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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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VI. Klima.

Die relative Feuchtigkeit ist im allgemeinen im Sommer
am beträchtlichsten und im Süden Japans etwas grösser als im Norden.
Durchschnittlich beträgt sie 82 % für die warme, 71 % für die kalte
Jahreszeit und 76 % für das Jahr. Von der Regel, dass sie gen
Süden zunimmt, scheint Hakodate in so fern eine Ausnahme zu machen,
als hier im Sommer 85,6 %, im Winter 81 %, im Jahre aber 82 %
angegeben werden. Die Beobachtungen daselbst als zuverlässig an-
genommen, dürfte diese auffallende Abweichung auf die durch die
Tsugaru-Strasse, sowie die von Nordosten herkommende Meeresströ-
mung zurückzuführen sein; denn durch die Begegnung beider und
die Vermischung kalter und warmer Luftschichten lässt sich hier der
höhere Feuchtigkeitsgehalt der Luft eben so leicht verstehen, wie die
häufige Nebelbildung.

Was die Menge und Vertheilung der jährlichen Nieder-
schläge
anlangt, so sind die meisten hierüber bis jetzt gemachten
Beobachtungen sehr lückenhaft und schon desshalb ungenügend, weil
sie sich über eine zu kurze Zeit erstrecken. Immerhin erkennen wir
daraus die wichtige Thatsache, dass diese Niederschläge durchweg
beträchtlich und viel ansehnlicher, als auf dem benachbarten Conti-
nente, dass sie über das ganze Jahr vertheilt sind, der wärmeren
Jahreszeit aber im allgemeinen in viel grösserer Menge zu Gute
kommen als der kalten.

Die nachstehende Uebersicht bestätigt das hier Gesagte. Fast
allenthalben sind die fünf Monate November bis März relativ trocken;
nur auf Yezo scheint eine gleichmässigere Vertheilung der Nieder-
schläge auf das ganze Jahr zu bestehen. Auffallend gross ist die
Jahresmenge von Tokio und Yokohama gegenüber anderen Orten.
So lange indess nicht mehr Beobachtungen vorliegen und von grösseren
Zeiträumen, erscheint es als ein sehr fruchtloses Bemühen, die beim
Vergleich der Jahresmengen und ihrer Vertheilung sich ergebenden
Differenzen deuten zu wollen; denn bei keinem meteorologischen Ele-
mente sind dieselben in den verschiedenen Jahren so gross und be-
deutend, als gerade hier. So hatte beispielsweise San Francisco im
Jahre 1865 nur 11,73 Zoll Regen, ein Jahr darauf aber 34,04 Zoll,
also fast die dreifache Menge, und in Yokohama steht der hier ver-
zeichneten Menge von 1794 mm, als Mittel von siebenjährigen Beob-
achtungen des Dr. Hepburn, die einjährige des Dr. Mourier mit
nur 1058,4 mm gegenüber. Der Nachsommer und Herbst 1878 zeich-
neten sich durch besonders reiche Niederschläge aus, und das Land
litt in Folge derselben vielfach durch Ueberschwemmungen. In Tokio
betrug nach Knipping die Regenmenge während des September

VI. Klima.

Die relative Feuchtigkeit ist im allgemeinen im Sommer
am beträchtlichsten und im Süden Japans etwas grösser als im Norden.
Durchschnittlich beträgt sie 82 % für die warme, 71 % für die kalte
Jahreszeit und 76 % für das Jahr. Von der Regel, dass sie gen
Süden zunimmt, scheint Hakodate in so fern eine Ausnahme zu machen,
als hier im Sommer 85,6 %, im Winter 81 %, im Jahre aber 82 %
angegeben werden. Die Beobachtungen daselbst als zuverlässig an-
genommen, dürfte diese auffallende Abweichung auf die durch die
Tsugaru-Strasse, sowie die von Nordosten herkommende Meeresströ-
mung zurückzuführen sein; denn durch die Begegnung beider und
die Vermischung kalter und warmer Luftschichten lässt sich hier der
höhere Feuchtigkeitsgehalt der Luft eben so leicht verstehen, wie die
häufige Nebelbildung.

Was die Menge und Vertheilung der jährlichen Nieder-
schläge
anlangt, so sind die meisten hierüber bis jetzt gemachten
Beobachtungen sehr lückenhaft und schon desshalb ungenügend, weil
sie sich über eine zu kurze Zeit erstrecken. Immerhin erkennen wir
daraus die wichtige Thatsache, dass diese Niederschläge durchweg
beträchtlich und viel ansehnlicher, als auf dem benachbarten Conti-
nente, dass sie über das ganze Jahr vertheilt sind, der wärmeren
Jahreszeit aber im allgemeinen in viel grösserer Menge zu Gute
kommen als der kalten.

Die nachstehende Uebersicht bestätigt das hier Gesagte. Fast
allenthalben sind die fünf Monate November bis März relativ trocken;
nur auf Yezo scheint eine gleichmässigere Vertheilung der Nieder-
schläge auf das ganze Jahr zu bestehen. Auffallend gross ist die
Jahresmenge von Tôkio und Yokohama gegenüber anderen Orten.
So lange indess nicht mehr Beobachtungen vorliegen und von grösseren
Zeiträumen, erscheint es als ein sehr fruchtloses Bemühen, die beim
Vergleich der Jahresmengen und ihrer Vertheilung sich ergebenden
Differenzen deuten zu wollen; denn bei keinem meteorologischen Ele-
mente sind dieselben in den verschiedenen Jahren so gross und be-
deutend, als gerade hier. So hatte beispielsweise San Francisco im
Jahre 1865 nur 11,73 Zoll Regen, ein Jahr darauf aber 34,04 Zoll,
also fast die dreifache Menge, und in Yokohama steht der hier ver-
zeichneten Menge von 1794 mm, als Mittel von siebenjährigen Beob-
achtungen des Dr. Hepburn, die einjährige des Dr. Mourier mit
nur 1058,4 mm gegenüber. Der Nachsommer und Herbst 1878 zeich-
neten sich durch besonders reiche Niederschläge aus, und das Land
litt in Folge derselben vielfach durch Ueberschwemmungen. In Tôkio
betrug nach Knipping die Regenmenge während des September

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[138/0160] VI. Klima. Die relative Feuchtigkeit ist im allgemeinen im Sommer am beträchtlichsten und im Süden Japans etwas grösser als im Norden. Durchschnittlich beträgt sie 82 % für die warme, 71 % für die kalte Jahreszeit und 76 % für das Jahr. Von der Regel, dass sie gen Süden zunimmt, scheint Hakodate in so fern eine Ausnahme zu machen, als hier im Sommer 85,6 %, im Winter 81 %, im Jahre aber 82 % angegeben werden. Die Beobachtungen daselbst als zuverlässig an- genommen, dürfte diese auffallende Abweichung auf die durch die Tsugaru-Strasse, sowie die von Nordosten herkommende Meeresströ- mung zurückzuführen sein; denn durch die Begegnung beider und die Vermischung kalter und warmer Luftschichten lässt sich hier der höhere Feuchtigkeitsgehalt der Luft eben so leicht verstehen, wie die häufige Nebelbildung. Was die Menge und Vertheilung der jährlichen Nieder- schläge anlangt, so sind die meisten hierüber bis jetzt gemachten Beobachtungen sehr lückenhaft und schon desshalb ungenügend, weil sie sich über eine zu kurze Zeit erstrecken. Immerhin erkennen wir daraus die wichtige Thatsache, dass diese Niederschläge durchweg beträchtlich und viel ansehnlicher, als auf dem benachbarten Conti- nente, dass sie über das ganze Jahr vertheilt sind, der wärmeren Jahreszeit aber im allgemeinen in viel grösserer Menge zu Gute kommen als der kalten. Die nachstehende Uebersicht bestätigt das hier Gesagte. Fast allenthalben sind die fünf Monate November bis März relativ trocken; nur auf Yezo scheint eine gleichmässigere Vertheilung der Nieder- schläge auf das ganze Jahr zu bestehen. Auffallend gross ist die Jahresmenge von Tôkio und Yokohama gegenüber anderen Orten. So lange indess nicht mehr Beobachtungen vorliegen und von grösseren Zeiträumen, erscheint es als ein sehr fruchtloses Bemühen, die beim Vergleich der Jahresmengen und ihrer Vertheilung sich ergebenden Differenzen deuten zu wollen; denn bei keinem meteorologischen Ele- mente sind dieselben in den verschiedenen Jahren so gross und be- deutend, als gerade hier. So hatte beispielsweise San Francisco im Jahre 1865 nur 11,73 Zoll Regen, ein Jahr darauf aber 34,04 Zoll, also fast die dreifache Menge, und in Yokohama steht der hier ver- zeichneten Menge von 1794 mm, als Mittel von siebenjährigen Beob- achtungen des Dr. Hepburn, die einjährige des Dr. Mourier mit nur 1058,4 mm gegenüber. Der Nachsommer und Herbst 1878 zeich- neten sich durch besonders reiche Niederschläge aus, und das Land litt in Folge derselben vielfach durch Ueberschwemmungen. In Tôkio betrug nach Knipping die Regenmenge während des September

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/160>, abgerufen am 21.11.2024.