Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Zehntes Buch. Viertes Capitel.
großem Eifer vermittelte, setzte die Politik seines Vaters we-
der gegen König Ferdinand, mit dessen Tochter er vermählt
war, noch gegen die Pfalz fort. Wir finden nicht, daß er
der pfälzischen Linie die Chur bestritten habe.

Den katzenelnbogenschen Streit, der in allen verschie-
denen Lagen der öffentlichen Angelegenheiten aufgetaucht,
übernahmen jetzt, da es dem Kaiser mißlungen war, einige
Mitglieder des heidelbergischen Bundes, die Churfürsten von
Trier und Pfalz, die Herzoge von Jülich und von Würten-
berg, auszutragen. Am 25sten October hielten sie die erste
Sitzung darüber zu Frankfurt. Nach einiger Zeit brachten
sie einen Entwurf zu Stande, der wirklich die Grundlage
des Vertrages geworden ist, der einige Jahre später diese
Sache geschlichtet hat. 1

Noch bei weitem tiefer hatten die Irrungen der beiden
sächsischen Linien in die allgemeinen Angelegenheiten einge-
griffen. Der unwiderruflichen Entscheidung welche die Waf-
fen darin gegeben, trat im Februar 1554 eine Abkunft zur
Seite, die den Frieden zwischen ihnen endlich wiederher-
stellte. August gab der Wittenberger Capitulation eine sei-
nen Vettern bei weitem günstigere Auslegung als sein Bru-
der gethan. Jetzt erst empfiengen sie Altenburg, Eisenberg,
Herbsleben, Altstädt, das Recht der Einlösung von Königs-
berg und mehrere andre Zugeständnisse, die ihnen nach den
harten Verlusten die sie erlitten, doch wieder einigermaßen die
Möglichkeit verschafften, als deutsche Fürsten fortzudauern. 2


1 Arnoldi III, 147.
2 Proposition auf dem Landtag zu Dresden 1554: "Haben
ein stattliches nicht angesehen und unß mit gemelten unsern lieben

Zehntes Buch. Viertes Capitel.
großem Eifer vermittelte, ſetzte die Politik ſeines Vaters we-
der gegen König Ferdinand, mit deſſen Tochter er vermählt
war, noch gegen die Pfalz fort. Wir finden nicht, daß er
der pfälziſchen Linie die Chur beſtritten habe.

Den katzenelnbogenſchen Streit, der in allen verſchie-
denen Lagen der öffentlichen Angelegenheiten aufgetaucht,
übernahmen jetzt, da es dem Kaiſer mißlungen war, einige
Mitglieder des heidelbergiſchen Bundes, die Churfürſten von
Trier und Pfalz, die Herzoge von Jülich und von Würten-
berg, auszutragen. Am 25ſten October hielten ſie die erſte
Sitzung darüber zu Frankfurt. Nach einiger Zeit brachten
ſie einen Entwurf zu Stande, der wirklich die Grundlage
des Vertrages geworden iſt, der einige Jahre ſpäter dieſe
Sache geſchlichtet hat. 1

Noch bei weitem tiefer hatten die Irrungen der beiden
ſächſiſchen Linien in die allgemeinen Angelegenheiten einge-
griffen. Der unwiderruflichen Entſcheidung welche die Waf-
fen darin gegeben, trat im Februar 1554 eine Abkunft zur
Seite, die den Frieden zwiſchen ihnen endlich wiederher-
ſtellte. Auguſt gab der Wittenberger Capitulation eine ſei-
nen Vettern bei weitem günſtigere Auslegung als ſein Bru-
der gethan. Jetzt erſt empfiengen ſie Altenburg, Eiſenberg,
Herbsleben, Altſtädt, das Recht der Einlöſung von Königs-
berg und mehrere andre Zugeſtändniſſe, die ihnen nach den
harten Verluſten die ſie erlitten, doch wieder einigermaßen die
Möglichkeit verſchafften, als deutſche Fürſten fortzudauern. 2


1 Arnoldi III, 147.
2 Propoſition auf dem Landtag zu Dresden 1554: „Haben
ein ſtattliches nicht angeſehen und unß mit gemelten unſern lieben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0360" n="348"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
großem Eifer vermittelte, &#x017F;etzte die Politik &#x017F;eines Vaters we-<lb/>
der gegen König Ferdinand, mit de&#x017F;&#x017F;en Tochter er vermählt<lb/>
war, noch gegen die Pfalz fort. Wir finden nicht, daß er<lb/>
der pfälzi&#x017F;chen Linie die Chur be&#x017F;tritten habe.</p><lb/>
          <p>Den katzenelnbogen&#x017F;chen Streit, der in allen ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Lagen der öffentlichen Angelegenheiten aufgetaucht,<lb/>
übernahmen jetzt, da es dem Kai&#x017F;er mißlungen war, einige<lb/>
Mitglieder des heidelbergi&#x017F;chen Bundes, die Churfür&#x017F;ten von<lb/>
Trier und Pfalz, die Herzoge von Jülich und von Würten-<lb/>
berg, auszutragen. Am 25&#x017F;ten October hielten &#x017F;ie die er&#x017F;te<lb/>
Sitzung darüber zu Frankfurt. Nach einiger Zeit brachten<lb/>
&#x017F;ie einen Entwurf zu Stande, der wirklich die Grundlage<lb/>
des Vertrages geworden i&#x017F;t, der einige Jahre &#x017F;päter die&#x017F;e<lb/>
Sache ge&#x017F;chlichtet hat. <note place="foot" n="1">Arnoldi <hi rendition="#aq">III,</hi> 147.</note></p><lb/>
          <p>Noch bei weitem tiefer hatten die Irrungen der beiden<lb/>
&#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;chen Linien in die allgemeinen Angelegenheiten einge-<lb/>
griffen. Der unwiderruflichen Ent&#x017F;cheidung welche die Waf-<lb/>
fen darin gegeben, trat im Februar 1554 eine Abkunft zur<lb/>
Seite, die den Frieden zwi&#x017F;chen ihnen endlich wiederher-<lb/>
&#x017F;tellte. Augu&#x017F;t gab der Wittenberger Capitulation eine &#x017F;ei-<lb/>
nen Vettern bei weitem gün&#x017F;tigere Auslegung als &#x017F;ein Bru-<lb/>
der gethan. Jetzt er&#x017F;t empfiengen &#x017F;ie Altenburg, Ei&#x017F;enberg,<lb/>
Herbsleben, Alt&#x017F;tädt, das Recht der Einlö&#x017F;ung von Königs-<lb/>
berg und mehrere andre Zuge&#x017F;tändni&#x017F;&#x017F;e, die ihnen nach den<lb/>
harten Verlu&#x017F;ten die &#x017F;ie erlitten, doch wieder einigermaßen die<lb/>
Möglichkeit ver&#x017F;chafften, als deut&#x017F;che Für&#x017F;ten fortzudauern. <note xml:id="seg2pn_19_1" next="#seg2pn_19_2" place="foot" n="2">Propo&#x017F;ition auf dem Landtag zu Dresden 1554: &#x201E;Haben<lb/>
ein &#x017F;tattliches nicht ange&#x017F;ehen und unß mit gemelten un&#x017F;ern lieben</note></p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[348/0360] Zehntes Buch. Viertes Capitel. großem Eifer vermittelte, ſetzte die Politik ſeines Vaters we- der gegen König Ferdinand, mit deſſen Tochter er vermählt war, noch gegen die Pfalz fort. Wir finden nicht, daß er der pfälziſchen Linie die Chur beſtritten habe. Den katzenelnbogenſchen Streit, der in allen verſchie- denen Lagen der öffentlichen Angelegenheiten aufgetaucht, übernahmen jetzt, da es dem Kaiſer mißlungen war, einige Mitglieder des heidelbergiſchen Bundes, die Churfürſten von Trier und Pfalz, die Herzoge von Jülich und von Würten- berg, auszutragen. Am 25ſten October hielten ſie die erſte Sitzung darüber zu Frankfurt. Nach einiger Zeit brachten ſie einen Entwurf zu Stande, der wirklich die Grundlage des Vertrages geworden iſt, der einige Jahre ſpäter dieſe Sache geſchlichtet hat. 1 Noch bei weitem tiefer hatten die Irrungen der beiden ſächſiſchen Linien in die allgemeinen Angelegenheiten einge- griffen. Der unwiderruflichen Entſcheidung welche die Waf- fen darin gegeben, trat im Februar 1554 eine Abkunft zur Seite, die den Frieden zwiſchen ihnen endlich wiederher- ſtellte. Auguſt gab der Wittenberger Capitulation eine ſei- nen Vettern bei weitem günſtigere Auslegung als ſein Bru- der gethan. Jetzt erſt empfiengen ſie Altenburg, Eiſenberg, Herbsleben, Altſtädt, das Recht der Einlöſung von Königs- berg und mehrere andre Zugeſtändniſſe, die ihnen nach den harten Verluſten die ſie erlitten, doch wieder einigermaßen die Möglichkeit verſchafften, als deutſche Fürſten fortzudauern. 2 1 Arnoldi III, 147. 2 Propoſition auf dem Landtag zu Dresden 1554: „Haben ein ſtattliches nicht angeſehen und unß mit gemelten unſern lieben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/360
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/360>, abgerufen am 09.05.2024.