Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Zehntes Buch. Fünstes Capitel. lassen, oder auch nur überhaupt die Einrichtung einer star-ken executiven Gewalt zugeben, ohne vorher über die wich- tigste gesetzliche Frage, den religiösen Frieden, beruhigt zu seyn. Unter den Umständen jener Zeit mochten die Gegner, da das Gedächtniß an die letzten Ereignisse noch frisch war, wohl nicht daran denken, die Protestanten zu bekriegen; aber wie leicht konnten die Dinge sich ändern: eine starke Reichs- gewalt in katholischen Händen, gegen die sie nicht rechts- beständig gesichert waren, konnte ihnen einmal so gefährlich werden wie der Kaiser geworden war. Es sieht wie eine nichtsbedeutende Formfrage aus, wenn Die Protestanten fürchteten, wenn über den Landfrieden In dem Churfürstenrath wurde auch diese Angelegen- Die weltlichen Stimmen, welche auf die Priorität des Zehntes Buch. Fuͤnſtes Capitel. laſſen, oder auch nur überhaupt die Einrichtung einer ſtar-ken executiven Gewalt zugeben, ohne vorher über die wich- tigſte geſetzliche Frage, den religiöſen Frieden, beruhigt zu ſeyn. Unter den Umſtänden jener Zeit mochten die Gegner, da das Gedächtniß an die letzten Ereigniſſe noch friſch war, wohl nicht daran denken, die Proteſtanten zu bekriegen; aber wie leicht konnten die Dinge ſich ändern: eine ſtarke Reichs- gewalt in katholiſchen Händen, gegen die ſie nicht rechts- beſtändig geſichert waren, konnte ihnen einmal ſo gefährlich werden wie der Kaiſer geworden war. Es ſieht wie eine nichtsbedeutende Formfrage aus, wenn Die Proteſtanten fürchteten, wenn über den Landfrieden In dem Churfürſtenrath wurde auch dieſe Angelegen- Die weltlichen Stimmen, welche auf die Priorität des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0366" n="354"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Buch. Fuͤnſtes Capitel</hi>.</fw><lb/> laſſen, oder auch nur überhaupt die Einrichtung einer ſtar-<lb/> ken executiven Gewalt zugeben, ohne vorher über die wich-<lb/> tigſte geſetzliche Frage, den religiöſen Frieden, beruhigt zu<lb/> ſeyn. Unter den Umſtänden jener Zeit mochten die Gegner,<lb/> da das Gedächtniß an die letzten Ereigniſſe noch friſch war,<lb/> wohl nicht daran denken, die Proteſtanten zu bekriegen; aber<lb/> wie leicht konnten die Dinge ſich ändern: eine ſtarke Reichs-<lb/> gewalt in katholiſchen Händen, gegen die ſie nicht rechts-<lb/> beſtändig geſichert waren, konnte ihnen einmal ſo gefährlich<lb/> werden wie der Kaiſer geworden war.</p><lb/> <p>Es ſieht wie eine nichtsbedeutende Formfrage aus, wenn<lb/> man vorläufige Berathungen darüber eröffnete, welcher Ge-<lb/> genſtand zuerſt vorgenommen werden ſolle, der Religions-<lb/> friede oder der Landfriede, aber es iſt eine Differenz welche<lb/> die Summe der Dinge berührt.</p><lb/> <p>Die Proteſtanten fürchteten, wenn über den Landfrieden<lb/> beſchloſſen ſey, werde man ihnen den Religionsfrieden er-<lb/> ſchweren, vielleicht, ehe derſelbe bewilligt worden, den Reichs-<lb/> tag abbrechen.</p><lb/> <p>In dem Churfürſtenrath wurde auch dieſe Angelegen-<lb/> heit, wie jetzt alle andern, zuerſt vorgenommen, lange jedoch<lb/> ohne Erfolg; fünf Mal ward Umfrage gehalten, ohne daß<lb/> man zu einer Mehrheit hätte gelangen können; ſchon ge-<lb/> ſchah der Vorſchlag, daß man die verſchiedenen Meinungen<lb/> dem Fürſtenrath referiren ſolle.</p><lb/> <p>Die weltlichen Stimmen, welche auf die Priorität des<lb/> Religionsfriedens drangen, hatten jedoch den Vortheil, daß<lb/> ihre Forderung den vorhergegangenen Beſchlüſſen beſſer ent-<lb/> ſprach. In dem Paſſauer Vertrage hieß es, daß der Reichs-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [354/0366]
Zehntes Buch. Fuͤnſtes Capitel.
laſſen, oder auch nur überhaupt die Einrichtung einer ſtar-
ken executiven Gewalt zugeben, ohne vorher über die wich-
tigſte geſetzliche Frage, den religiöſen Frieden, beruhigt zu
ſeyn. Unter den Umſtänden jener Zeit mochten die Gegner,
da das Gedächtniß an die letzten Ereigniſſe noch friſch war,
wohl nicht daran denken, die Proteſtanten zu bekriegen; aber
wie leicht konnten die Dinge ſich ändern: eine ſtarke Reichs-
gewalt in katholiſchen Händen, gegen die ſie nicht rechts-
beſtändig geſichert waren, konnte ihnen einmal ſo gefährlich
werden wie der Kaiſer geworden war.
Es ſieht wie eine nichtsbedeutende Formfrage aus, wenn
man vorläufige Berathungen darüber eröffnete, welcher Ge-
genſtand zuerſt vorgenommen werden ſolle, der Religions-
friede oder der Landfriede, aber es iſt eine Differenz welche
die Summe der Dinge berührt.
Die Proteſtanten fürchteten, wenn über den Landfrieden
beſchloſſen ſey, werde man ihnen den Religionsfrieden er-
ſchweren, vielleicht, ehe derſelbe bewilligt worden, den Reichs-
tag abbrechen.
In dem Churfürſtenrath wurde auch dieſe Angelegen-
heit, wie jetzt alle andern, zuerſt vorgenommen, lange jedoch
ohne Erfolg; fünf Mal ward Umfrage gehalten, ohne daß
man zu einer Mehrheit hätte gelangen können; ſchon ge-
ſchah der Vorſchlag, daß man die verſchiedenen Meinungen
dem Fürſtenrath referiren ſolle.
Die weltlichen Stimmen, welche auf die Priorität des
Religionsfriedens drangen, hatten jedoch den Vortheil, daß
ihre Forderung den vorhergegangenen Beſchlüſſen beſſer ent-
ſprach. In dem Paſſauer Vertrage hieß es, daß der Reichs-
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