Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reimarus, Johann Albert Heinrich: Die Ursache des Einschlagens vom Blitze. Langensalza, 1769.

Bild:
<< vorherige Seite

sich in den Wolken häufig aufhalten, bis sich
solche der Erde und denen darauf hervorragenden
Körpern nähern *). Wie sie in die Wolken

komme
der Blitz sey zum Fenster oder anderswo hin-
aus in die freye Luft gefahren
. Dies ist wider
die Natur des Blitzes: denn, sonst würden die
Wetterstrahle frey, wie im luftleeren Raume
geschiehet, aus den Wolken auf die Erde her-
unter strömen können, und hätten nicht nöthig,
erst in die Gebäude oder andere Körper hinein
zu dringen. Die Gewitterwolke muß aber in
der Nähe einen Körper auf der Erde, oder
etwa eine andere Wolke, welche in einem andern
Zustande ist, antreffen, wenn ein Blitz heraus-
fahren soll. Ein anders ist, daß die durch die
Flamme des Blitzes ausgedehnte Luft in einem
Hause zu Fenstern oder Thüren hinaus fähret.
Allein, was die Materie des Blitzes selbst, oder
die ihr eigene Erschütterung betrift, so würde
man, da, wo es heisset, sie sey etwa hie zum
Fenster hinaus, und dort wieder hineingefah-
ren, bey genauerer Untersuchung andere Ursa-
chen ihres Zuges entdecken können.
*) Man kann bemerken, daß, wenn die Luft vor-
her sehr trocken gewesen ist, die gefährlichsten
Wetterschläge entstehen, weil die Electricität
weder der Luft durch Feuchtigkeit benommen
worden, noch an dem Holz und Steinen der
Gebäude herabgeleitet werden konnte, sondern
mit Gewalt durchbrechen mußte, wie Hr. Wat-
son
bey dem Schlage am Brigittenthurme
(Phil. Trans. Vol. LIV p. 219.) erinnert. -- Wir
können ferner auch die Folgerung machen:
wenn ein plötzlicher Wetterschlag unerwartet
in der Nähe geschiehet, so ist zu vermuthen,
daß

ſich in den Wolken haͤufig aufhalten, bis ſich
ſolche der Erde und denen darauf hervorragenden
Koͤrpern naͤhern *). Wie ſie in die Wolken

komme
der Blitz ſey zum Fenſter oder anderswo hin-
aus in die freye Luft gefahren
. Dies iſt wider
die Natur des Blitzes: denn, ſonſt wuͤrden die
Wetterſtrahle frey, wie im luftleeren Raume
geſchiehet, aus den Wolken auf die Erde her-
unter ſtroͤmen koͤnnen, und haͤtten nicht noͤthig,
erſt in die Gebaͤude oder andere Koͤrper hinein
zu dringen. Die Gewitterwolke muß aber in
der Naͤhe einen Koͤrper auf der Erde, oder
etwa eine andere Wolke, welche in einem andern
Zuſtande iſt, antreffen, wenn ein Blitz heraus-
fahren ſoll. Ein anders iſt, daß die durch die
Flamme des Blitzes ausgedehnte Luft in einem
Hauſe zu Fenſtern oder Thuͤren hinaus faͤhret.
Allein, was die Materie des Blitzes ſelbſt, oder
die ihr eigene Erſchuͤtterung betrift, ſo wuͤrde
man, da, wo es heiſſet, ſie ſey etwa hie zum
Fenſter hinaus, und dort wieder hineingefah-
ren, bey genauerer Unterſuchung andere Urſa-
chen ihres Zuges entdecken koͤnnen.
*) Man kann bemerken, daß, wenn die Luft vor-
her ſehr trocken geweſen iſt, die gefaͤhrlichſten
Wetterſchlaͤge entſtehen, weil die Electricitaͤt
weder der Luft durch Feuchtigkeit benommen
worden, noch an dem Holz und Steinen der
Gebaͤude herabgeleitet werden konnte, ſondern
mit Gewalt durchbrechen mußte, wie Hr. Wat-
ſon
bey dem Schlage am Brigittenthurme
(Phil. Tranſ. Vol. LIV p. 219.) erinnert. — Wir
koͤnnen ferner auch die Folgerung machen:
wenn ein ploͤtzlicher Wetterſchlag unerwartet
in der Naͤhe geſchiehet, ſo iſt zu vermuthen,
daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="64"/>
&#x017F;ich in den Wolken ha&#x0364;ufig aufhalten, bis &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;olche der Erde und denen darauf hervorragenden<lb/>
Ko&#x0364;rpern na&#x0364;hern <note xml:id="seg2pn_14_1" next="#seg2pn_14_2" place="foot" n="*)">Man kann bemerken, daß, wenn die Luft vor-<lb/>
her &#x017F;ehr trocken gewe&#x017F;en i&#x017F;t, die gefa&#x0364;hrlich&#x017F;ten<lb/>
Wetter&#x017F;chla&#x0364;ge ent&#x017F;tehen, weil die Electricita&#x0364;t<lb/>
weder der Luft durch Feuchtigkeit benommen<lb/>
worden, noch an dem Holz und Steinen der<lb/>
Geba&#x0364;ude herabgeleitet werden konnte, &#x017F;ondern<lb/>
mit Gewalt durchbrechen mußte, wie Hr. <hi rendition="#fr">Wat-<lb/>
&#x017F;on</hi> bey dem Schlage am Brigittenthurme<lb/>
(<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">P</hi>hil. Tran&#x017F;. Vol. LIV p.</hi> 219.) erinnert. &#x2014; Wir<lb/>
ko&#x0364;nnen ferner auch die Folgerung machen:<lb/>
wenn ein plo&#x0364;tzlicher Wetter&#x017F;chlag unerwartet<lb/>
in der Na&#x0364;he ge&#x017F;chiehet, &#x017F;o i&#x017F;t zu vermuthen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw></note>. Wie &#x017F;ie in die Wolken<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">komme</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_13_2" prev="#seg2pn_13_1" place="foot" n="**)"><hi rendition="#fr">der Blitz &#x017F;ey</hi> zum Fen&#x017F;ter oder anderswo <hi rendition="#fr">hin-<lb/>
aus in die freye Luft gefahren</hi>. Dies i&#x017F;t wider<lb/>
die Natur des Blitzes: denn, &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rden die<lb/>
Wetter&#x017F;trahle frey, wie im luftleeren Raume<lb/>
ge&#x017F;chiehet, aus den Wolken auf die Erde her-<lb/>
unter &#x017F;tro&#x0364;men ko&#x0364;nnen, und ha&#x0364;tten nicht no&#x0364;thig,<lb/>
er&#x017F;t in die Geba&#x0364;ude oder andere Ko&#x0364;rper hinein<lb/>
zu dringen. Die Gewitterwolke muß aber in<lb/>
der Na&#x0364;he einen Ko&#x0364;rper auf der Erde, oder<lb/>
etwa eine andere Wolke, welche in einem andern<lb/>
Zu&#x017F;tande i&#x017F;t, antreffen, wenn ein Blitz heraus-<lb/>
fahren &#x017F;oll. Ein anders i&#x017F;t, daß die durch die<lb/>
Flamme des Blitzes ausgedehnte Luft in einem<lb/>
Hau&#x017F;e zu Fen&#x017F;tern oder Thu&#x0364;ren hinaus fa&#x0364;hret.<lb/>
Allein, was die Materie des Blitzes &#x017F;elb&#x017F;t, oder<lb/>
die ihr eigene Er&#x017F;chu&#x0364;tterung betrift, &#x017F;o wu&#x0364;rde<lb/>
man, da, wo es hei&#x017F;&#x017F;et, &#x017F;ie &#x017F;ey etwa hie zum<lb/>
Fen&#x017F;ter hinaus, und dort wieder hineingefah-<lb/>
ren, bey genauerer Unter&#x017F;uchung andere Ur&#x017F;a-<lb/>
chen ihres Zuges entdecken ko&#x0364;nnen.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0064] ſich in den Wolken haͤufig aufhalten, bis ſich ſolche der Erde und denen darauf hervorragenden Koͤrpern naͤhern *). Wie ſie in die Wolken komme **) *) Man kann bemerken, daß, wenn die Luft vor- her ſehr trocken geweſen iſt, die gefaͤhrlichſten Wetterſchlaͤge entſtehen, weil die Electricitaͤt weder der Luft durch Feuchtigkeit benommen worden, noch an dem Holz und Steinen der Gebaͤude herabgeleitet werden konnte, ſondern mit Gewalt durchbrechen mußte, wie Hr. Wat- ſon bey dem Schlage am Brigittenthurme (Phil. Tranſ. Vol. LIV p. 219.) erinnert. — Wir koͤnnen ferner auch die Folgerung machen: wenn ein ploͤtzlicher Wetterſchlag unerwartet in der Naͤhe geſchiehet, ſo iſt zu vermuthen, daß **) der Blitz ſey zum Fenſter oder anderswo hin- aus in die freye Luft gefahren. Dies iſt wider die Natur des Blitzes: denn, ſonſt wuͤrden die Wetterſtrahle frey, wie im luftleeren Raume geſchiehet, aus den Wolken auf die Erde her- unter ſtroͤmen koͤnnen, und haͤtten nicht noͤthig, erſt in die Gebaͤude oder andere Koͤrper hinein zu dringen. Die Gewitterwolke muß aber in der Naͤhe einen Koͤrper auf der Erde, oder etwa eine andere Wolke, welche in einem andern Zuſtande iſt, antreffen, wenn ein Blitz heraus- fahren ſoll. Ein anders iſt, daß die durch die Flamme des Blitzes ausgedehnte Luft in einem Hauſe zu Fenſtern oder Thuͤren hinaus faͤhret. Allein, was die Materie des Blitzes ſelbſt, oder die ihr eigene Erſchuͤtterung betrift, ſo wuͤrde man, da, wo es heiſſet, ſie ſey etwa hie zum Fenſter hinaus, und dort wieder hineingefah- ren, bey genauerer Unterſuchung andere Urſa- chen ihres Zuges entdecken koͤnnen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die vorliegende Ausgabe ist die zweiten Auflage, … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reimarus_blitze_1769
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reimarus_blitze_1769/64
Zitationshilfe: Reimarus, Johann Albert Heinrich: Die Ursache des Einschlagens vom Blitze. Langensalza, 1769, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reimarus_blitze_1769/64>, abgerufen am 04.05.2024.