Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754.Vorrede. chen, und darum werden sie der Welt vor Au-gen geleget. Denn beurtheilet ein jeder diese nach seinen Leidenschaften, und nach seinen Vorurtheilen. Glückt es endlich, so heißt es, es ist ein Glück, wer hätte es dencken sollen. Glückt es nicht, so werden alle vorher gefällte Urtheile mit armen Gründen und niedrig ge- sinnten Folgen unterstützet, ohne die Gründe des Versuchs gehörig zu überlegen. Die vierte Ursache liegt in den falschen durch fal- sche Lehren unterstützet. Die erste Lehre. Einmal, es müssen in einem Lande kei- sie
Vorrede. chen, und darum werden ſie der Welt vor Au-gen geleget. Denn beurtheilet ein jeder dieſe nach ſeinen Leidenſchaften, und nach ſeinen Vorurtheilen. Gluͤckt es endlich, ſo heißt es, es iſt ein Gluͤck, wer haͤtte es dencken ſollen. Gluͤckt es nicht, ſo werden alle vorher gefaͤllte Urtheile mit armen Gruͤnden und niedrig ge- ſinnten Folgen unterſtuͤtzet, ohne die Gruͤnde des Verſuchs gehoͤrig zu uͤberlegen. Die vierte Urſache liegt in den falſchen durch fal- ſche Lehren unterſtuͤtzet. Die erſte Lehre. Einmal, es muͤſſen in einem Lande kei- ſie
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Vorrede.
chen, und darum werden ſie der Welt vor Au-
gen geleget. Denn beurtheilet ein jeder dieſe
nach ſeinen Leidenſchaften, und nach ſeinen
Vorurtheilen. Gluͤckt es endlich, ſo heißt es,
es iſt ein Gluͤck, wer haͤtte es dencken ſollen.
Gluͤckt es nicht, ſo werden alle vorher gefaͤllte
Urtheile mit armen Gruͤnden und niedrig ge-
ſinnten Folgen unterſtuͤtzet, ohne die Gruͤnde
des Verſuchs gehoͤrig zu uͤberlegen.
Die vierte Urſache liegt in den falſchen
Meinungen der unaͤchten Cammeraliſten. Jch
verſtehe hierunter dieſe, die das herrſchaftliche
Jntereſſe beſorgen wollen, es aber nicht verſte-
hen, worauf dieß wahre Jntereſſe ankommt.
Jch habe Grund hieher folgende Lehren zu
zehlen.
Einmal, es muͤſſen in einem Lande kei-
ne Gewercke, keine Manufacturen, keine
Handlungen gedulder werden, als von wel-
chen der Herrſchaft etwas koͤnne gegeben
werden. Dieſe Lehre iſt irrig, und dem herr-
ſchaftlichen Jntereſſe nachtheilig. Jch will dieß
beweiſen. Kan ein ſolches Geſchaͤfte die Arbeiter
reichlich ernaͤhren, und ihnen noch einen Ueber-
ſchuß geben, ſo iſt es eine Schuldigkeit der Unter-
thanen, daß ſie von dieſem ihrer Herrſchaft einen
proportionirlichen Theil abgeben. Und kein pa-
triotiſch geſinnter Unterthan wird dieſes mit
Verdruß thun. Geſetzt aber, daß ein ſolches Ge-
ſchaͤfte hundert Unterthanen reichlich ernaͤhren,
ihnen aber keinen Ueberſchuß geben koͤnne, und
ſie
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