Pfründen, wurden abgeschafft; der Kaiser versprach, den rö- mischen Stuhl zu bewegen, gewisse Vorrechte in dieser Hin- sicht fahren zu lassen; den größten Werth legte er darauf, daß allenthalben Visitationen gehalten und besonders die Provincialsynoden wiederhergestellt würden; den Bischöfen ward ein bestimmter Termin hiefür gesetzt, welchen sie auch größtentheils eingehalten haben. 1
Denn darauf war die Hauptabsicht des Kaisers gerich- tet, die deutsche Hierarchie wieder zu erneuern und ihre Wirk- samkeit zu beleben.
Noch war das deutsche Bisthum fast überall aufrecht erhalten: da wo es erschüttert worden, z. B. in Meißen und Thüringen, war es jetzt wieder hergestellt; es bedurfte nichts weiter, als die päpstliche Erlaubniß, in den dem Pro- testantismus zugestandenen exceptionellen Fällen zu dispen- siren, um die bischöfliche Jurisdiction überall wieder zur An- erkennung zu bringen.
Unter den Befugnissen, die der Kaiser noch außerdem für die Legaten forderte die ihm der Papst schicken sollte, finden wir auch die, über die Herstellung der geistlichen Gü- ter zu verfügen, mit deren Inhabern unter kaiserlicher Bei- stimmung darüber Vertrag zu schließen.
Wir sehen: der Kaiser hoffte noch mit allen diesen Din- gen zu Stande zu kommen: die Protestanten, er allein, ohne Zuthun des Papstes, zu beruhigen und sie zur Unterwer- fung unter die Hierarchie des Reiches zu vermögen, --
1Valde nobis probatur, quod de celebrandis synodis dioe- cesanis ad festum divi Martini proximum constituistis. Caroli V Reformatio ecclesiastica, unter andern bei Goldast Constit. III, 325.
Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
Pfründen, wurden abgeſchafft; der Kaiſer verſprach, den rö- miſchen Stuhl zu bewegen, gewiſſe Vorrechte in dieſer Hin- ſicht fahren zu laſſen; den größten Werth legte er darauf, daß allenthalben Viſitationen gehalten und beſonders die Provincialſynoden wiederhergeſtellt würden; den Biſchöfen ward ein beſtimmter Termin hiefür geſetzt, welchen ſie auch größtentheils eingehalten haben. 1
Denn darauf war die Hauptabſicht des Kaiſers gerich- tet, die deutſche Hierarchie wieder zu erneuern und ihre Wirk- ſamkeit zu beleben.
Noch war das deutſche Bisthum faſt überall aufrecht erhalten: da wo es erſchüttert worden, z. B. in Meißen und Thüringen, war es jetzt wieder hergeſtellt; es bedurfte nichts weiter, als die päpſtliche Erlaubniß, in den dem Pro- teſtantismus zugeſtandenen exceptionellen Fällen zu dispen- ſiren, um die biſchöfliche Jurisdiction überall wieder zur An- erkennung zu bringen.
Unter den Befugniſſen, die der Kaiſer noch außerdem für die Legaten forderte die ihm der Papſt ſchicken ſollte, finden wir auch die, über die Herſtellung der geiſtlichen Gü- ter zu verfügen, mit deren Inhabern unter kaiſerlicher Bei- ſtimmung darüber Vertrag zu ſchließen.
Wir ſehen: der Kaiſer hoffte noch mit allen dieſen Din- gen zu Stande zu kommen: die Proteſtanten, er allein, ohne Zuthun des Papſtes, zu beruhigen und ſie zur Unterwer- fung unter die Hierarchie des Reiches zu vermögen, —
1Valde nobis probatur, quod de celebrandis synodis dioe- cesanis ad festum divi Martini proximum constituistis. Caroli V Reformatio ecclesiastica, unter andern bei Goldaſt Constit. III, 325.
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Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
Pfründen, wurden abgeſchafft; der Kaiſer verſprach, den rö-
miſchen Stuhl zu bewegen, gewiſſe Vorrechte in dieſer Hin-
ſicht fahren zu laſſen; den größten Werth legte er darauf,
daß allenthalben Viſitationen gehalten und beſonders die
Provincialſynoden wiederhergeſtellt würden; den Biſchöfen
ward ein beſtimmter Termin hiefür geſetzt, welchen ſie auch
größtentheils eingehalten haben. 1
Denn darauf war die Hauptabſicht des Kaiſers gerich-
tet, die deutſche Hierarchie wieder zu erneuern und ihre Wirk-
ſamkeit zu beleben.
Noch war das deutſche Bisthum faſt überall aufrecht
erhalten: da wo es erſchüttert worden, z. B. in Meißen
und Thüringen, war es jetzt wieder hergeſtellt; es bedurfte
nichts weiter, als die päpſtliche Erlaubniß, in den dem Pro-
teſtantismus zugeſtandenen exceptionellen Fällen zu dispen-
ſiren, um die biſchöfliche Jurisdiction überall wieder zur An-
erkennung zu bringen.
Unter den Befugniſſen, die der Kaiſer noch außerdem
für die Legaten forderte die ihm der Papſt ſchicken ſollte,
finden wir auch die, über die Herſtellung der geiſtlichen Gü-
ter zu verfügen, mit deren Inhabern unter kaiſerlicher Bei-
ſtimmung darüber Vertrag zu ſchließen.
Wir ſehen: der Kaiſer hoffte noch mit allen dieſen Din-
gen zu Stande zu kommen: die Proteſtanten, er allein, ohne
Zuthun des Papſtes, zu beruhigen und ſie zur Unterwer-
fung unter die Hierarchie des Reiches zu vermögen, —
1 Valde nobis probatur, quod de celebrandis synodis dioe-
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Reformatio ecclesiastica, unter andern bei Goldaſt Constit. III, 325.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/66>, abgerufen am 23.07.2024.
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