Oeffentliche Irrenhäuser haben zweierley Zwecke, beide sind wesentlich verschiedener Na- tur; eben so verschieden muss auch ihre Constru- ction seyn, wenn beide Zwecke in ihnen realisirt werden sollen. Einmal sind sie Aufbewah- rungs-Anstalten solcher Irrenden, die un- heilbar sind. Diese Anstalten müssen nach folgen- den Principien construirt seyn: 1) Den Irrenden verwahren, dass er sich und Andern nicht schade; 2) ihm alle Mittel zum frohen Genuss seines Da- seyns anbieten, die seinem Zustande angemessen sind; 3) endlich ihn, soweit es möglich ist, zur Thätigkeit anhalten. Denn auch die Irrende sind organische und moralische Naturkräfte, die der gute Haushalter nicht ungenutzt liegen lassen soll. Die Organisation dieser Anstalt für Irrende, ein- stimmig mit den aufgestellten Principien, muss ich gegenwärtig bey Seite legen, weil sie mich zu weit von meinem Ziele ableiten würde. Doch werde ich sie zu einer andern Zeit bearbeiten. Ein zweiter Zweck, den wir durch die Irrenhäu- ser zu erreichen suchen, besteht darin, die sub- jectiv-heilbaren Irrenden von ihrer Krankheit zu befreien. Die Aufbewah- rungs-Anstalt bedarf blosser thätiger und recht- schaffener Menschenfreunde. Die Heilanstalt hat ein ganz anderes Personal, zu eignen Zwecken instruirte Aerzte, Prediger und Philosophen, mancherley Mittel und besondere Einrichtungen nöthig, wenn sie ihren Zweck, die Wiederher-
Oeffentliche Irrenhäuſer haben zweierley Zwecke, beide ſind weſentlich verſchiedener Na- tur; eben ſo verſchieden muſs auch ihre Conſtru- ction ſeyn, wenn beide Zwecke in ihnen realiſirt werden ſollen. Einmal ſind ſie Aufbewah- rungs-Anſtalten ſolcher Irrenden, die un- heilbar ſind. Dieſe Anſtalten müſſen nach folgen- den Principien conſtruirt ſeyn: 1) Den Irrenden verwahren, daſs er ſich und Andern nicht ſchade; 2) ihm alle Mittel zum frohen Genuſs ſeines Da- ſeyns anbieten, die ſeinem Zuſtande angemeſſen ſind; 3) endlich ihn, ſoweit es möglich iſt, zur Thätigkeit anhalten. Denn auch die Irrende ſind organiſche und moraliſche Naturkräfte, die der gute Haushalter nicht ungenutzt liegen laſſen ſoll. Die Organiſation dieſer Anſtalt für Irrende, ein- ſtimmig mit den aufgeſtellten Principien, muſs ich gegenwärtig bey Seite legen, weil ſie mich zu weit von meinem Ziele ableiten würde. Doch werde ich ſie zu einer andern Zeit bearbeiten. Ein zweiter Zweck, den wir durch die Irrenhäu- ſer zu erreichen ſuchen, beſteht darin, die ſub- jectiv-heilbaren Irrenden von ihrer Krankheit zu befreien. Die Aufbewah- rungs-Anſtalt bedarf bloſser thätiger und recht- ſchaffener Menſchenfreunde. Die Heilanſtalt hat ein ganz anderes Perſonal, zu eignen Zwecken inſtruirte Aerzte, Prediger und Philoſophen, mancherley Mittel und beſondere Einrichtungen nöthig, wenn ſie ihren Zweck, die Wiederher-
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Oeffentliche Irrenhäuſer haben zweierley
Zwecke, beide ſind weſentlich verſchiedener Na-
tur; eben ſo verſchieden muſs auch ihre Conſtru-
ction ſeyn, wenn beide Zwecke in ihnen realiſirt
werden ſollen. Einmal ſind ſie Aufbewah-
rungs-Anſtalten ſolcher Irrenden, die un-
heilbar ſind. Dieſe Anſtalten müſſen nach folgen-
den Principien conſtruirt ſeyn: 1) Den Irrenden
verwahren, daſs er ſich und Andern nicht ſchade;
2) ihm alle Mittel zum frohen Genuſs ſeines Da-
ſeyns anbieten, die ſeinem Zuſtande angemeſſen
ſind; 3) endlich ihn, ſoweit es möglich iſt, zur
Thätigkeit anhalten. Denn auch die Irrende ſind
organiſche und moraliſche Naturkräfte, die der
gute Haushalter nicht ungenutzt liegen laſſen ſoll.
Die Organiſation dieſer Anſtalt für Irrende, ein-
ſtimmig mit den aufgeſtellten Principien, muſs
ich gegenwärtig bey Seite legen, weil ſie mich zu
weit von meinem Ziele ableiten würde. Doch
werde ich ſie zu einer andern Zeit bearbeiten.
Ein zweiter Zweck, den wir durch die Irrenhäu-
ſer zu erreichen ſuchen, beſteht darin, die ſub-
jectiv-heilbaren Irrenden von ihrer
Krankheit zu befreien. Die Aufbewah-
rungs-Anſtalt bedarf bloſser thätiger und recht-
ſchaffener Menſchenfreunde. Die Heilanſtalt hat
ein ganz anderes Perſonal, zu eignen Zwecken
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/25>, abgerufen am 21.11.2024.
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