nicht, was von einem einzigen grossen Hause kaum getrennt werden kann.
Die Fenster sind ohne eisernes Gitterwerk; Rähme sowohl als Flügel bestehn hingegen aus Eisen, und haben kleine Scheiben. An Fenstern und Thüren sind keine Riegel und Ketten, son- dern Schlösser mit Federn, die beim Zuschliessen sich so verschliessen, dass der Kranke sie nicht öffnen kann. Auf diese Art ist für sein Entwei- chen gesorgt, und ihm die Idee erspart, dass er wie ein Gefangner gehalten werde. Im Erdge- schoss sind Zellen, in welche Kranke kommen, deren Freiheit Gefahr bringen kann. In dieselben fällt das Licht durch ein kleines Fenster, das nach den Umständen geöffnet oder zugemacht wird. Ein kleines Thürchen, welches sich nach aussen öffnet, dient dazu, die Kranken zu be- obachten, und muss so eingerichtet seyn, dass sie es nicht gewahr werden.
Die Irrenden und besonders die Narren ha- ben einen widrigen specisischen Geruch, der als Gas und Dampf durch Haut und Lungen ent- weicht, und von Holz und Bleichwänden, wie von Schwämmen, eingesogen und nachher wie- der ausgehaucht wird. Fast alle Personen, die mit topischen Uebeln in mein Lazareth kommen, und übrigens gesund sind, bekommen das Hospi- talfieber, wenn sie auch in leere Zimmer gebracht werden, die lange gelüftet sind. Man muss da- her die Wände und Decken entweder mit gla[ - 2 Zeichen fehlen]rten
nicht, was von einem einzigen groſsen Hauſe kaum getrennt werden kann.
Die Fenſter ſind ohne eiſernes Gitterwerk; Rähme ſowohl als Flügel beſtehn hingegen aus Eiſen, und haben kleine Scheiben. An Fenſtern und Thüren ſind keine Riegel und Ketten, ſon- dern Schlöſſer mit Federn, die beim Zuſchlieſsen ſich ſo verſchlieſsen, daſs der Kranke ſie nicht öffnen kann. Auf dieſe Art iſt für ſein Entwei- chen geſorgt, und ihm die Idee erſpart, daſs er wie ein Gefangner gehalten werde. Im Erdge- ſchoſs ſind Zellen, in welche Kranke kommen, deren Freiheit Gefahr bringen kann. In dieſelben fällt das Licht durch ein kleines Fenſter, das nach den Umſtänden geöffnet oder zugemacht wird. Ein kleines Thürchen, welches ſich nach auſsen öffnet, dient dazu, die Kranken zu be- obachten, und muſs ſo eingerichtet ſeyn, daſs ſie es nicht gewahr werden.
Die Irrenden und beſonders die Narren ha- ben einen widrigen ſpeciſiſchen Geruch, der als Gas und Dampf durch Haut und Lungen ent- weicht, und von Holz und Bleichwänden, wie von Schwämmen, eingeſogen und nachher wie- der ausgehaucht wird. Faſt alle Perſonen, die mit topiſchen Uebeln in mein Lazareth kommen, und übrigens geſund ſind, bekommen das Hoſpi- talfieber, wenn ſie auch in leere Zimmer gebracht werden, die lange gelüftet ſind. Man muſs da- her die Wände und Decken entweder mit gla[ – 2 Zeichen fehlen]rten
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nicht, was von einem einzigen groſsen Hauſe
kaum getrennt werden kann.
Die Fenſter ſind ohne eiſernes Gitterwerk;
Rähme ſowohl als Flügel beſtehn hingegen aus
Eiſen, und haben kleine Scheiben. An Fenſtern
und Thüren ſind keine Riegel und Ketten, ſon-
dern Schlöſſer mit Federn, die beim Zuſchlieſsen
ſich ſo verſchlieſsen, daſs der Kranke ſie nicht
öffnen kann. Auf dieſe Art iſt für ſein Entwei-
chen geſorgt, und ihm die Idee erſpart, daſs er
wie ein Gefangner gehalten werde. Im Erdge-
ſchoſs ſind Zellen, in welche Kranke kommen,
deren Freiheit Gefahr bringen kann. In dieſelben
fällt das Licht durch ein kleines Fenſter, das
nach den Umſtänden geöffnet oder zugemacht
wird. Ein kleines Thürchen, welches ſich nach
auſsen öffnet, dient dazu, die Kranken zu be-
obachten, und muſs ſo eingerichtet ſeyn, daſs ſie
es nicht gewahr werden.
Die Irrenden und beſonders die Narren ha-
ben einen widrigen ſpeciſiſchen Geruch, der als
Gas und Dampf durch Haut und Lungen ent-
weicht, und von Holz und Bleichwänden, wie
von Schwämmen, eingeſogen und nachher wie-
der ausgehaucht wird. Faſt alle Perſonen, die
mit topiſchen Uebeln in mein Lazareth kommen,
und übrigens geſund ſind, bekommen das Hoſpi-
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werden, die lange gelüftet ſind. Man muſs da-
her die Wände und Decken entweder mit gla__rten
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/466>, abgerufen am 22.11.2024.
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