Raschdorff, Julius: Die Hochbau-Ausfuehrungen des preußischen Staates. Berlin, 1880.Praxis gereifte künstlerische Erfahrung. Eine solche besitzen Hiermit ist es wohl in ausreichender Weise erklärt, daß Es mag daneben noch hervor gehoben werden, daß jener für *) Reskripte der höchsten Baubehörde haben das wiederholt anerkannt und
vergeblich zu bessern gesucht. Besonders charakteristisch ist das auf die Aus¬ führung neuer Kirchen bezgl. Z.-R. vom 31. März 1856, das "eine zu untergeordnete, sogar mißverstandene Behandlung der Details", sowie eine anscheinend auf willkürlicher Abschätzung beruhende, meist zu große Bemessung derselben tadelt und strenges Einhalten des Baustils vermißt. Praxis gereifte künſtleriſche Erfahrung. Eine ſolche beſitzen Hiermit iſt es wohl in ausreichender Weiſe erklärt, daß Es mag daneben noch hervor gehoben werden, daß jener für *) Reſkripte der höchſten Baubehörde haben das wiederholt anerkannt und
vergeblich zu beſſern geſucht. Beſonders charakteriſtiſch iſt das auf die Aus¬ führung neuer Kirchen bezgl. Z.-R. vom 31. März 1856, das „eine zu untergeordnete, ſogar mißverſtandene Behandlung der Details“, ſowie eine anſcheinend auf willkürlicher Abſchätzung beruhende, meiſt zu große Bemeſſung derſelben tadelt und ſtrenges Einhalten des Bauſtils vermißt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="9"/> Praxis gereifte <hi rendition="#g">künſtleriſche Erfahrung</hi>. Eine ſolche beſitzen<lb/> die Kreis-Baubeamten ebenſo ſelten, wie die ihnen zugewieſenen<lb/> jungen Hülfsarbeiter; ſie ſtehen demnach den ihnen zur Ausfüh¬<lb/> rung überſandten, meiſt in kleinem Maßſtabe gezeichneten Ent¬<lb/> würfen rathlos gegenüber und ſind darauf angewieſen, mit der<lb/> Detaillirung derſelben auf gut Glück zu experimentiren, bezw.<lb/> ein ſolches Experiment den zur ſpeziellen Bauleitung beſtellten<lb/> Kräften zu überlaſſen. Das Ergebniß kann unmöglich ein glück¬<lb/> liches ſein. <hi rendition="#g">So ſtellt ſich die künſtleriſche Ausgeſtaltung<lb/> im Einzelnen bei unſern Staatsbauten nur gar zu<lb/> häufig als eine dürftige und mißverſtandene dar</hi>. <note place="foot" n="*)">Reſkripte der höchſten Baubehörde haben das wiederholt anerkannt und<lb/> vergeblich zu beſſern geſucht. Beſonders charakteriſtiſch iſt das auf die Aus¬<lb/> führung neuer Kirchen bezgl. Z.-R. vom 31. März 1856, das „eine zu<lb/> untergeordnete, ſogar mißverſtandene Behandlung der Details“, ſowie eine<lb/> anſcheinend auf willkürlicher Abſchätzung beruhende, meiſt zu große Bemeſſung<lb/> derſelben tadelt und ſtrenges Einhalten des Bauſtils vermißt.<lb/></note>—</p><lb/> <p>Hiermit iſt es wohl in ausreichender Weiſe erklärt, daß<lb/> auf dem für die Herſtellung unſerer Staatsbauten üblichen Wege<lb/> nur höchſt ſelten — durch ein Zuſammentreffen beſonders glück¬<lb/> licher Umſtände — Werke entſtehen können, die ganz und voll<lb/> das Gepräge einer <hi rendition="#g">künſtleriſchen Leiſtung</hi> tragen. Iſt doch<lb/> eine ſolche ſtets nur als <hi rendition="#g">individuelle Schöpfung eines ein¬<lb/> zelnen Künſtlers</hi> denkbar, während in die Autorſchaft unſerer<lb/> Staatsbauten eine ſo große Zahl verſchiedener Perſönlichkeiten ſich<lb/> theilt, daß es in den meiſten Fällen gar nicht möglich iſt anzu¬<lb/> geben, von wem das betreffende Gebäude eigentlich herrührt. —<lb/> Eine Thatſache, die für ſich allein hinreicht, den künſtleriſchen<lb/> Rang dieſer Werke mit einem Schlage zu kennzeichnen!</p><lb/> <p>Es mag daneben noch hervor gehoben werden, daß jener für<lb/> den künſtleriſchen Werth unſerer Staatsbauten ſo nachtheilige Weg<lb/> ihrer Herſtellung auch ein unverhältnißmäßig <hi rendition="#g">koſtſpieliger</hi> iſt.<lb/> Die zwei- und dreimalige Bearbeitung des Entwurfs erfordert<lb/> natürlich auch <hi rendition="#g">zwei- bis dreifache Projektirungskoſten</hi>,<lb/> die um ſo höher ſich zu ſtellen pflegen, als zu dieſen Arbeiten<lb/> großentheils diätariſch beſoldete Hülfsarbeiter verwendet werden<lb/> müſſen. — Die Ausführung der Bauten wird in's Endloſe ver¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0017]
Praxis gereifte künſtleriſche Erfahrung. Eine ſolche beſitzen
die Kreis-Baubeamten ebenſo ſelten, wie die ihnen zugewieſenen
jungen Hülfsarbeiter; ſie ſtehen demnach den ihnen zur Ausfüh¬
rung überſandten, meiſt in kleinem Maßſtabe gezeichneten Ent¬
würfen rathlos gegenüber und ſind darauf angewieſen, mit der
Detaillirung derſelben auf gut Glück zu experimentiren, bezw.
ein ſolches Experiment den zur ſpeziellen Bauleitung beſtellten
Kräften zu überlaſſen. Das Ergebniß kann unmöglich ein glück¬
liches ſein. So ſtellt ſich die künſtleriſche Ausgeſtaltung
im Einzelnen bei unſern Staatsbauten nur gar zu
häufig als eine dürftige und mißverſtandene dar. *)—
Hiermit iſt es wohl in ausreichender Weiſe erklärt, daß
auf dem für die Herſtellung unſerer Staatsbauten üblichen Wege
nur höchſt ſelten — durch ein Zuſammentreffen beſonders glück¬
licher Umſtände — Werke entſtehen können, die ganz und voll
das Gepräge einer künſtleriſchen Leiſtung tragen. Iſt doch
eine ſolche ſtets nur als individuelle Schöpfung eines ein¬
zelnen Künſtlers denkbar, während in die Autorſchaft unſerer
Staatsbauten eine ſo große Zahl verſchiedener Perſönlichkeiten ſich
theilt, daß es in den meiſten Fällen gar nicht möglich iſt anzu¬
geben, von wem das betreffende Gebäude eigentlich herrührt. —
Eine Thatſache, die für ſich allein hinreicht, den künſtleriſchen
Rang dieſer Werke mit einem Schlage zu kennzeichnen!
Es mag daneben noch hervor gehoben werden, daß jener für
den künſtleriſchen Werth unſerer Staatsbauten ſo nachtheilige Weg
ihrer Herſtellung auch ein unverhältnißmäßig koſtſpieliger iſt.
Die zwei- und dreimalige Bearbeitung des Entwurfs erfordert
natürlich auch zwei- bis dreifache Projektirungskoſten,
die um ſo höher ſich zu ſtellen pflegen, als zu dieſen Arbeiten
großentheils diätariſch beſoldete Hülfsarbeiter verwendet werden
müſſen. — Die Ausführung der Bauten wird in's Endloſe ver¬
*) Reſkripte der höchſten Baubehörde haben das wiederholt anerkannt und
vergeblich zu beſſern geſucht. Beſonders charakteriſtiſch iſt das auf die Aus¬
führung neuer Kirchen bezgl. Z.-R. vom 31. März 1856, das „eine zu
untergeordnete, ſogar mißverſtandene Behandlung der Details“, ſowie eine
anſcheinend auf willkürlicher Abſchätzung beruhende, meiſt zu große Bemeſſung
derſelben tadelt und ſtrenges Einhalten des Bauſtils vermißt.
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