trug man zum Schein zu Grabe. Unterwegs be- gegneten lustige Bursche der Leiche, die ihr alle Schande nachsagten. Dies brachte den Todten auf, er sprang von der Bahre und wollte seine Lästerer durchprügeln *). Einen Büchermann mit gläsernen Beinen kurirte seine Magd. Sie warf ihm ein Stück Holz daran. Entrüstet sprang er auf, und entdeckte dadurch, dass die Beine wol nicht von Glas seyn möchten, weil er darauf stehen konnte **). Einem Verrückten ohne Kopf setzte man einen Hut von Bley auf; einem an- dern, der immer zu frieren glaubte, wurde ein Schaafpelz angezogen, der in Brantwein einge- taucht und dann angezündet wurde ***). Perso- nen, die Frösche im Leibe oder Kaninchen im Kopf zu haben glaubten, mussten in ein Gefäss sich erbrechen, in welches heimlich Frösche ge- legt waren, oder einen Kreutzschnitt in die Haut des Kopfs aushalten, nach welchem man ihnen blutige Kaninehen vorzeigte, die aus ihren Köpfen genommen seyn sollten ****). Ein Kranker überredete sich, er trage einen Heuwagen mit zwey Pferden und einem Fuhrmann in seinem Magen. Alle Gegenvorstellungen seines Arztes fruchteten nichts. Ein anderer gab ihm Recht,
*)Pargeter l. c. S. 32.
**)Arnold l. c. Th. 1. S. 134.
***)Sauvages Nosol. T. III. P. I. p. 392.
****)Sauvages T. c. p. 391.
trug man zum Schein zu Grabe. Unterwegs be- gegneten luſtige Burſche der Leiche, die ihr alle Schande nachſagten. Dies brachte den Todten auf, er ſprang von der Bahre und wollte ſeine Läſterer durchprügeln *). Einen Büchermann mit gläſernen Beinen kurirte ſeine Magd. Sie warf ihm ein Stück Holz daran. Entrüſtet ſprang er auf, und entdeckte dadurch, daſs die Beine wol nicht von Glas ſeyn möchten, weil er darauf ſtehen konnte **). Einem Verrückten ohne Kopf ſetzte man einen Hut von Bley auf; einem an- dern, der immer zu frieren glaubte, wurde ein Schaafpelz angezogen, der in Brantwein einge- taucht und dann angezündet wurde ***). Perſo- nen, die Fröſche im Leibe oder Kaninchen im Kopf zu haben glaubten, muſsten in ein Gefäſs ſich erbrechen, in welches heimlich Fröſche ge- legt waren, oder einen Kreutzſchnitt in die Haut des Kopfs aushalten, nach welchem man ihnen blutige Kaninehen vorzeigte, die aus ihren Köpfen genommen ſeyn ſollten ****). Ein Kranker überredete ſich, er trage einen Heuwagen mit zwey Pferden und einem Fuhrmann in ſeinem Magen. Alle Gegenvorſtellungen ſeines Arztes fruchteten nichts. Ein anderer gab ihm Recht,
*)Pargeter l. c. S. 32.
**)Arnold l. c. Th. 1. S. 134.
***)Sauvages Noſol. T. III. P. I. p. 392.
****)Sauvages T. c. p. 391.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0346"n="341"/>
trug man zum Schein zu Grabe. Unterwegs be-<lb/>
gegneten luſtige Burſche der Leiche, die ihr alle<lb/>
Schande nachſagten. Dies brachte den Todten<lb/>
auf, er ſprang von der Bahre und wollte ſeine<lb/>
Läſterer durchprügeln <noteplace="foot"n="*)"><hirendition="#g">Pargeter</hi> l. c. S. 32.</note>. Einen Büchermann<lb/>
mit gläſernen Beinen kurirte ſeine Magd. Sie<lb/>
warf ihm ein Stück Holz daran. Entrüſtet ſprang<lb/>
er auf, und entdeckte dadurch, daſs die Beine<lb/>
wol nicht von Glas ſeyn möchten, weil er darauf<lb/>ſtehen konnte <noteplace="foot"n="**)"><hirendition="#g">Arnold</hi> l. c. Th. 1. S. 134.</note>. Einem Verrückten ohne Kopf<lb/>ſetzte man einen Hut von Bley auf; einem an-<lb/>
dern, der immer zu frieren glaubte, wurde ein<lb/>
Schaafpelz angezogen, der in Brantwein einge-<lb/>
taucht und dann angezündet wurde <noteplace="foot"n="***)"><hirendition="#g">Sauvages</hi> Noſol. T. III. P. I. p. 392.</note>. Perſo-<lb/>
nen, die Fröſche im Leibe oder Kaninchen im<lb/>
Kopf zu haben glaubten, muſsten in ein Gefäſs<lb/>ſich erbrechen, in welches heimlich Fröſche ge-<lb/>
legt waren, oder einen Kreutzſchnitt in die<lb/>
Haut des Kopfs aushalten, nach welchem man<lb/>
ihnen blutige Kaninehen vorzeigte, die aus<lb/>
ihren Köpfen genommen ſeyn ſollten <noteplace="foot"n="****)"><hirendition="#g">Sauvages</hi> T. c. p. 391.</note>. Ein<lb/>
Kranker überredete ſich, er trage einen Heuwagen<lb/>
mit zwey Pferden und einem Fuhrmann in ſeinem<lb/>
Magen. Alle Gegenvorſtellungen ſeines Arztes<lb/>
fruchteten nichts. Ein anderer gab ihm Recht,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[341/0346]
trug man zum Schein zu Grabe. Unterwegs be-
gegneten luſtige Burſche der Leiche, die ihr alle
Schande nachſagten. Dies brachte den Todten
auf, er ſprang von der Bahre und wollte ſeine
Läſterer durchprügeln *). Einen Büchermann
mit gläſernen Beinen kurirte ſeine Magd. Sie
warf ihm ein Stück Holz daran. Entrüſtet ſprang
er auf, und entdeckte dadurch, daſs die Beine
wol nicht von Glas ſeyn möchten, weil er darauf
ſtehen konnte **). Einem Verrückten ohne Kopf
ſetzte man einen Hut von Bley auf; einem an-
dern, der immer zu frieren glaubte, wurde ein
Schaafpelz angezogen, der in Brantwein einge-
taucht und dann angezündet wurde ***). Perſo-
nen, die Fröſche im Leibe oder Kaninchen im
Kopf zu haben glaubten, muſsten in ein Gefäſs
ſich erbrechen, in welches heimlich Fröſche ge-
legt waren, oder einen Kreutzſchnitt in die
Haut des Kopfs aushalten, nach welchem man
ihnen blutige Kaninehen vorzeigte, die aus
ihren Köpfen genommen ſeyn ſollten ****). Ein
Kranker überredete ſich, er trage einen Heuwagen
mit zwey Pferden und einem Fuhrmann in ſeinem
Magen. Alle Gegenvorſtellungen ſeines Arztes
fruchteten nichts. Ein anderer gab ihm Recht,
*) Pargeter l. c. S. 32.
**) Arnold l. c. Th. 1. S. 134.
***) Sauvages Noſol. T. III. P. I. p. 392.
****) Sauvages T. c. p. 391.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/346>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.