zu viel noch zu wenig thun und dahin sehen, daß, wo möglich auf einer Seite eines Baumes so viel Zelken als auf der andern anzutreffen seyn.
5) Sind einige Zweige an den Bäumen, welche nach der Erden zugewachsen, und herunter- wärts hangen, und daher dem Gesichte unange- nehm vorkommen, so müssen solche ebenfals abge- schnitten werden. Die untersten Zelken der Kronen müssen also beschaffen seyn, daß sie in einer gera- den Linie und wohl ausgestrekt stehen.
6) Solte ein Zweig, wie es vielmal zu ge- schehen pflegot, mehr Nahrung als der darneben stehende haben, und über seinen Nachbar zu weit hinwachsen, wodurch die Krone und die Rundung unordentlich gemacht wird, so muß man ihn so weit abkürtzen, daß die Gleichheit und Rundung wieder hergestellet werde. Es muß auch eine Krone niemalen weder zu gros noch zu klein ge- halten werden, sondern man muß sich allezeit nach der Proportion des Stammes richten. Ein Ue- belstand wäre es, wenn man einem kleinen Stam- me eine grosse Kugel und hingegen einem grossen dicken Stamme eine kleine machen wolte. Eine andere Beschaffenheit hat es aber, wenn ein Baum krank ist, oder dürre Zweige hat, oder aus Unver- stand in Unordnung gekommen ist, und man dem- selben in eine neue und feische Krone treiben wil. Denn da ist man genöthiget auch an einem grossen Baume die Krone gar sehr zu verstutzen und gantz klein zu machen. Wenn dieses geschehen, und ein Garten-Liebhaber mit dem Treiben, wovon oben
gehan-
12. Cap. Von Orangen-Baͤumen.
zu viel noch zu wenig thun und dahin ſehen, daß, wo moͤglich auf einer Seite eines Baumes ſo viel Zelken als auf der andern anzutreffen ſeyn.
5) Sind einige Zweige an den Baͤumen, welche nach der Erden zugewachſen, und herunter- waͤrts hangen, und daher dem Geſichte unange- nehm vorkommen, ſo muͤſſen ſolche ebenfals abge- ſchnitten werden. Die unterſten Zelken der Kronen muͤſſen alſo beſchaffen ſeyn, daß ſie in einer gera- den Linie und wohl ausgeſtrekt ſtehen.
6) Solte ein Zweig, wie es vielmal zu ge- ſchehen pflegot, mehr Nahrung als der darneben ſtehende haben, und uͤber ſeinen Nachbar zu weit hinwachſen, wodurch die Krone und die Rundung unordentlich gemacht wird, ſo muß man ihn ſo weit abkuͤrtzen, daß die Gleichheit und Rundung wieder hergeſtellet werde. Es muß auch eine Krone niemalen weder zu gros noch zu klein ge- halten werden, ſondern man muß ſich allezeit nach der Proportion des Stammes richten. Ein Ue- belſtand waͤre es, wenn man einem kleinen Stam- me eine groſſe Kugel und hingegen einem groſſen dicken Stamme eine kleine machen wolte. Eine andere Beſchaffenheit hat es aber, wenn ein Baum krank iſt, oder duͤrre Zweige hat, oder aus Unver- ſtand in Unordnung gekommen iſt, und man dem- ſelben in eine neue und feiſche Krone treiben wil. Denn da iſt man genoͤthiget auch an einem groſſen Baume die Krone gar ſehr zu verſtutzen und gantz klein zu machen. Wenn dieſes geſchehen, und ein Garten-Liebhaber mit dem Treiben, wovon oben
gehan-
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12. Cap. Von Orangen-Baͤumen.
zu viel noch zu wenig thun und dahin ſehen, daß,
wo moͤglich auf einer Seite eines Baumes ſo viel
Zelken als auf der andern anzutreffen ſeyn.
5) Sind einige Zweige an den Baͤumen,
welche nach der Erden zugewachſen, und herunter-
waͤrts hangen, und daher dem Geſichte unange-
nehm vorkommen, ſo muͤſſen ſolche ebenfals abge-
ſchnitten werden. Die unterſten Zelken der Kronen
muͤſſen alſo beſchaffen ſeyn, daß ſie in einer gera-
den Linie und wohl ausgeſtrekt ſtehen.
6) Solte ein Zweig, wie es vielmal zu ge-
ſchehen pflegot, mehr Nahrung als der darneben
ſtehende haben, und uͤber ſeinen Nachbar zu weit
hinwachſen, wodurch die Krone und die Rundung
unordentlich gemacht wird, ſo muß man ihn ſo
weit abkuͤrtzen, daß die Gleichheit und Rundung
wieder hergeſtellet werde. Es muß auch eine
Krone niemalen weder zu gros noch zu klein ge-
halten werden, ſondern man muß ſich allezeit nach
der Proportion des Stammes richten. Ein Ue-
belſtand waͤre es, wenn man einem kleinen Stam-
me eine groſſe Kugel und hingegen einem groſſen
dicken Stamme eine kleine machen wolte. Eine
andere Beſchaffenheit hat es aber, wenn ein Baum
krank iſt, oder duͤrre Zweige hat, oder aus Unver-
ſtand in Unordnung gekommen iſt, und man dem-
ſelben in eine neue und feiſche Krone treiben wil.
Denn da iſt man genoͤthiget auch an einem groſſen
Baume die Krone gar ſehr zu verſtutzen und gantz
klein zu machen. Wenn dieſes geſchehen, und ein
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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/248>, abgerufen am 25.07.2024.
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