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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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VI. Klima.
wasser seine höchste Temperatur besitzt und die darauf ruhende
Luftschicht besonders reich an Wasserdampf ist. In den kältesten
Monaten des Jahres kommen Wirbelstürme fast eben so wenig auf
dem Indischen Ocean, wie in dem östlichen Monsungebiete vor.

Die relative Häufigkeit der Taifune nimmt im allgemeinen vom
38. Breitegrade, der Nordgrenze ihres Auftretens, nach Süden zu,
scheint auch auf der Ostseite der Inseln grösser zu sein, als im Westen,
und hängt ohne Zweifel mit dem Kuro-shiwo zusammen, dem sie
wenigstens theilweise folgen. Die deflectierende Wirkung des Kuro-
shiwo und der Tsushima-Strömung auf manche Taifune hat sich auch
wieder bei denen im September 1878 gezeigt, welche E. Knipping
im 18. Hefte der Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft einer ein-
gehenden und interessanten Untersuchung unterwirft. Nebenbei scheint
das Binnenmeer, wenn auch nicht ein Ausgang, so doch ein besonders
geeigneter Weg für das Weiterschreiten der mehr südwärts entstehen-
den Drehstürme zu sein.

Von den letzten 10 Jahren war der Nachsommer 1874 durch ver-
heerende Taifune besonders ausgezeichnet. Tafel IX gibt die meteoro-
logischen Beobachtungen, welche während des Verlaufes eines solchen
in Nagasaki angestellt wurden. Derselbe trat in der Nacht vom
20. auf den 21. August ein und richtete in ganz Hizen grosse Ver-
wüstungen an. Das Barometer war im Laufe des Tages von 759,0 mm
am Morgen bis 6 Uhr Abends um 15,5 mm gefallen; in den folgen-
den 63/4 Stunden sank es bis auf 719,8 mm, also im Laufe von
18 Stunden um 39,2 mm oder 1,45 p. Zoll, und stieg dann in den
folgenden 9 Stunden wieder bis beinahe zur normalen Höhe. Be-
merkenswerth ist ferner, dass die Temperatur bei Ausbruch dieses
Taifun hoch war und noch etwas stieg, dass heftige Regen voraus-
gingen, seinen Verlauf begleiteten und ihm noch 3 Tage lang nach-
folgten. Der Niederschlag während seiner Dauer betrug 57,9 mm
und an den drei folgenden Tagen sogar die enorme Menge von
351,8 mm, im ganzen also 409,7 mm oder mehr als 15 p. Zoll.
Noch sechs Tage lang nach dem Sturme war der Himmel stark be-
wölkt und traten häufig südwestliche Regenschauer ein.

Gross waren die Verheerungen, welche dieser Sturm an den
Häusern der Stadt, insbesondere auch auf Deshima, unter den Schiffen
im Hafen, sowie auf dem Felde anrichtete, und noch im folgenden
Jahre konnte man an vielen Orten seine Spuren verfolgen. Leider
war es nicht möglich, das ganze Verbreitungsgebiet dieses Sturmes
festzustellen; von dem, was sich noch weiter über ihn ermitteln liess,
möge das Wichtigste hier folgen:

VI. Klima.
wasser seine höchste Temperatur besitzt und die darauf ruhende
Luftschicht besonders reich an Wasserdampf ist. In den kältesten
Monaten des Jahres kommen Wirbelstürme fast eben so wenig auf
dem Indischen Ocean, wie in dem östlichen Monsungebiete vor.

Die relative Häufigkeit der Taifúne nimmt im allgemeinen vom
38. Breitegrade, der Nordgrenze ihres Auftretens, nach Süden zu,
scheint auch auf der Ostseite der Inseln grösser zu sein, als im Westen,
und hängt ohne Zweifel mit dem Kuro-shiwo zusammen, dem sie
wenigstens theilweise folgen. Die deflectierende Wirkung des Kuro-
shiwo und der Tsushima-Strömung auf manche Taifúne hat sich auch
wieder bei denen im September 1878 gezeigt, welche E. Knipping
im 18. Hefte der Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft einer ein-
gehenden und interessanten Untersuchung unterwirft. Nebenbei scheint
das Binnenmeer, wenn auch nicht ein Ausgang, so doch ein besonders
geeigneter Weg für das Weiterschreiten der mehr südwärts entstehen-
den Drehstürme zu sein.

Von den letzten 10 Jahren war der Nachsommer 1874 durch ver-
heerende Taifúne besonders ausgezeichnet. Tafel IX gibt die meteoro-
logischen Beobachtungen, welche während des Verlaufes eines solchen
in Nagasaki angestellt wurden. Derselbe trat in der Nacht vom
20. auf den 21. August ein und richtete in ganz Hizen grosse Ver-
wüstungen an. Das Barometer war im Laufe des Tages von 759,0 mm
am Morgen bis 6 Uhr Abends um 15,5 mm gefallen; in den folgen-
den 6¾ Stunden sank es bis auf 719,8 mm, also im Laufe von
18 Stunden um 39,2 mm oder 1,45 p. Zoll, und stieg dann in den
folgenden 9 Stunden wieder bis beinahe zur normalen Höhe. Be-
merkenswerth ist ferner, dass die Temperatur bei Ausbruch dieses
Taifún hoch war und noch etwas stieg, dass heftige Regen voraus-
gingen, seinen Verlauf begleiteten und ihm noch 3 Tage lang nach-
folgten. Der Niederschlag während seiner Dauer betrug 57,9 mm
und an den drei folgenden Tagen sogar die enorme Menge von
351,8 mm, im ganzen also 409,7 mm oder mehr als 15 p. Zoll.
Noch sechs Tage lang nach dem Sturme war der Himmel stark be-
wölkt und traten häufig südwestliche Regenschauer ein.

Gross waren die Verheerungen, welche dieser Sturm an den
Häusern der Stadt, insbesondere auch auf Deshima, unter den Schiffen
im Hafen, sowie auf dem Felde anrichtete, und noch im folgenden
Jahre konnte man an vielen Orten seine Spuren verfolgen. Leider
war es nicht möglich, das ganze Verbreitungsgebiet dieses Sturmes
festzustellen; von dem, was sich noch weiter über ihn ermitteln liess,
möge das Wichtigste hier folgen:

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[134/0156] VI. Klima. wasser seine höchste Temperatur besitzt und die darauf ruhende Luftschicht besonders reich an Wasserdampf ist. In den kältesten Monaten des Jahres kommen Wirbelstürme fast eben so wenig auf dem Indischen Ocean, wie in dem östlichen Monsungebiete vor. Die relative Häufigkeit der Taifúne nimmt im allgemeinen vom 38. Breitegrade, der Nordgrenze ihres Auftretens, nach Süden zu, scheint auch auf der Ostseite der Inseln grösser zu sein, als im Westen, und hängt ohne Zweifel mit dem Kuro-shiwo zusammen, dem sie wenigstens theilweise folgen. Die deflectierende Wirkung des Kuro- shiwo und der Tsushima-Strömung auf manche Taifúne hat sich auch wieder bei denen im September 1878 gezeigt, welche E. Knipping im 18. Hefte der Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft einer ein- gehenden und interessanten Untersuchung unterwirft. Nebenbei scheint das Binnenmeer, wenn auch nicht ein Ausgang, so doch ein besonders geeigneter Weg für das Weiterschreiten der mehr südwärts entstehen- den Drehstürme zu sein. Von den letzten 10 Jahren war der Nachsommer 1874 durch ver- heerende Taifúne besonders ausgezeichnet. Tafel IX gibt die meteoro- logischen Beobachtungen, welche während des Verlaufes eines solchen in Nagasaki angestellt wurden. Derselbe trat in der Nacht vom 20. auf den 21. August ein und richtete in ganz Hizen grosse Ver- wüstungen an. Das Barometer war im Laufe des Tages von 759,0 mm am Morgen bis 6 Uhr Abends um 15,5 mm gefallen; in den folgen- den 6¾ Stunden sank es bis auf 719,8 mm, also im Laufe von 18 Stunden um 39,2 mm oder 1,45 p. Zoll, und stieg dann in den folgenden 9 Stunden wieder bis beinahe zur normalen Höhe. Be- merkenswerth ist ferner, dass die Temperatur bei Ausbruch dieses Taifún hoch war und noch etwas stieg, dass heftige Regen voraus- gingen, seinen Verlauf begleiteten und ihm noch 3 Tage lang nach- folgten. Der Niederschlag während seiner Dauer betrug 57,9 mm und an den drei folgenden Tagen sogar die enorme Menge von 351,8 mm, im ganzen also 409,7 mm oder mehr als 15 p. Zoll. Noch sechs Tage lang nach dem Sturme war der Himmel stark be- wölkt und traten häufig südwestliche Regenschauer ein. Gross waren die Verheerungen, welche dieser Sturm an den Häusern der Stadt, insbesondere auch auf Deshima, unter den Schiffen im Hafen, sowie auf dem Felde anrichtete, und noch im folgenden Jahre konnte man an vielen Orten seine Spuren verfolgen. Leider war es nicht möglich, das ganze Verbreitungsgebiet dieses Sturmes festzustellen; von dem, was sich noch weiter über ihn ermitteln liess, möge das Wichtigste hier folgen:

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/156>, abgerufen am 24.11.2024.