Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 4. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

gehörigen Kräutern und Wurzeln.
solche ausheben, also, daß die auf dem Lande zu-
rük gelassenen Stauden einen Schuh Raum be-
kamen. Die andern ließ ich in eben der Weite
auf ein ander Beet stecken. Sie wuchsen insge-
samt freudig fort, daß ich sie noch in diesem Jah-
re zweymal abschneiden konte. Jn dem folgen-
den Jahre geschahe das Abschneiden dreymal, und
es ist wahr, daß mir die Mühe damals bezahlet
wurde.

Da aber der Krieg ein Ende hatte, so nahm
auch diese starke Erziehung der Melisse ein Ende,
indem die Herren Apotheker und Materialisten sol-
che nicht mehr bezahlen wolten. Worauf ich die
Stöcke ausheben und den Taglöhnern zum Ein-
heizen überlassen muste, denn sie haben eine lange
holzigte Wurzel.

Sie erfrieren nicht leicht, es wäre denn, daß
sie zu alt würden. Sie wachsen sowol an sonnig-
ten als an schattigten Orten, werden aber an ihren
Blättern viel derber in freyer Luft.

Es kan die Melisse auch vermehret werden
durch Zertheilung der alten Stöcke, welche, wenn
sie frischen Grund und Boden bekommen, von
neuen wiederum recht schöne jung hervor wachsen.

Der Same wird nicht in allen Jahren, son-
dern nur in heissen Sommer-Tagen bey uns reif.

Etliche grüne Melissen-Blätter in siedend
Wasser geworfen, geben einen guten Thee. Jn
Ermangelung der grünen Blätter können auch
dürre gebrauchet werden, wiewol ich die grünen
allezeit besser befunden habe.

Es

gehoͤrigen Kraͤutern und Wurzeln.
ſolche ausheben, alſo, daß die auf dem Lande zu-
ruͤk gelaſſenen Stauden einen Schuh Raum be-
kamen. Die andern ließ ich in eben der Weite
auf ein ander Beet ſtecken. Sie wuchſen insge-
ſamt freudig fort, daß ich ſie noch in dieſem Jah-
re zweymal abſchneiden konte. Jn dem folgen-
den Jahre geſchahe das Abſchneiden dreymal, und
es iſt wahr, daß mir die Muͤhe damals bezahlet
wurde.

Da aber der Krieg ein Ende hatte, ſo nahm
auch dieſe ſtarke Erziehung der Meliſſe ein Ende,
indem die Herren Apotheker und Materialiſten ſol-
che nicht mehr bezahlen wolten. Worauf ich die
Stoͤcke ausheben und den Tagloͤhnern zum Ein-
heizen uͤberlaſſen muſte, denn ſie haben eine lange
holzigte Wurzel.

Sie erfrieren nicht leicht, es waͤre denn, daß
ſie zu alt wuͤrden. Sie wachſen ſowol an ſonnig-
ten als an ſchattigten Orten, werden aber an ihren
Blaͤttern viel derber in freyer Luft.

Es kan die Meliſſe auch vermehret werden
durch Zertheilung der alten Stoͤcke, welche, wenn
ſie friſchen Grund und Boden bekommen, von
neuen wiederum recht ſchoͤne jung hervor wachſen.

Der Same wird nicht in allen Jahren, ſon-
dern nur in heiſſen Sommer-Tagen bey uns reif.

Etliche gruͤne Meliſſen-Blaͤtter in ſiedend
Waſſer geworfen, geben einen guten Thee. Jn
Ermangelung der gruͤnen Blaͤtter koͤnnen auch
duͤrre gebrauchet werden, wiewol ich die gruͤnen
allezeit beſſer befunden habe.

Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0213" n="203"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">geho&#x0364;rigen Kra&#x0364;utern und Wurzeln.</hi></fw><lb/>
&#x017F;olche ausheben, al&#x017F;o, daß die auf dem Lande zu-<lb/>
ru&#x0364;k gela&#x017F;&#x017F;enen Stauden einen Schuh Raum be-<lb/>
kamen. Die andern ließ ich in eben der Weite<lb/>
auf ein ander Beet &#x017F;tecken. Sie wuch&#x017F;en insge-<lb/>
&#x017F;amt freudig fort, daß ich &#x017F;ie noch in die&#x017F;em Jah-<lb/>
re zweymal ab&#x017F;chneiden konte. Jn dem folgen-<lb/>
den Jahre ge&#x017F;chahe das Ab&#x017F;chneiden dreymal, und<lb/>
es i&#x017F;t wahr, daß mir die Mu&#x0364;he damals bezahlet<lb/>
wurde.</p><lb/>
          <p>Da aber der Krieg ein Ende hatte, &#x017F;o nahm<lb/>
auch die&#x017F;e &#x017F;tarke Erziehung der Meli&#x017F;&#x017F;e ein Ende,<lb/>
indem die Herren Apotheker und Materiali&#x017F;ten &#x017F;ol-<lb/>
che nicht mehr bezahlen wolten. Worauf ich die<lb/>
Sto&#x0364;cke ausheben und den Taglo&#x0364;hnern zum Ein-<lb/>
heizen u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en mu&#x017F;te, denn &#x017F;ie haben eine lange<lb/>
holzigte Wurzel.</p><lb/>
          <p>Sie erfrieren nicht leicht, es wa&#x0364;re denn, daß<lb/>
&#x017F;ie zu alt wu&#x0364;rden. Sie wach&#x017F;en &#x017F;owol an &#x017F;onnig-<lb/>
ten als an &#x017F;chattigten Orten, werden aber an ihren<lb/>
Bla&#x0364;ttern viel derber in freyer Luft.</p><lb/>
          <p>Es kan die Meli&#x017F;&#x017F;e auch vermehret werden<lb/>
durch Zertheilung der alten Sto&#x0364;cke, welche, wenn<lb/>
&#x017F;ie fri&#x017F;chen Grund und Boden bekommen, von<lb/>
neuen wiederum recht &#x017F;cho&#x0364;ne jung hervor wach&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Der Same wird nicht in allen Jahren, &#x017F;on-<lb/>
dern nur in hei&#x017F;&#x017F;en Sommer-Tagen bey uns reif.</p><lb/>
          <p>Etliche gru&#x0364;ne Meli&#x017F;&#x017F;en-Bla&#x0364;tter in &#x017F;iedend<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er geworfen, geben einen guten Thee. Jn<lb/>
Ermangelung der gru&#x0364;nen Bla&#x0364;tter ko&#x0364;nnen auch<lb/>
du&#x0364;rre gebrauchet werden, wiewol ich die gru&#x0364;nen<lb/>
allezeit be&#x017F;&#x017F;er befunden habe.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0213] gehoͤrigen Kraͤutern und Wurzeln. ſolche ausheben, alſo, daß die auf dem Lande zu- ruͤk gelaſſenen Stauden einen Schuh Raum be- kamen. Die andern ließ ich in eben der Weite auf ein ander Beet ſtecken. Sie wuchſen insge- ſamt freudig fort, daß ich ſie noch in dieſem Jah- re zweymal abſchneiden konte. Jn dem folgen- den Jahre geſchahe das Abſchneiden dreymal, und es iſt wahr, daß mir die Muͤhe damals bezahlet wurde. Da aber der Krieg ein Ende hatte, ſo nahm auch dieſe ſtarke Erziehung der Meliſſe ein Ende, indem die Herren Apotheker und Materialiſten ſol- che nicht mehr bezahlen wolten. Worauf ich die Stoͤcke ausheben und den Tagloͤhnern zum Ein- heizen uͤberlaſſen muſte, denn ſie haben eine lange holzigte Wurzel. Sie erfrieren nicht leicht, es waͤre denn, daß ſie zu alt wuͤrden. Sie wachſen ſowol an ſonnig- ten als an ſchattigten Orten, werden aber an ihren Blaͤttern viel derber in freyer Luft. Es kan die Meliſſe auch vermehret werden durch Zertheilung der alten Stoͤcke, welche, wenn ſie friſchen Grund und Boden bekommen, von neuen wiederum recht ſchoͤne jung hervor wachſen. Der Same wird nicht in allen Jahren, ſon- dern nur in heiſſen Sommer-Tagen bey uns reif. Etliche gruͤne Meliſſen-Blaͤtter in ſiedend Waſſer geworfen, geben einen guten Thee. Jn Ermangelung der gruͤnen Blaͤtter koͤnnen auch duͤrre gebrauchet werden, wiewol ich die gruͤnen allezeit beſſer befunden habe. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz04_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz04_1753/213
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 4. Erfurt, 1753, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz04_1753/213>, abgerufen am 03.12.2024.