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Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754.

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1. Cap. Von 18jähriger Nutzung
"innen hat der menschliche Geschmack ein grosses
"Gebiete. Daher wolte ich, daß man in einem
"Lande alles dasjenige zu bauen versuchen solte,
"was man zum Lebens-Unterhalte, auch wie kurz
"vorher erwehnet worden, zur Lust und Vergnü-
"gen des abwechselnden Geschmackes, aus frem-
"den Gegenden, gegen Geld, oder sonst mit Un-
"statten holen muß. Hierbey wird man ohne
"mein Erinnern verstehen, daß ich von keinen, ge-
"gen die Himmels-Stellung und Erdlage vorzu-
"nehmenden Feldbau zu reden gemeinet sey. Wer
"bey uns Oliven und Zimmet-Bäume in einen
"Fichten- oder Tannen-Wald pflanzen wolte, der
"würde an sich so lächerlich, als dessen Arbeit ver-
"gebens seyn. Es beweiset solches indessen nicht,
"daß Grund und Boden in unsern Landes Gegen-
"den schon überal bearbeitet und genutzet werde,
"wie selbige die Natur tüchtig gemachet, und
"durch Fleiß solches erstlich erweislich wird. Oh-
"ne die unzehlige Baum- und Garten-Gewächse
"zu berühren, welche man seit nicht alzuvielen
"Jahren aus fremden Ländern in deutsche Erde
"versetzet, und daselbst zu künstlichen Wuchs und
"Früchten befördert hat.

Wer hätte also noch vor wenigen Jahren vor
möglich gehalten, daß man alle diejenigen Ge-
wächse, deren Cultur ich in meinem Land- und
Garten-Schatze
beschrieben, in unsern Erfur-
tischen Feldern und Gärten erziehen könnte, wie es
wirklich jetzo geschiehet.

§. 5.
1. Cap. Von 18jaͤhriger Nutzung
”innen hat der menſchliche Geſchmack ein groſſes
”Gebiete. Daher wolte ich, daß man in einem
”Lande alles dasjenige zu bauen verſuchen ſolte,
”was man zum Lebens-Unterhalte, auch wie kurz
”vorher erwehnet worden, zur Luſt und Vergnuͤ-
”gen des abwechſelnden Geſchmackes, aus frem-
”den Gegenden, gegen Geld, oder ſonſt mit Un-
”ſtatten holen muß. Hierbey wird man ohne
”mein Erinnern verſtehen, daß ich von keinen, ge-
”gen die Himmels-Stellung und Erdlage vorzu-
”nehmenden Feldbau zu reden gemeinet ſey. Wer
”bey uns Oliven und Zimmet-Baͤume in einen
”Fichten- oder Tannen-Wald pflanzen wolte, der
”wuͤrde an ſich ſo laͤcherlich, als deſſen Arbeit ver-
”gebens ſeyn. Es beweiſet ſolches indeſſen nicht,
”daß Grund und Boden in unſern Landes Gegen-
”den ſchon uͤberal bearbeitet und genutzet werde,
”wie ſelbige die Natur tuͤchtig gemachet, und
”durch Fleiß ſolches erſtlich erweislich wird. Oh-
”ne die unzehlige Baum- und Garten-Gewaͤchſe
”zu beruͤhren, welche man ſeit nicht alzuvielen
”Jahren aus fremden Laͤndern in deutſche Erde
”verſetzet, und daſelbſt zu kuͤnſtlichen Wuchs und
”Fruͤchten befoͤrdert hat.

Wer haͤtte alſo noch vor wenigen Jahren vor
moͤglich gehalten, daß man alle diejenigen Ge-
waͤchſe, deren Cultur ich in meinem Land- und
Garten-Schatze
beſchrieben, in unſern Erfur-
tiſchen Feldern und Gaͤrten erziehen koͤnnte, wie es
wirklich jetzo geſchiehet.

§. 5.
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[10/0045] 1. Cap. Von 18jaͤhriger Nutzung ”innen hat der menſchliche Geſchmack ein groſſes ”Gebiete. Daher wolte ich, daß man in einem ”Lande alles dasjenige zu bauen verſuchen ſolte, ”was man zum Lebens-Unterhalte, auch wie kurz ”vorher erwehnet worden, zur Luſt und Vergnuͤ- ”gen des abwechſelnden Geſchmackes, aus frem- ”den Gegenden, gegen Geld, oder ſonſt mit Un- ”ſtatten holen muß. Hierbey wird man ohne ”mein Erinnern verſtehen, daß ich von keinen, ge- ”gen die Himmels-Stellung und Erdlage vorzu- ”nehmenden Feldbau zu reden gemeinet ſey. Wer ”bey uns Oliven und Zimmet-Baͤume in einen ”Fichten- oder Tannen-Wald pflanzen wolte, der ”wuͤrde an ſich ſo laͤcherlich, als deſſen Arbeit ver- ”gebens ſeyn. Es beweiſet ſolches indeſſen nicht, ”daß Grund und Boden in unſern Landes Gegen- ”den ſchon uͤberal bearbeitet und genutzet werde, ”wie ſelbige die Natur tuͤchtig gemachet, und ”durch Fleiß ſolches erſtlich erweislich wird. Oh- ”ne die unzehlige Baum- und Garten-Gewaͤchſe ”zu beruͤhren, welche man ſeit nicht alzuvielen ”Jahren aus fremden Laͤndern in deutſche Erde ”verſetzet, und daſelbſt zu kuͤnſtlichen Wuchs und ”Fruͤchten befoͤrdert hat. Wer haͤtte alſo noch vor wenigen Jahren vor moͤglich gehalten, daß man alle diejenigen Ge- waͤchſe, deren Cultur ich in meinem Land- und Garten-Schatze beſchrieben, in unſern Erfur- tiſchen Feldern und Gaͤrten erziehen koͤnnte, wie es wirklich jetzo geſchiehet. §. 5.

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz05_1754/45>, abgerufen am 04.05.2024.