betrachtet, so solte es einem beynahe unmöglich scheinen, daß dergleichen unansehnliches Thierlein in so kurzer Zeit einen so grossen Vorrath aufzuzeh- ren vermögend wäre, wo es nicht der Augenschein bestätigte.
Jm Kriechen sind diese Raupen keine der geschwindesten, sondern sie nehmen wohl Zeit dar- zu, wenn sie von einem Blatte auf ein anders ge- hen wollen. Man pflegt sie auch mehr auf der untern als obern Seite der Blätter anzutreffen, weil sie auf solche Art nicht nur vor Regen und Ungewitter, sondern auch vor den Vögeln, wel- che ihnen als einer niedlichen Speise für ihre Jun- gen stark nachstreben, besser verwahret sind. Wenn nun aber die Zeit der Verwandelung vor- henden ist, fänget ihnen die vorhin angenehme Speise an zu widerstehen, sie verlassen die Aecker, und machen sich an die Wände der Gärten und Häuser, oder wenn deren keine in der Nähe sind, suchen sie einen Baum, oder sonst einen Stau- den-Stengel, sich daran anzusetzen. Jst nun der gefundene Ruhe-Plaz ihnen bequem, so spinnen sie sich einen Faden um den Leib, womit sie sich, wie alle dieser Classe wieder das Herabfallen ver- sichern.
Ferner gedenket Herr Rösel Class. II. N. XXIX. p. 169. noch einer Sorte der Raupen, welche dem weissen Kraute auch sehr grosen Schaden zufüget. Wie ich denn solches in manchen Jahren erfahren habe, daß sowohl die Sommer- als Winterkraut- Köpfe nicht anders ausgesehen, als wenn sie mit
grosem
6. Cap. Von allerhand
betrachtet, ſo ſolte es einem beynahe unmoͤglich ſcheinen, daß dergleichen unanſehnliches Thierlein in ſo kurzer Zeit einen ſo groſſen Vorrath aufzuzeh- ren vermoͤgend waͤre, wo es nicht der Augenſchein beſtaͤtigte.
Jm Kriechen ſind dieſe Raupen keine der geſchwindeſten, ſondern ſie nehmen wohl Zeit dar- zu, wenn ſie von einem Blatte auf ein anders ge- hen wollen. Man pflegt ſie auch mehr auf der untern als obern Seite der Blaͤtter anzutreffen, weil ſie auf ſolche Art nicht nur vor Regen und Ungewitter, ſondern auch vor den Voͤgeln, wel- che ihnen als einer niedlichen Speiſe fuͤr ihre Jun- gen ſtark nachſtreben, beſſer verwahret ſind. Wenn nun aber die Zeit der Verwandelung vor- henden iſt, faͤnget ihnen die vorhin angenehme Speiſe an zu widerſtehen, ſie verlaſſen die Aecker, und machen ſich an die Waͤnde der Gaͤrten und Haͤuſer, oder wenn deren keine in der Naͤhe ſind, ſuchen ſie einen Baum, oder ſonſt einen Stau- den-Stengel, ſich daran anzuſetzen. Jſt nun der gefundene Ruhe-Plaz ihnen bequem, ſo ſpinnen ſie ſich einen Faden um den Leib, womit ſie ſich, wie alle dieſer Claſſe wieder das Herabfallen ver- ſichern.
Ferner gedenket Herr Roͤſel Claſſ. II. N. XXIX. p. 169. noch einer Sorte der Raupen, welche dem weiſſen Kraute auch ſehr groſen Schaden zufuͤget. Wie ich denn ſolches in manchen Jahren erfahren habe, daß ſowohl die Sommer- als Winterkraut- Koͤpfe nicht anders ausgeſehen, als wenn ſie mit
groſem
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6. Cap. Von allerhand
betrachtet, ſo ſolte es einem beynahe unmoͤglich
ſcheinen, daß dergleichen unanſehnliches Thierlein
in ſo kurzer Zeit einen ſo groſſen Vorrath aufzuzeh-
ren vermoͤgend waͤre, wo es nicht der Augenſchein
beſtaͤtigte.
Jm Kriechen ſind dieſe Raupen keine der
geſchwindeſten, ſondern ſie nehmen wohl Zeit dar-
zu, wenn ſie von einem Blatte auf ein anders ge-
hen wollen. Man pflegt ſie auch mehr auf der
untern als obern Seite der Blaͤtter anzutreffen,
weil ſie auf ſolche Art nicht nur vor Regen und
Ungewitter, ſondern auch vor den Voͤgeln, wel-
che ihnen als einer niedlichen Speiſe fuͤr ihre Jun-
gen ſtark nachſtreben, beſſer verwahret ſind.
Wenn nun aber die Zeit der Verwandelung vor-
henden iſt, faͤnget ihnen die vorhin angenehme
Speiſe an zu widerſtehen, ſie verlaſſen die Aecker,
und machen ſich an die Waͤnde der Gaͤrten und
Haͤuſer, oder wenn deren keine in der Naͤhe ſind,
ſuchen ſie einen Baum, oder ſonſt einen Stau-
den-Stengel, ſich daran anzuſetzen. Jſt nun der
gefundene Ruhe-Plaz ihnen bequem, ſo ſpinnen
ſie ſich einen Faden um den Leib, womit ſie ſich,
wie alle dieſer Claſſe wieder das Herabfallen ver-
ſichern.
Ferner gedenket Herr Roͤſel Claſſ. II. N. XXIX.
p. 169. noch einer Sorte der Raupen, welche dem
weiſſen Kraute auch ſehr groſen Schaden zufuͤget.
Wie ich denn ſolches in manchen Jahren erfahren
habe, daß ſowohl die Sommer- als Winterkraut-
Koͤpfe nicht anders ausgeſehen, als wenn ſie mit
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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/142>, abgerufen am 25.07.2024.
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