Es ist aber auch nöthig, daß die Zuhörer in einem solchen Collegio selbst mit Hand an- legen und die Instrumenta lernen appliciren. Denn dadurch werden sie in Stand gesetzet, daß sie in Zukunft ihren Leuten und Tagelöhnern, welche öfters hierinnen entweder fehlen, oder wohl gar in manchen Stücken ganz unerfahren sind, solches wiederum recht zeigen und lernen können. Es ist besser, daß man es solchen Leu- ten selbst lernen und sie corrigiren kan, als von ihnen, wie gemeiniglich zu geschehen pfleget, und welches ich anfänglich selbst erfahren, ausgela- chet zu werden, und durch ihren Unverstand und Eigensin in seiner Oeconomie Schaden zu lei- den. Jch wil die Sache mit einem einzigen Exempel erläutern. Es ist bekant, daß man die Kohl-Pflanzen vermittelst eines Pflanzers (bey uns nennen sie solchen einen Stickel) oder Steck- holzes fortzupflanzen pfleget, welche Art auch überhaupt bey Versetzung aller Pflanzen die be- ste ist. Ob nun gleich dieses die gemeinste und geringste Arbeit zu seyn scheinet, so ist doch in Wahrheit ein besonderer Vortheil dabey zu beobachten, wenn die Pflanzen bekleiben oder fortkommen sollen. Es muß nemlich die Erde mit dem Pflanzer recht angedrückt werden, wo- bey ich diese Probe zu machen pflege: sobald ei- ne Pflanze gesteckt worden, so fasse ich ein einzi- ges Blat mit den zwey Forder-Fingern ein klein wenig etwan eines Pfennigs groß an, und ziehe solches in die Höhe gehet oder reisset dieses Stük-
lein
)()( 4
Vorrede.
Es iſt aber auch noͤthig, daß die Zuhoͤrer in einem ſolchen Collegio ſelbſt mit Hand an- legen und die Inſtrumenta lernen appliciren. Denn dadurch werden ſie in Stand geſetzet, daß ſie in Zukunft ihren Leuten und Tageloͤhnern, welche oͤfters hierinnen entweder fehlen, oder wohl gar in manchen Stuͤcken ganz unerfahren ſind, ſolches wiederum recht zeigen und lernen koͤnnen. Es iſt beſſer, daß man es ſolchen Leu- ten ſelbſt lernen und ſie corrigiren kan, als von ihnen, wie gemeiniglich zu geſchehen pfleget, und welches ich anfaͤnglich ſelbſt erfahren, ausgela- chet zu werden, und durch ihren Unverſtand und Eigenſin in ſeiner Oeconomie Schaden zu lei- den. Jch wil die Sache mit einem einzigen Exempel erlaͤutern. Es iſt bekant, daß man die Kohl-Pflanzen vermittelſt eines Pflanzers (bey uns nennen ſie ſolchen einen Stickel) oder Steck- holzes fortzupflanzen pfleget, welche Art auch uͤberhaupt bey Verſetzung aller Pflanzen die be- ſte iſt. Ob nun gleich dieſes die gemeinſte und geringſte Arbeit zu ſeyn ſcheinet, ſo iſt doch in Wahrheit ein beſonderer Vortheil dabey zu beobachten, wenn die Pflanzen bekleiben oder fortkommen ſollen. Es muß nemlich die Erde mit dem Pflanzer recht angedruͤckt werden, wo- bey ich dieſe Probe zu machen pflege: ſobald ei- ne Pflanze geſteckt worden, ſo faſſe ich ein einzi- ges Blat mit den zwey Forder-Fingern ein klein wenig etwan eines Pfennigs groß an, und ziehe ſolches in die Hoͤhe gehet oder reiſſet dieſes Stuͤk-
lein
)()( 4
<TEI><text><front><divn="1"><pbfacs="#f0023"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/><p>Es iſt aber auch noͤthig, daß die Zuhoͤrer<lb/>
in einem ſolchen Collegio ſelbſt mit Hand an-<lb/>
legen und die <hirendition="#aq">Inſtrumenta</hi> lernen appliciren.<lb/>
Denn dadurch werden ſie in Stand geſetzet, daß<lb/>ſie in Zukunft ihren Leuten und Tageloͤhnern,<lb/>
welche oͤfters hierinnen entweder fehlen, oder<lb/>
wohl gar in manchen Stuͤcken ganz unerfahren<lb/>ſind, ſolches wiederum recht zeigen und lernen<lb/>
koͤnnen. Es iſt beſſer, daß man es ſolchen Leu-<lb/>
ten ſelbſt lernen und ſie corrigiren kan, als von<lb/>
ihnen, wie gemeiniglich zu geſchehen pfleget, und<lb/>
welches ich anfaͤnglich ſelbſt erfahren, ausgela-<lb/>
chet zu werden, und durch ihren Unverſtand und<lb/>
Eigenſin in ſeiner Oeconomie Schaden zu lei-<lb/>
den. Jch wil die Sache mit einem einzigen<lb/>
Exempel erlaͤutern. Es iſt bekant, daß man die<lb/>
Kohl-Pflanzen vermittelſt eines Pflanzers (bey<lb/>
uns nennen ſie ſolchen einen Stickel) oder Steck-<lb/>
holzes fortzupflanzen pfleget, welche Art auch<lb/>
uͤberhaupt bey Verſetzung aller Pflanzen die be-<lb/>ſte iſt. Ob nun gleich dieſes die gemeinſte und<lb/>
geringſte Arbeit zu ſeyn ſcheinet, ſo iſt doch in<lb/>
Wahrheit ein beſonderer Vortheil dabey zu<lb/>
beobachten, wenn die Pflanzen bekleiben oder<lb/>
fortkommen ſollen. Es muß nemlich die Erde<lb/>
mit dem Pflanzer recht angedruͤckt werden, wo-<lb/>
bey ich dieſe Probe zu machen pflege: ſobald ei-<lb/>
ne Pflanze geſteckt worden, ſo faſſe ich ein einzi-<lb/>
ges Blat mit den zwey Forder-Fingern ein klein<lb/>
wenig etwan eines Pfennigs groß an, und ziehe<lb/>ſolches in die Hoͤhe gehet oder reiſſet dieſes Stuͤk-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">)()( 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">lein</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0023]
Vorrede.
Es iſt aber auch noͤthig, daß die Zuhoͤrer
in einem ſolchen Collegio ſelbſt mit Hand an-
legen und die Inſtrumenta lernen appliciren.
Denn dadurch werden ſie in Stand geſetzet, daß
ſie in Zukunft ihren Leuten und Tageloͤhnern,
welche oͤfters hierinnen entweder fehlen, oder
wohl gar in manchen Stuͤcken ganz unerfahren
ſind, ſolches wiederum recht zeigen und lernen
koͤnnen. Es iſt beſſer, daß man es ſolchen Leu-
ten ſelbſt lernen und ſie corrigiren kan, als von
ihnen, wie gemeiniglich zu geſchehen pfleget, und
welches ich anfaͤnglich ſelbſt erfahren, ausgela-
chet zu werden, und durch ihren Unverſtand und
Eigenſin in ſeiner Oeconomie Schaden zu lei-
den. Jch wil die Sache mit einem einzigen
Exempel erlaͤutern. Es iſt bekant, daß man die
Kohl-Pflanzen vermittelſt eines Pflanzers (bey
uns nennen ſie ſolchen einen Stickel) oder Steck-
holzes fortzupflanzen pfleget, welche Art auch
uͤberhaupt bey Verſetzung aller Pflanzen die be-
ſte iſt. Ob nun gleich dieſes die gemeinſte und
geringſte Arbeit zu ſeyn ſcheinet, ſo iſt doch in
Wahrheit ein beſonderer Vortheil dabey zu
beobachten, wenn die Pflanzen bekleiben oder
fortkommen ſollen. Es muß nemlich die Erde
mit dem Pflanzer recht angedruͤckt werden, wo-
bey ich dieſe Probe zu machen pflege: ſobald ei-
ne Pflanze geſteckt worden, ſo faſſe ich ein einzi-
ges Blat mit den zwey Forder-Fingern ein klein
wenig etwan eines Pfennigs groß an, und ziehe
ſolches in die Hoͤhe gehet oder reiſſet dieſes Stuͤk-
lein
)()( 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/23>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.