äussersten Grad gespannt, die Polaritäten desselben können verrückt, der elektrische Lebensstrom mag seiner Fesseln entbunden, in einem besondren Wogen begriffen und das Spiel der Erregungsmit- tel mit der Erregbarkeit in Disharmonie gerathen seyn. Von diesem Orgasmus überzeugen uns alle Phänomene rasender Personen, ihre wilde und aus- drucksvolle Physiognomie, das funkelnde Auge, welches dem Verderben droht, auf welchem es ruht, die pfeilschnelle Flucht ihrer Vorstellungen, dass keine Worte sie fassen können, ihre kühnen und kraftvollen Handlungen, ihr wildes Schreien, ihre Gewaltthätigkeit gegen sich und andere, ihre ununterbrochene Unruhe, die enorme Kraft der Muskeln, die Ketten bricht und Löwen würgt. Hoffmann*) erwähnt eines Tobsüchtigen, der wenig Licht, keine lebhaften Farben, und nur einen schwachen Schall vertragen konnte, ja so- gar zuletzt von jedem starken Geruch und Ge- schmack in ein Irrereden verfiel. Wie höchst reizbar muss nicht dessen Gehirn gewesen seyn! In dem nemlichen Grade sind auch die Vegeta- tionsprocesse in demselben vermehrt. Die Augen sind roth und feurig, der Kopf ist heiss, die Halsadern schlagen heftig. Daher müssen auch diese Kranke, wenigstens in der Folge, zurei- chende Nahrung bekommen, weil sonst ihre Tobsucht zunimmt, in Blödsinn und Tod über-
*) de effectu maniaco. Supplem. diss. T. XIII. Chiarug. l. c. 325 S.
äuſserſten Grad geſpannt, die Polaritäten deſſelben können verrückt, der elektriſche Lebensſtrom mag ſeiner Feſſeln entbunden, in einem beſondren Wogen begriffen und das Spiel der Erregungsmit- tel mit der Erregbarkeit in Disharmonie gerathen ſeyn. Von dieſem Orgaſmus überzeugen uns alle Phänomene raſender Perſonen, ihre wilde und aus- drucksvolle Phyſiognomie, das funkelnde Auge, welches dem Verderben droht, auf welchem es ruht, die pfeilſchnelle Flucht ihrer Vorſtellungen, daſs keine Worte ſie faſſen können, ihre kühnen und kraftvollen Handlungen, ihr wildes Schreien, ihre Gewaltthätigkeit gegen ſich und andere, ihre ununterbrochene Unruhe, die enorme Kraft der Muskeln, die Ketten bricht und Löwen würgt. Hoffmann*) erwähnt eines Tobſüchtigen, der wenig Licht, keine lebhaften Farben, und nur einen ſchwachen Schall vertragen konnte, ja ſo- gar zuletzt von jedem ſtarken Geruch und Ge- ſchmack in ein Irrereden verfiel. Wie höchſt reizbar muſs nicht deſſen Gehirn geweſen ſeyn! In dem nemlichen Grade ſind auch die Vegeta- tionsproceſſe in demſelben vermehrt. Die Augen ſind roth und feurig, der Kopf iſt heiſs, die Halsadern ſchlagen heftig. Daher müſſen auch dieſe Kranke, wenigſtens in der Folge, zurei- chende Nahrung bekommen, weil ſonſt ihre Tobſucht zunimmt, in Blödſinn und Tod über-
*) de effectu maniaco. Supplem. diſſ. T. XIII. Chiarug. l. c. 325 S.
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äuſserſten Grad geſpannt, die Polaritäten deſſelben
können verrückt, der elektriſche Lebensſtrom
mag ſeiner Feſſeln entbunden, in einem beſondren
Wogen begriffen und das Spiel der Erregungsmit-
tel mit der Erregbarkeit in Disharmonie gerathen
ſeyn. Von dieſem Orgaſmus überzeugen uns alle
Phänomene raſender Perſonen, ihre wilde und aus-
drucksvolle Phyſiognomie, das funkelnde Auge,
welches dem Verderben droht, auf welchem es ruht,
die pfeilſchnelle Flucht ihrer Vorſtellungen, daſs
keine Worte ſie faſſen können, ihre kühnen und
kraftvollen Handlungen, ihr wildes Schreien,
ihre Gewaltthätigkeit gegen ſich und andere, ihre
ununterbrochene Unruhe, die enorme Kraft der
Muskeln, die Ketten bricht und Löwen würgt.
Hoffmann *) erwähnt eines Tobſüchtigen, der
wenig Licht, keine lebhaften Farben, und nur
einen ſchwachen Schall vertragen konnte, ja ſo-
gar zuletzt von jedem ſtarken Geruch und Ge-
ſchmack in ein Irrereden verfiel. Wie höchſt
reizbar muſs nicht deſſen Gehirn geweſen ſeyn!
In dem nemlichen Grade ſind auch die Vegeta-
tionsproceſſe in demſelben vermehrt. Die Augen
ſind roth und feurig, der Kopf iſt heiſs, die
Halsadern ſchlagen heftig. Daher müſſen auch
dieſe Kranke, wenigſtens in der Folge, zurei-
chende Nahrung bekommen, weil ſonſt ihre
Tobſucht zunimmt, in Blödſinn und Tod über-
*) de effectu maniaco. Supplem. diſſ. T. XIII.
Chiarug. l. c. 325 S.
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/384>, abgerufen am 28.11.2024.
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