chischen Diätetik und Heilmittellehre kein we- sentlicher Unterschied Statt finde. Die Thera- pie stellt endlich die Verhältnisse zwischen den absoluten Kräften der Mittel und den in Anfrage stehenden Arten der Krankheiten auf. Sie giebt die Regeln, nach welchen die in der Heilmittel- lehre angemerkten Instrumente auf concrete Fälle angewandt werden müssen. Auf dies Verhältniss gründet sich die Theorie der psychischen Curen, die sich um so mehr von der Empirie entfernt, als die Mittelglieder zwischen der ab- soluten Kraft des Heilmittels und ihrem Produkt, der Entfernung der Krankheit, vollständig ge- funden sind.
Allein an einer solchen praktischen Erfah- rungs-Seelenkunde für Aerzte, die, als ein drittes Glied im Triumvirat, der Arzneikunde und Chi- rurgie zur Seite treten sollte, fehlt es ganz. Die vorhandnen Bruchstücke psychischer Curen, sind zum allgemeinen praktischen Gebrauch nicht ge- eignet, weil sie unter keine allgemeinen Begriffe aufgefasst sind, und daher in der Anwendung zu viel Genie des Künstlers voraussetzen.
Die hohen Schulen könnten, wenn sie erst wären was sie seyn sollten, Pflanzschulen den- kender Aerzte, durch Vorlesungen über die Me- thodologie dieser Disciplin die Bahn brechen. Aber leider sinken manche derselben immer mehr zu Werkstätten herab, in welchen rohe Hand- werker zugehauen werden. Gross ist noch das
chiſchen Diätetik und Heilmittellehre kein we- ſentlicher Unterſchied Statt finde. Die Thera- pie ſtellt endlich die Verhältniſſe zwiſchen den abſoluten Kräften der Mittel und den in Anfrage ſtehenden Arten der Krankheiten auf. Sie giebt die Regeln, nach welchen die in der Heilmittel- lehre angemerkten Inſtrumente auf concrete Fälle angewandt werden müſſen. Auf dies Verhältniſs gründet ſich die Theorie der pſychiſchen Curen, die ſich um ſo mehr von der Empirie entfernt, als die Mittelglieder zwiſchen der ab- ſoluten Kraft des Heilmittels und ihrem Produkt, der Entfernung der Krankheit, vollſtändig ge- funden ſind.
Allein an einer ſolchen praktiſchen Erfah- rungs-Seelenkunde für Aerzte, die, als ein drittes Glied im Triumvirat, der Arzneikunde und Chi- rurgie zur Seite treten ſollte, fehlt es ganz. Die vorhandnen Bruchſtücke pſychiſcher Curen, ſind zum allgemeinen praktiſchen Gebrauch nicht ge- eignet, weil ſie unter keine allgemeinen Begriffe aufgefaſst ſind, und daher in der Anwendung zu viel Genie des Künſtlers vorausſetzen.
Die hohen Schulen könnten, wenn ſie erſt wären was ſie ſeyn ſollten, Pflanzſchulen den- kender Aerzte, durch Vorleſungen über die Me- thodologie dieſer Disciplin die Bahn brechen. Aber leider ſinken manche derſelben immer mehr zu Werkſtätten herab, in welchen rohe Hand- werker zugehauen werden. Groſs iſt noch das
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chiſchen Diätetik und Heilmittellehre kein we-
ſentlicher Unterſchied Statt finde. Die Thera-
pie ſtellt endlich die Verhältniſſe zwiſchen den
abſoluten Kräften der Mittel und den in Anfrage
ſtehenden Arten der Krankheiten auf. Sie giebt
die Regeln, nach welchen die in der Heilmittel-
lehre angemerkten Inſtrumente auf concrete Fälle
angewandt werden müſſen. Auf dies Verhältniſs
gründet ſich die Theorie der pſychiſchen
Curen, die ſich um ſo mehr von der Empirie
entfernt, als die Mittelglieder zwiſchen der ab-
ſoluten Kraft des Heilmittels und ihrem Produkt,
der Entfernung der Krankheit, vollſtändig ge-
funden ſind.
Allein an einer ſolchen praktiſchen Erfah-
rungs-Seelenkunde für Aerzte, die, als ein drittes
Glied im Triumvirat, der Arzneikunde und Chi-
rurgie zur Seite treten ſollte, fehlt es ganz. Die
vorhandnen Bruchſtücke pſychiſcher Curen, ſind
zum allgemeinen praktiſchen Gebrauch nicht ge-
eignet, weil ſie unter keine allgemeinen Begriffe
aufgefaſst ſind, und daher in der Anwendung zu
viel Genie des Künſtlers vorausſetzen.
Die hohen Schulen könnten, wenn ſie erſt
wären was ſie ſeyn ſollten, Pflanzſchulen den-
kender Aerzte, durch Vorleſungen über die Me-
thodologie dieſer Disciplin die Bahn brechen.
Aber leider ſinken manche derſelben immer mehr
zu Werkſtätten herab, in welchen rohe Hand-
werker zugehauen werden. Groſs iſt noch das
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/47>, abgerufen am 24.11.2024.
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