das nicht im Grunde dasselbe? Die Zeitbestimmung diente nur Widerspruch zu erwecken. Schon genug, daß der Friede nicht ausdrücklich auf die bereits Beigetretenen beschränkt wurde. Geistliche und weltliche Churfürsten trugen kein Be- denken, hierin dem fürstlichen Collegium nachzugeben.
Damit aber näherte man sich einer andern Frage, der wichtigsten und in sich selbst schwierigsten, die bei den Be- stimmungen des Friedens überhaupt vorgekommen ist.
Wie nun, wenn auch Diejenigen die Confession annah- men, welche die Hochstifter des Reiches inne hatten? Durch die Bestimmungen die man getroffen, wären auch sie in den Frieden eingeschlossen gewesen. Erzbischöfe und Bischöfe, die geistlichen Churfürsten selbst hätten Protestanten seyn können. Dem evangelischen Bekenntniß wäre die Aussicht eröffnet wor- den, im Laufe der Zeit noch einmal zur vollen Herrschaft im Reiche zu gelangen.
Man gab wohl an, daß hiemit das Bestehen des Rei- ches überhaupt gefährdet sey: aber ohne Zweifel mit Un- recht. Die Einwendung, daß die Stifter erblich werden wür- den, ließ sich leicht widerlegen. Man brauchte nur, wie die anwesenden Räthe vorschlugen, durch eine besondere Reichsconstitution festzusetzen, daß dieß nicht geschehen dürfe, daß die Hochstifter bei ihren Wahlen und ihrer sonstigen Verfassung zu lassen seyen; dann lag hierin sogar das ein- zige Mittel, die Einheit des Reiches durch die Gleichheit des Bekenntnisses in geistlichen und weltlichen Herrschaften wie-
man aber viel disputirt, die meinung hätt es und solt es haben daß die alle fride solten haben so zu uns treten wolten: welchs denn vlei- ßig prothocollirt worden."
Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
das nicht im Grunde daſſelbe? Die Zeitbeſtimmung diente nur Widerſpruch zu erwecken. Schon genug, daß der Friede nicht ausdrücklich auf die bereits Beigetretenen beſchränkt wurde. Geiſtliche und weltliche Churfürſten trugen kein Be- denken, hierin dem fürſtlichen Collegium nachzugeben.
Damit aber näherte man ſich einer andern Frage, der wichtigſten und in ſich ſelbſt ſchwierigſten, die bei den Be- ſtimmungen des Friedens überhaupt vorgekommen iſt.
Wie nun, wenn auch Diejenigen die Confeſſion annah- men, welche die Hochſtifter des Reiches inne hatten? Durch die Beſtimmungen die man getroffen, wären auch ſie in den Frieden eingeſchloſſen geweſen. Erzbiſchöfe und Biſchöfe, die geiſtlichen Churfürſten ſelbſt hätten Proteſtanten ſeyn können. Dem evangeliſchen Bekenntniß wäre die Ausſicht eröffnet wor- den, im Laufe der Zeit noch einmal zur vollen Herrſchaft im Reiche zu gelangen.
Man gab wohl an, daß hiemit das Beſtehen des Rei- ches überhaupt gefährdet ſey: aber ohne Zweifel mit Un- recht. Die Einwendung, daß die Stifter erblich werden wür- den, ließ ſich leicht widerlegen. Man brauchte nur, wie die anweſenden Räthe vorſchlugen, durch eine beſondere Reichsconſtitution feſtzuſetzen, daß dieß nicht geſchehen dürfe, daß die Hochſtifter bei ihren Wahlen und ihrer ſonſtigen Verfaſſung zu laſſen ſeyen; dann lag hierin ſogar das ein- zige Mittel, die Einheit des Reiches durch die Gleichheit des Bekenntniſſes in geiſtlichen und weltlichen Herrſchaften wie-
man aber viel disputirt, die meinung haͤtt es und ſolt es haben daß die alle fride ſolten haben ſo zu uns treten wolten: welchs denn vlei- ßig prothocollirt worden.“
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Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
das nicht im Grunde daſſelbe? Die Zeitbeſtimmung diente
nur Widerſpruch zu erwecken. Schon genug, daß der Friede
nicht ausdrücklich auf die bereits Beigetretenen beſchränkt
wurde. Geiſtliche und weltliche Churfürſten trugen kein Be-
denken, hierin dem fürſtlichen Collegium nachzugeben.
Damit aber näherte man ſich einer andern Frage, der
wichtigſten und in ſich ſelbſt ſchwierigſten, die bei den Be-
ſtimmungen des Friedens überhaupt vorgekommen iſt.
Wie nun, wenn auch Diejenigen die Confeſſion annah-
men, welche die Hochſtifter des Reiches inne hatten? Durch
die Beſtimmungen die man getroffen, wären auch ſie in den
Frieden eingeſchloſſen geweſen. Erzbiſchöfe und Biſchöfe, die
geiſtlichen Churfürſten ſelbſt hätten Proteſtanten ſeyn können.
Dem evangeliſchen Bekenntniß wäre die Ausſicht eröffnet wor-
den, im Laufe der Zeit noch einmal zur vollen Herrſchaft im
Reiche zu gelangen.
Man gab wohl an, daß hiemit das Beſtehen des Rei-
ches überhaupt gefährdet ſey: aber ohne Zweifel mit Un-
recht. Die Einwendung, daß die Stifter erblich werden wür-
den, ließ ſich leicht widerlegen. Man brauchte nur, wie
die anweſenden Räthe vorſchlugen, durch eine beſondere
Reichsconſtitution feſtzuſetzen, daß dieß nicht geſchehen dürfe,
daß die Hochſtifter bei ihren Wahlen und ihrer ſonſtigen
Verfaſſung zu laſſen ſeyen; dann lag hierin ſogar das ein-
zige Mittel, die Einheit des Reiches durch die Gleichheit des
Bekenntniſſes in geiſtlichen und weltlichen Herrſchaften wie-
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die alle fride ſolten haben ſo zu uns treten wolten: welchs denn vlei-
ßig prothocollirt worden.“
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/382>, abgerufen am 23.07.2024.
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