Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Ausgang Markgraf Albrechts.
überwunden, in den sie anfangs durch die in die Stadt ge-
schleuderten Feuerkugeln versetzt worden. 1 Schon war aber
der größte Theil der Wehren auf den Thürmen zerschossen,
und nur mit großer Behutsamkeit konnte das Geschütz noch
bedient werden; die Lebensmittel fiengen an zu mangeln,
Krankheiten rissen ein, und nicht immer wollte das Kriegs-
volk ohne Besoldung dienen. Der Markgraf sah wohl daß
auch hier seines Bleibens nicht sey.

Er hoffte noch, sey es nun daß er dazu Grund hatte
oder sich einer Täuschung hingab, in Rothenburg Zuzug er-
warten zu können. Dahin brach er in der Nacht zum 13ten
Juni mit alle den Seinen von Schweinfurt auf. Aber die
Feinde waren ihm, und zwar auch, was er nicht gemeint,
an Reiterei viel zu überlegen als daß sie ihn dahin hätten
entkommen lassen. Schon auf der sandigen Haide zwischen
Volkach und Kissingen holten sie ihn ein. Sie hatten 1500
Hakenschützen bei sich, die man die freien Schützen nannte,
und die nun hier die besten Dienste leisteten. Auf der Stelle
waren die Landsknechte Albrechts aus einander gesprengt und
seine Reiter warfen sich in die Flucht; sein Geschütz, sein
Silber, seine Briefschaften und Kleider fielen dem Feinde in
die Hände. Mit Mühe rettete er sich selbst über den Main.
Indessen ward Schweinfurt, obgleich von den Truppen ver-
lassen, von den Feinden ohne Erbarmen in Brand gesteckt.


1 Kilian Göbel Bericht von der Belagerung, bei Reinhard
Beiträge zur Historie Frankenlandes I, p. 239. "Wurden letzlich
Kufen voll Hammelhäut eingeweicht und lauter befunden zum Lö-
schen. Auch wurd der Vortheil also erlernet, daß alsbald sie (die
Kugeln) fielen, man wissen kont, ob man sie müßte verschiesen lassen
oder ob man sie vor dem schiesen mit löschen möge angreifen."

Ausgang Markgraf Albrechts.
überwunden, in den ſie anfangs durch die in die Stadt ge-
ſchleuderten Feuerkugeln verſetzt worden. 1 Schon war aber
der größte Theil der Wehren auf den Thürmen zerſchoſſen,
und nur mit großer Behutſamkeit konnte das Geſchütz noch
bedient werden; die Lebensmittel fiengen an zu mangeln,
Krankheiten riſſen ein, und nicht immer wollte das Kriegs-
volk ohne Beſoldung dienen. Der Markgraf ſah wohl daß
auch hier ſeines Bleibens nicht ſey.

Er hoffte noch, ſey es nun daß er dazu Grund hatte
oder ſich einer Täuſchung hingab, in Rothenburg Zuzug er-
warten zu können. Dahin brach er in der Nacht zum 13ten
Juni mit alle den Seinen von Schweinfurt auf. Aber die
Feinde waren ihm, und zwar auch, was er nicht gemeint,
an Reiterei viel zu überlegen als daß ſie ihn dahin hätten
entkommen laſſen. Schon auf der ſandigen Haide zwiſchen
Volkach und Kiſſingen holten ſie ihn ein. Sie hatten 1500
Hakenſchützen bei ſich, die man die freien Schützen nannte,
und die nun hier die beſten Dienſte leiſteten. Auf der Stelle
waren die Landsknechte Albrechts aus einander geſprengt und
ſeine Reiter warfen ſich in die Flucht; ſein Geſchütz, ſein
Silber, ſeine Briefſchaften und Kleider fielen dem Feinde in
die Hände. Mit Mühe rettete er ſich ſelbſt über den Main.
Indeſſen ward Schweinfurt, obgleich von den Truppen ver-
laſſen, von den Feinden ohne Erbarmen in Brand geſteckt.


1 Kilian Goͤbel Bericht von der Belagerung, bei Reinhard
Beitraͤge zur Hiſtorie Frankenlandes I, p. 239. „Wurden letzlich
Kufen voll Hammelhaͤut eingeweicht und lauter befunden zum Loͤ-
ſchen. Auch wurd der Vortheil alſo erlernet, daß alsbald ſie (die
Kugeln) fielen, man wiſſen kont, ob man ſie muͤßte verſchieſen laſſen
oder ob man ſie vor dem ſchieſen mit loͤſchen moͤge angreifen.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0357" n="345"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ausgang Markgraf Albrechts</hi>.</fw><lb/>
überwunden, in den &#x017F;ie anfangs durch die in die Stadt ge-<lb/>
&#x017F;chleuderten Feuerkugeln ver&#x017F;etzt worden. <note place="foot" n="1">Kilian Go&#x0364;bel Bericht von der Belagerung, bei Reinhard<lb/>
Beitra&#x0364;ge zur Hi&#x017F;torie Frankenlandes <hi rendition="#aq">I, p.</hi> 239. &#x201E;Wurden letzlich<lb/>
Kufen voll Hammelha&#x0364;ut eingeweicht und lauter befunden zum Lo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;chen. Auch wurd der Vortheil al&#x017F;o erlernet, daß alsbald &#x017F;ie (die<lb/>
Kugeln) fielen, man wi&#x017F;&#x017F;en kont, ob man &#x017F;ie mu&#x0364;ßte ver&#x017F;chie&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
oder ob man &#x017F;ie vor dem &#x017F;chie&#x017F;en mit lo&#x0364;&#x017F;chen mo&#x0364;ge angreifen.&#x201C;</note> Schon war aber<lb/>
der größte Theil der Wehren auf den Thürmen zer&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und nur mit großer Behut&#x017F;amkeit konnte das Ge&#x017F;chütz noch<lb/>
bedient werden; die Lebensmittel fiengen an zu mangeln,<lb/>
Krankheiten ri&#x017F;&#x017F;en ein, und nicht immer wollte das Kriegs-<lb/>
volk ohne Be&#x017F;oldung dienen. Der Markgraf &#x017F;ah wohl daß<lb/>
auch hier &#x017F;eines Bleibens nicht &#x017F;ey.</p><lb/>
          <p>Er hoffte noch, &#x017F;ey es nun daß er dazu Grund hatte<lb/>
oder &#x017F;ich einer Täu&#x017F;chung hingab, in Rothenburg Zuzug er-<lb/>
warten zu können. Dahin brach er in der Nacht zum 13ten<lb/>
Juni mit alle den Seinen von Schweinfurt auf. Aber die<lb/>
Feinde waren ihm, und zwar auch, was er nicht gemeint,<lb/>
an Reiterei viel zu überlegen als daß &#x017F;ie ihn dahin hätten<lb/>
entkommen la&#x017F;&#x017F;en. Schon auf der &#x017F;andigen Haide zwi&#x017F;chen<lb/>
Volkach und Ki&#x017F;&#x017F;ingen holten &#x017F;ie ihn ein. Sie hatten 1500<lb/>
Haken&#x017F;chützen bei &#x017F;ich, die man die freien Schützen nannte,<lb/>
und die nun hier die be&#x017F;ten Dien&#x017F;te lei&#x017F;teten. Auf der Stelle<lb/>
waren die Landsknechte Albrechts aus einander ge&#x017F;prengt und<lb/>
&#x017F;eine Reiter warfen &#x017F;ich in die Flucht; &#x017F;ein Ge&#x017F;chütz, &#x017F;ein<lb/>
Silber, &#x017F;eine Brief&#x017F;chaften und Kleider fielen dem Feinde in<lb/>
die Hände. Mit Mühe rettete er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t über den Main.<lb/>
Inde&#x017F;&#x017F;en ward Schweinfurt, obgleich von den Truppen ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, von den Feinden ohne Erbarmen in Brand ge&#x017F;teckt.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0357] Ausgang Markgraf Albrechts. überwunden, in den ſie anfangs durch die in die Stadt ge- ſchleuderten Feuerkugeln verſetzt worden. 1 Schon war aber der größte Theil der Wehren auf den Thürmen zerſchoſſen, und nur mit großer Behutſamkeit konnte das Geſchütz noch bedient werden; die Lebensmittel fiengen an zu mangeln, Krankheiten riſſen ein, und nicht immer wollte das Kriegs- volk ohne Beſoldung dienen. Der Markgraf ſah wohl daß auch hier ſeines Bleibens nicht ſey. Er hoffte noch, ſey es nun daß er dazu Grund hatte oder ſich einer Täuſchung hingab, in Rothenburg Zuzug er- warten zu können. Dahin brach er in der Nacht zum 13ten Juni mit alle den Seinen von Schweinfurt auf. Aber die Feinde waren ihm, und zwar auch, was er nicht gemeint, an Reiterei viel zu überlegen als daß ſie ihn dahin hätten entkommen laſſen. Schon auf der ſandigen Haide zwiſchen Volkach und Kiſſingen holten ſie ihn ein. Sie hatten 1500 Hakenſchützen bei ſich, die man die freien Schützen nannte, und die nun hier die beſten Dienſte leiſteten. Auf der Stelle waren die Landsknechte Albrechts aus einander geſprengt und ſeine Reiter warfen ſich in die Flucht; ſein Geſchütz, ſein Silber, ſeine Briefſchaften und Kleider fielen dem Feinde in die Hände. Mit Mühe rettete er ſich ſelbſt über den Main. Indeſſen ward Schweinfurt, obgleich von den Truppen ver- laſſen, von den Feinden ohne Erbarmen in Brand geſteckt. 1 Kilian Goͤbel Bericht von der Belagerung, bei Reinhard Beitraͤge zur Hiſtorie Frankenlandes I, p. 239. „Wurden letzlich Kufen voll Hammelhaͤut eingeweicht und lauter befunden zum Loͤ- ſchen. Auch wurd der Vortheil alſo erlernet, daß alsbald ſie (die Kugeln) fielen, man wiſſen kont, ob man ſie muͤßte verſchieſen laſſen oder ob man ſie vor dem ſchieſen mit loͤſchen moͤge angreifen.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/357
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/357>, abgerufen am 09.05.2024.