korea zahlen an Japan jähr- lich einen noch näher zu bestimmenden Tribut. *) Es war dies der Sohn von Ôtomo Yoshishige, welch letzterer die Jesuiten- väter so freundlich aufgenommen, sich selbst zum Christenthume bekannt, seine Herrschaft weit ausgedehnt, aber an seinem Lebensabend zum grossen Theile in Folge der Unfähigkeit seines Sohnes verloren hatte. Dieser Sohn, von den Je- suiten Constantin genannt, war ein Schwächling und Apostat, der vom Christen- thume abfiel, als er befürchtete, seine Herrschaft zu verlieren, und sich dann wieder aufnehmen liess, als sein Vetter aus Europa kam.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/357>, abgerufen am 17.05.2024.