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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Entzweiung zwischen Kaiser und Papst.
nur darauf berechnet schienen, diejenigen zu strafen welche
sie übertreten würden und ihre Güter zu confisciren, was
dann ohne Weiteres geschah. So eben baute er sich ein
Schloß, zu welchem er geweihte Plätze eingezogen, Häuser
von Witwen und Waisen niedergerissen; man sagte wohl,
er werde die Angesehensten seines Gebietes dahin einladen
und es mit ihrem Blute dem Satan weihen. So zog er
denn auch das Schicksal der alten Tyrannen über sich herein.
Eine Verschwörung bildete sich, der er erlag. 1

Wie die Dinge der Welt einmal standen, so griff diese
Ermordung mit allen großen Ereignissen zusammen.

Der kaiserliche Befehlshaber in Mailand, Ferrante Gon-
zaga, der längst mit Mißvergnügen wahrgenommen daß Pier
Luigi französische Soldaten nach Piacenza kommen lassen,
säumte keinen Augenblick, diese Stadt jetzt im Namen des
Reiches, das seine Ansprüche daran niemals aufgegeben, in
Besitz zu nehmen. Man glaubte allgemein, er habe das
Unternehmen der Verschwornen gekannt und sey damit ein-
verstanden gewesen. Der florentinische Gesandte versichert es
mit Bestimmtheit; 2 er meint annehmen zu dürfen daß auch
Granvella darum gewußt habe. Wir finden Nachrichten,
nach welchen der Kaiser befragt worden, sich anfangs ge-
sträubt und endlich eingewilligt hatte. 3


1 Details aus einer merkwürdigen Vertheidigungsschrift der
Verschwornen. Supplica delli conti Agostino Landi, Giov. An-
gosciola, Alessandro e Camillo fratelli de Pallavicini, -- nella
quale allegano le cagioni che gli indussero a conspirar contra
P. L. Farnese. (Inform. politt. IV.)
2 V. Eccel. puo esser certa che D. Ferrante sapeva quel
che s'ordinava a Piacenza.
3 Avvertimenti al Da di Terranuova: Inf. politt. XII.

Entzweiung zwiſchen Kaiſer und Papſt.
nur darauf berechnet ſchienen, diejenigen zu ſtrafen welche
ſie übertreten würden und ihre Güter zu confiſciren, was
dann ohne Weiteres geſchah. So eben baute er ſich ein
Schloß, zu welchem er geweihte Plätze eingezogen, Häuſer
von Witwen und Waiſen niedergeriſſen; man ſagte wohl,
er werde die Angeſehenſten ſeines Gebietes dahin einladen
und es mit ihrem Blute dem Satan weihen. So zog er
denn auch das Schickſal der alten Tyrannen über ſich herein.
Eine Verſchwörung bildete ſich, der er erlag. 1

Wie die Dinge der Welt einmal ſtanden, ſo griff dieſe
Ermordung mit allen großen Ereigniſſen zuſammen.

Der kaiſerliche Befehlshaber in Mailand, Ferrante Gon-
zaga, der längſt mit Mißvergnügen wahrgenommen daß Pier
Luigi franzöſiſche Soldaten nach Piacenza kommen laſſen,
ſäumte keinen Augenblick, dieſe Stadt jetzt im Namen des
Reiches, das ſeine Anſprüche daran niemals aufgegeben, in
Beſitz zu nehmen. Man glaubte allgemein, er habe das
Unternehmen der Verſchwornen gekannt und ſey damit ein-
verſtanden geweſen. Der florentiniſche Geſandte verſichert es
mit Beſtimmtheit; 2 er meint annehmen zu dürfen daß auch
Granvella darum gewußt habe. Wir finden Nachrichten,
nach welchen der Kaiſer befragt worden, ſich anfangs ge-
ſträubt und endlich eingewilligt hatte. 3


1 Details aus einer merkwuͤrdigen Vertheidigungsſchrift der
Verſchwornen. Supplica delli conti Agostino Landi, Giov. An-
gosciola, Alessandro e Camillo fratelli de Pallavicini, — nella
quale allegano le cagioni che gli indussero a conspirar contra
P. L. Farnese. (Inform. politt. IV.)
2 V. Eccel. puo esser certa che D. Ferrante sapeva quel
che s’ordinava a Piacenza.
3 Avvertimenti al Da di Terranuova: Inf. politt. XII.
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[11/0023] Entzweiung zwiſchen Kaiſer und Papſt. nur darauf berechnet ſchienen, diejenigen zu ſtrafen welche ſie übertreten würden und ihre Güter zu confiſciren, was dann ohne Weiteres geſchah. So eben baute er ſich ein Schloß, zu welchem er geweihte Plätze eingezogen, Häuſer von Witwen und Waiſen niedergeriſſen; man ſagte wohl, er werde die Angeſehenſten ſeines Gebietes dahin einladen und es mit ihrem Blute dem Satan weihen. So zog er denn auch das Schickſal der alten Tyrannen über ſich herein. Eine Verſchwörung bildete ſich, der er erlag. 1 Wie die Dinge der Welt einmal ſtanden, ſo griff dieſe Ermordung mit allen großen Ereigniſſen zuſammen. Der kaiſerliche Befehlshaber in Mailand, Ferrante Gon- zaga, der längſt mit Mißvergnügen wahrgenommen daß Pier Luigi franzöſiſche Soldaten nach Piacenza kommen laſſen, ſäumte keinen Augenblick, dieſe Stadt jetzt im Namen des Reiches, das ſeine Anſprüche daran niemals aufgegeben, in Beſitz zu nehmen. Man glaubte allgemein, er habe das Unternehmen der Verſchwornen gekannt und ſey damit ein- verſtanden geweſen. Der florentiniſche Geſandte verſichert es mit Beſtimmtheit; 2 er meint annehmen zu dürfen daß auch Granvella darum gewußt habe. Wir finden Nachrichten, nach welchen der Kaiſer befragt worden, ſich anfangs ge- ſträubt und endlich eingewilligt hatte. 3 1 Details aus einer merkwuͤrdigen Vertheidigungsſchrift der Verſchwornen. Supplica delli conti Agostino Landi, Giov. An- gosciola, Alessandro e Camillo fratelli de Pallavicini, — nella quale allegano le cagioni che gli indussero a conspirar contra P. L. Farnese. (Inform. politt. IV.) 2 V. Eccel. puo esser certa che D. Ferrante sapeva quel che s’ordinava a Piacenza. 3 Avvertimenti al Da di Terranuova: Inf. politt. XII.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/23>, abgerufen am 25.04.2024.